Trotz Sitzungsmarathon im Parlament bleiben wichtige Vorhaben von Blau-Rot-Grün auf der Strecke. Die Bilanz mancher Minister fällt mager aus. Zurück bleiben gebrochene Versprechen, ausgebremste Gesellschaftsreformen und die Wohnungskrise. Eine Analyse.

Mit den Parlamentsferien ist es wie mit dem Kollektivurlaub auf dem Bau: Alles steht still. Doch am Ende einer Legislaturperiode sind politische Baustellen besonders gefährdet. Es gibt keine Garantie, dass ein begonnenes Projekt auch zu Ende geführt wird.

Die Arbeit von fünf Jahren Dreierkoalition droht nach den Wahlen im Oktober in einigen wichtigen Punkten obsolet zu werden – es sei denn, Blau-Rot-Gün kann weitermachen. Dazu muss aber die Bilanz der scheidenden Minister stimmen. Doch diese wird durch einige nicht abgeschlossene Projekte getrübt.

Reporter.lu hat alle Gesetzesvorhaben gesichtet, die in der legislativen Prozedur sind. Teils haben Minister noch in den letzten Wochen ihrer Amtszeit Entwürfe im Parlament eingereicht, um ihr Erbe sichtbar zu machen, aber ohne realistische Aussicht, dass daraus noch Gesetze werden. Teilweise geht es aber auch um wichtige Gesellschaftsreformen und potenzielle Lösungen für Probleme wie den Wohnungsbau, die sich Blau-Rot-Grün wohl gerne auf die Fahnen schreiben würde.

Scheitern mit Ansage

„Es reicht einfach nicht“, sagte Xavier Bettel (DP) kürzlich zur Bilanz seiner Regierung im Wohnungsbau. Inzwischen bezeichnet der Premier die anhaltende Wohnungsnot als das größte politische Scheitern der vergangenen fünf Jahre, wie er „RTL“ gestand. Dieses Scheitern dürfte aber niemanden in der Koalition überraschen. Bestes Beispiel ist die Reform des Mietgesetzes – eines der Hauptprojekte von Wohnungsbauminister Henri Kox (Déi Gréng). Das Gutachten des Staatsrates fehlte und so sei es nicht mehr zur Abstimmung gekommen, so die lapidare Erklärung des Ministeriums, warum dieses Projekt scheiterte. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit.

Es ist zum Sport geworden, zu sagen, der Staatsrat ist schuld, wenn es manchmal nicht so schnell vorangeht.“Christophe Schiltz, Präsident des Staatsrates

Die Koalitionspartner LSAP und DP sind nämlich alles andere als zufrieden mit der Mietreform von Henri Kox. Im Januar warfen Mitglieder der LSAP-Parteileitung dem Minister vor, seine sozialistischen Regierungskollegen getäuscht zu haben. Der Präsident der Jungliberalen, Michael Agostini, seinerseits sprach von einem Entwurf für die „Mülltonne“. Streitpunkt war vor allem die Mietobergrenze, die anhand des investierten Kapitals berechnet wird. Für DP und CSV lohnt sich deshalb die Investition in Wohnungen nicht mehr, die LSAP befürchtet drastisch steigende Mieten. Doch vor allem sind jetzt andere wichtige Neuerungen wie die klarere Regelung von Wohngemeinschaften und die Begrenzung der Garantie auf zwei Monatsmieten auf unbestimmte Zeit verschoben.

Wichtige Texte liegen brach

Am Stillstand im Wohnungsbau trägt allerdings auch die LSAP einen Teil der Verantwortung. Seit 1999 findet sich die Forderung nach einer Reform der Grundsteuer in fast allen Koalitionsabkommen wieder. Das entsprechende Gesetzesprojekt hat die Regierung aber erst im Oktober 2022 vorgelegt …