Hebammen stehen Frauen zur Seite – während der Schwangerschaft, während und nach der Geburt. Ihr Beruf wurde als immaterielles Kulturerbe eingestuft. Die Anerkennung ändert aber wenig an den Herausforderungen, vor denen Hebammen immer noch stehen. Ein Kommentar.
Jeden Tag erleben sie kleine Wunder. Wer kann das schon von sich behaupten? Und jeden Tag helfen Hebammen dabei, dass diese kleinen Wunder auch passieren. Am Beruf der Hebamme haftet ein romantisches Bild. Er ist aber auch harte Arbeit, der es an Anerkennung fehlt – besonders in Luxemburg.
Die Hebammenkunst wurde nun offiziell als immaterielles Kulturerbe eingestuft. Dieser Titel ehrt den Beruf zwar, er wertet ihn allerdings nicht auf. Denn in der Praxis ändert sich für die Hebamme nichts. Sie steht immer noch vor den gleichen Herausforderungen: Der Job ist unterbezahlt, stressig, zu wenig anerkannt. Sie wird immer noch als „rechte Hand“ des Frauenarztes angesehen, ihr Aufgabenbereich und ihre Arbeit als „nice to have“ – mehr nicht. „Immaterielles Kulturerbe“ bleibt somit ein hübscher Titel.
Dabei haben Hebammen nicht nur medizinisches und anatomisches Wissen, sie bringen auch das nötige Einfühlungsvermögen und Hilfsbereitschaft mit sich. Die Schwangerschaft ist eine Zeit, in der die Frau vielleicht besonders besorgt und verletzlich ist. Nicht nur ihr Körper ändert sich – ihr ganzes Leben wird sich ändern. Die Hebamme spielt demnach eine wichtige Rolle im Leben einer Schwangeren – und letztlich auch in dem des (ungeborenen) Kindes.
Ihre Hauptaufgabe ist nicht nur eine rein medizinische. Sie sorgt dafür, dass die Frau gestärkt in und aus dem Geburtsprozess herausgeht. Sie ist für die Frau da, gibt Erklärungen, nimmt Untersuchungen vor, hat ein offenes Ohr. Kurz: Eine gute Hebamme ist im emotionalen Schwangerschaftsprozess der Frau eine treue Begleiterin. Mehr noch als der Arzt.
Erst der Arzt, dann die Hebamme …
Warum wird sie dann nicht mehr gefördert? In Krankenhäusern sind Hebammen unterbesetzt, allgemein sind sie auch unterbezahlt. Viel wird sich daran auch nicht ändern. Weil immer noch der alte Glaube vorherrscht, dass der Frauenarzt die Frau während der Schwangerschaft betreut. Und dass er derjenige ist, der die Kinder auf die Welt bringt. Die Hebamme soll ihm lediglich assistieren.
Dieser Glaube ist allerdings ein falscher. Bei einer normalen Geburt könnte das Kind genauso gut von der Hebamme auf die Welt gebracht werden. Das medizinische Wissen hat sie dafür. Den Arzt braucht es vor allem bei Komplikationen.
Traumatisch wird die Geburt vor allem dann, wenn über die Frau hinweg entschieden wird, wenn sie nicht nachvollziehen kann, was mit ihr passiert, wenn sie nicht informiert wird. Im Kreißsaal muss es aber häufig schnell gehen, der Arzt konzentriert sich meistens auf den Ablauf der Geburt. Doch es geht auch um das Wohlbefinden der Frau. Je besser sie also vorbereitet ist, desto selbstbestimmter kann sie gebären. Und dafür braucht sie die Vorbereitung durch die Hebamme.
Mit „Babysteps“ in die richtige Richtung
Auch deshalb wünschen sich Hebammen mehr Zeit mit der Schwangeren. Denn eigentlich ist am Ende nicht so sehr die Geburt das Entscheidende, sondern der gesamte Prozess. Es kommt darauf an, dass die Frau sich gesehen fühlt, respektiert und eingebunden wird.
Dafür fehlt aber oft die Zeit. Sowohl beim Frauenarzt als auch bei den Hebammen selbst. Stattdessen rennen sie von Termin zu Termin, von Geburt zu Geburt. Die Krankenhäuser wollen ihr Personal nicht aufstocken. Mehr Hebammen bringen höhere Kosten.
Einige Besserungen wurden zwar von der Sozialversicherung bereits vorgenommen – allerdings vor allem auf dem Papier: Die pränatalen Sprechstunden-Termine mit einer Hebamme wurden von der Sozialversicherung von einer Stunde auf fünf erhöht, die postnatale Betreuung durch die Hebamme zu Hause wurde von zehn auf 15 Tage erhöht. Davon können Frau – und Hebamme – allerdings nur Gebrauch machen, wenn der Arzt dies per Rezept verordnet. Nur dann wird es von der Krankenkasse übernommen. Ein holpriger Schritt in die richtige Richtung.
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