Über 2.000 Fahrzeuge sind auf den Staat zugelassen. Während es für Minister klare Regeln zur Nutzung von Dienstwagen gibt, entscheidet jede Verwaltung selbst, wie sie mit den Fahrzeugen umgeht. In Einzelfällen verschwimmt dabei die Grenze zwischen Dienstlichem und Privatem.

Wer als Politiker den Furor seiner Wähler entfachen will, dem sei ein vermeintlich missbräuchlicher Umgang mit dem Dienstwagen empfohlen. Dies musste die damalige Staatssekretärin Francine Closener (LSAP) im Januar 2014 erfahren. Die sogenannte Dienstwagenaffäre sorgte für den vermeintlich ersten Skandal der Dreierkoalition. Das frisch gebackene Regierungsmitglied hatte ein Auto aus dem staatlichen Fuhrpark für die Fahrt in den Winterurlaub genutzt. Für Diskussionen sorgte damals vor allem die Nonchalance, mit der die ehemalige Journalistin die Kritik entkräften wollte. Sie habe nichts falsch gemacht und habe das Dienstauto unter anderem wegen des Allradantriebs genutzt, rechtfertigte sich die Staatssekretärin damals.

Vor allem der öffentliche Umgang mit der Kontroverse entfachte damals eine Debatte über Ethik und Privilegien in der Politik. Fast in Vergessenheit geriet dabei, dass Minister laut « Code de déontologie » ihren Dienstwagen generell auch privat nutzen dürfen. In der Folge der Affäre besserte die Regierung die Verhaltensregeln noch einmal nach.

Seitdem gilt: Minister dürfen auch privat auf ihre Dienstwagen zurückgreifen. Allerdings nur, wenn zwei Konditionen erfüllt sind: Erstens müssen die Regierungsmitglieder selbst für jegliche Kosten aufkommen, die bei der privaten Nutzung anfallen. Zweitens dürfen nur sie selbst das Fahrzeug bewegen.

Wie aus einer gemeinsamen Antwort des Finanz- und des Mobilitätsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des Piraten-Abgeordneten Marc Goergen hervorgeht, befinden sich derzeit 17 Autos im Fuhrpark der Regierung – der Großteil davon mittlerweile mit Hybrid-Antrieb. Zuständig für die Wartung und die Betreuung der Fahrzeuge ist der « Service de Protection du Gouvernement » mit Sitz in der Avenue du X Septembre.

Keine einheitliche Regelung

Mit 17 Autos stellt der ministerielle Fuhrpark allerdings nur einen Bruchteil der Fahrzeuge dar, die auf den Staat zugelassen sind. Denn fast jedes Ministerium ebenso wie andere staatliche Verwaltungen besitzen eine eigene Fahrzeugflotte mit einem weitreichenden Anwendungsgebiet. Die Spanne reicht dabei von der Vespa über den Kleintransporter bis hin zum Lastwagen. Insgesamt sind 2.202 Fahrzeuge auf den Staat zugelassen, wie ebenfalls aus der parlamentarischen Antwort des Finanz- und des Mobilitätsministeriums hervorgeht.

Während es für Regierungsmitglieder einheitliche Regeln für die Nutzung der Fahrzeuge gibt, kann allerdings jede Verwaltung des Staates eigene Regeln für deren Gebrauch festlegen. Denn eine einheitliche gesetzliche Regelung für die Nutzung und den Zweck von staatlichen Fahrzeugen gibt es nicht.

Wir haben uns generell mit der Frage befasst, ob es überhaupt möglich ist, dass ein Beamter ein Dienstauto bekommt und wie die Konditionen dafür sind. »Ministerium für soziale Sicherheit

Die drei Ministerien mit den meisten zugelassenen Fahrzeugen, neben dem Ministerium für Innere Sicherheit, das auch die Einsatzfahrzeuge der Polizei verwaltet, sind: das Mobilitäts- und Transportministerium mit 483 zugelassenen Fahrzeugen, das Bildungsministerium mit 254 zugelassenen Fahrzeugen sowie das Ministerium für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung mit einem Fuhrpark von 189 Fahrzeugen.

