Was will Xi Jinping von Wladimir Putin? Vor dem Hintergrund des andauernden Ukrainekriegs hat China seine geopolitische Strategie angepasst und nutzt den Konflikt zum eigenen Vorteil. Die neue Nähe zwischen Peking und Moskau wirft allerdings fundamentale Fragen auf. 

Seit dem Zweiten Weltkrieg ist die Weltpolitik vom „strategischen Dreieck“ zwischen den USA, China und Russland geprägt. Die Koordination zwischen Mao Zedong und Josef Stalin in den frühen 1950er Jahren verstärkte die amerikanische Entschlossenheit, die Ausbreitung des Kommunismus aufzuhalten. Die Folge war, dass die USA in Korea und Vietnam Kriege führten, sich verpflichteten, Taiwan zu verteidigen, und anderswo manche Stellvertreterkonflikte unterhielten.

Ein Jahrzehnt später bereitete Maos Schisma mit Nikita Chruschtschow den Boden für eine allmähliche amerikanische Annäherung an China. Das bewirkte eine verdeckte chinesische Unterstützung im Kampf gegen die sowjetischen Streitkräfte in Afghanistan, was dazu beitrug, den Kalten Krieg zu beenden. Es förderte außerdem das jahrzehntelange Wirtschaftswachstum, das China zu einer Weltmacht gemacht hat.

Nun steht ein weiterer Wechsel an. Am 22. März absolvierte Xi Jinping, Chinas Führer, einen dreitägigen Besuch in Moskau, seinen ersten seit Russlands Invasion in der Ukraine im vergangenen Jahr. Nur wenige Tage nachdem der Internationale Strafgerichtshof (ICC) einen Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen hatte, war dies ein nachdrückliches Zeichen der Solidarität. Xi Jinping lud Putin sogar noch für dieses Jahr zu einem Besuch nach China ein und unterstützte seine Kandidatur für eine Wiederwahl im Jahr 2024.

Putin revanchierte sich mit einer gut organisierten Charme-Offensive, indem er zwei Bankette im Kreml veranstaltete, die diplomatischen Initiativen von Xi lobte und ihn in Bezug auf Taiwan unterstützte. „Wir erleben jetzt Veränderungen, wie sie seit mehr als einem Jahrhundert nicht mehr gesehen wurden, und wir treiben sie gemeinsam voran“, sagte Xi Jinping zu Putin, nachdem die beiden Führer ein Staatsbankett mit Krabbenfleisch und marmoriertem Rindfleisch genossen hatten und Borscht in einem Bankettsaal aus dem 15. Jahrhundert, der für die Zaren gebaut worden war.

Pragmatische Beweggründe

Die beiden Führer nannten sich gegenseitig „lieber Freund“ und unterzeichneten eine Erklärung, in der sie sich gegen die von den USA propagierte globale Ordnung aussprachen und engere Beziehungen in den Bereichen Handel, Militärübungen und Raumfahrt vereinbarten. Unter vier Augen ging es bei ihren Gesprächen wahrscheinlich noch um viel mehr. US-Offizielle glauben, Xi prüfe die Forderung Russlands, es mit tödlichen Waffen, einschließlich Artilleriegeschossen und Angriffsdrohnen, für den Einsatz in der Ukraine zu beliefern. Sollte Xi zustimmen, würde China in einen Stellvertreterkrieg mit der NATO hineingezogen.

Wir finden, dass viele der Positionen des von China vorgebrachten Friedensplans mit den russischen Ansätzen übereinstimmen. »Wladimir Putin, Präsident der Russischen Föderation

Nach Chinas Aussage trat Xi als Friedensstifter und ohne Waffenangebot in Moskau auf. Er wiederholte seine Forderung nach einem Waffenstillstand und befürwortete erneut einen 12-Punkte-Friedensplan, den China erstmals im Februar vorgeschlagen hatte. Putin lobte den Plan und verpflichtete sich, „so schnell wie möglich“ Friedensgespräche mit der Ukraine aufzunehmen. Die Erklärung wiederholte auch chinesische Aufrufe, die UN-Charta einzuhalten und den Einsatz von Atomwaffen zu vermeiden – obwohl darin die früheren Erklärungen von Xi gegen die Androhung ihres Einsatzes nicht wiederholt wurden …