Auch in diesem Wahlkampf vermeiden die Parteien klare Koalitionsaussagen. Dennoch ist offensichtlich: Blau-Rot-Grün kämpft um eine dritte Amtszeit. Fraglich ist aber, hinter welchem Projekt sich eine Neuauflage der Dreierkoalition vereinen könnte. Eine Analyse.
„Bei 32 Sëtz sprange mer“, lautete das Fazit eines informellen Treffens im Sommer 2013. Vertreter von DP, LSAP und Déi Gréng kamen damals im Wahlkampf wiederholt zusammen, um Gemeinsamkeiten auszuloten und eine eventuelle Zusammenarbeit vorzubereiten. Das Einzige, was den späteren Koalitionären zu diesem Zeitpunkt noch fehlte, war eine Mehrheit. „Wenn wir die Mehrheit haben, sollten wir es dieses Mal versuchen“, erinnerte sich später Etienne Schneider, die treibende Kraft hinter diesen vertraulichen Treffen.
Die drei Parteien sollten in der Tat „springen“. Nach den Wahlen vom 20. Oktober 2013 ging alles ganz schnell. Xavier Bettel, Etienne Schneider und Felix Braz schmiedeten die erste Dreierkoalition. Die CSV und ihr Langzeitpremier Jean-Claude Juncker konnten sich noch so unfair behandelt fühlen und den vermeintlichen „Wählerwillen“ bemühen. Doch am Ende gingen sie leer aus. Der historische Machtwechsel war perfekt.
Im Wahlkampf traute sich damals aber nur die LSAP, offen und ausdrücklich für eine Dreierkoalition zu werben. Liberale und Grüne gingen die Sache pragmatischer an und beteuerten bis zum Schluss, dass sie keine Koalitionspräferenz hätten. Xavier Bettel sagte noch am Wahlabend bei „RTL“, dass man nun „mit allen Parteien“ reden wolle. Das entsprach natürlich – gelinde gesagt – nicht ganz der Wahrheit. Bereits in der Wahlnacht, abseits der Kameras, im Penthouse des ehemaligen LSAP-Ministers Lucien Lux, wurde die erste Auflage von Blau-Rot-Grün besiegelt.
Strategisch bedingte Offenheit
Ganz ähnlich positionierten sich die Parteien fünf Jahre später. Auch im Sommer 2018 hörte man von den drei Regierungsparteien keine Koalitionsaussage. Die offizielle Erklärung: Eine solche Festlegung und ein Lagerwahlkampf lägen nicht in der politischen Tradition des Landes. Inoffiziell hieß es aber vor allem aus der DP: Die offene Haltung sei natürlich strategisch bedingt. Würde man sich für eine Fortführung von Blau-Rot-Grün aussprechen, würde man damit die Anhänger der CSV, also immerhin fast ein Drittel des Wahlvolkes, vor den Kopf stoßen.
Dementsprechend ließen die Liberalen auch damals im Wahlkampf die Spekulationen um eine mögliche CSV-DP-Koalition bewusst unwidersprochen. Doch auch am Abend des 14. Oktober 2018 war die Sache schnell klar: Sobald die Mehrheit von DP, LSAP und Déi Gréng feststand, einigten sich die Spitzenleute der drei Parteien auf eine Fortführung der Koalition. Die CSV war zum zweiten Mal machtlos. Die taktischen Äußerungen aus dem Wahlkampf waren ebenso rasch vergessen, wie das zweite blau-rot-grüne Kabinett vereidigt wurde.
Die bewährte Strategie lautet: Um eine Mehrheit für die gemeinsame Koalition zu erringen, wollen die drei Parteien nicht zu offensiv für ebendiese Koalition werben.“
Wiederum fünf Jahre später scheint sich die Geschichte zumindest in dieser Hinsicht nochmals zu wiederholen. Auch im aktuellen Wahlkampf meiden die drei Parteien eine klare Festlegung. „Das kommt ganz auf die Programme der anderen Parteien an“, sagte Premier Xavier Bettel (DP) im Interview mit Reporter.lu auf die Frage, ob er die aktuelle Koalition fortführen wolle. „Ich schließe da nichts aus“, lautete die Antwort von LSAP-Spitzenkandidatin Paulette Lenert. Und auch Sam Tanson (Déi Gréng) betonte, dass ihr Programm „in der aktuellen Koalition oder in einer anderen“ umsetzbar sei.
Hinter den Kulissen sieht die Sache freilich anders aus. Aus allen drei Koalitionsparteien hört man hinter vorgehaltener Hand, dass sie natürlich eine Präferenz für eine Fortsetzung der Dreierkoalition haben …
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