Dabei regelt jede Verwaltung den Gebrauch der eigenen Flotte etwas anders. So verwaltet das Transportministerium die Nutzung der Fahrzeuge über eine eigene Reservierungsplattform. « Über die Plattform geht jederzeit hervor, wie lange welches Auto von wem benutzt wurde. Die Fahrzeuge dürfen überdies nicht für private Zwecke genutzt werden », erklärt die Sprecherin des Ministeriums, Danielle Frank auf Nachfrage von Reporter.lu. Bei der Umweltverwaltung definiert eine « Procédure de fonctionnement intérieur » den Umgang mit den 13 Fahrzeugen, die auf die Behörde des Ministeriums für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung zugelassen sind. Auch bei der Umweltverwaltung gilt: Der private Gebrauch ist untersagt.

Grauzonen bei der Nutzung

Komplizierter wird die Sache allerdings beim Bildungsministerium. Denn die Fahrzeuge laufen zwar über das Ministerium, genutzt und angeschafft werden sie von den Lyzeen selbst. « Die Schulen haben ein gewisse Autonomie, was ihr Budget betrifft. Der Kauf eines Fahrzeugs muss also nicht vom Ministerium genehmigt werden », erklärt eine Sprecherin des Bildungsministeriums auf Nachfrage. Auch über die Nutzungsbedingungen der Fahrzeuge können die Schulen größtenteils selbst entscheiden, denn es gebe keine ministerielle Verordnung, die den Gebrauch der Fahrzeuge regele, so die Erklärung aus dem Ministerium.

Die Schulen entscheiden demnach selbst, wie und von wem ein Fahrzeug genutzt werden darf. Mit rund 40 Fahrzeugen hat das « Lycée Technique Agricole » in Ettelbrück den größten Fuhrpark unter den Schulen des Landes. Wann die Fahrzeuge genutzt werden, sei dabei klar geregelt, erklärt der Direktor, Tom Delles, im Gespräch mit Reporter.lu: « Die Fahrzeuge dürfen ausschließlich innerhalb des Schulbetriebs genutzt werden, zum Beispiel um zu den Versuchsackerbauflächen zu fahren. » Und auch wenn immer mal wieder derartige Anfragen gestellt würden, die private Nutzung der Fahrzeuge sei ausgeschlossen, so Tom Delles weiter.

Rein dienstlich oder auch privat? Außer für Regierungsmitglieder gibt es keine verbindlichen Regeln zur Nutzung der Fahrzeuge aus dem staatlichen Fuhrpark. (Foto: Gilles Kayser)

Einen weitaus kleineren, jedoch nicht minder interessanten Fuhrpark, hat derweil die « Ecole de Commerce et de Gestion » (ECG). Denn unter den Fahrzeugen befindet sich laut Informationen von Reporter.lu auch eine Vespa. Und auch wenn es sich um ein eher kleines Vehikel handelt, verdeutlicht das Gefährt doch, wie schnell die Nutzung der Fahrzeuge in die Grauzone geraten kann.

Denn der Direktor der Schule, Joseph Britz, nutzt das kleine Motorrad auch gerne selbst. « Ich nutze es, um zum Ministerium zu fahren und mich in der Stadt zu bewegen », erklärt der Direktor der ECG auf Nachfrage. Zudem nutze er den Motorroller auch auf dem Weg zur Arbeit: « Ich komme auch manchmal mit dem Roller in die Schule. » Ob es sich dabei nicht um eine private Nutzung von öffentlichen Eigentum handele? « Nein, denn das ist ja mein Dienstweg und somit nutze ich die Vespa dienstlich. Ich fahre ja nicht damit sonntags über Land », so Joseph Britz.

Die Frage des Dienstwagens

Wie problematisch der fehlende rechtliche Rahmen bei Dienstfahrzeugen werden kann, zeigt auch eine Episode bei der « Caisse Nationale de la Santé » (CNS). Denn als 2018 Christian Oberlé die Nachfolge als Präsident der CNS von Paul Schmit übernahm, stand laut Informationen von Reporter.lu auch die Nutzung eines Dienstwagens im Raum.

Eine Nutzung, die Fragen aufwarf, wie auch das für die CNS zuständige Ministerium für soziale Sicherheit auf Nachfrage betont. « Wir haben uns in diesem Zusammenhang generell mit der Frage befasst, ob es überhaupt möglich ist, dass ein Beamter ein Dienstauto bekommt und wie die Konditionen dafür sind. » Denn anders als in der Privatwirtschaft ist die Nutzung eines Dienstfahrzeugs, als sogenannter « Avantage en nature », im Öffentlichen Dienst nicht vorgesehen.

Im konkreten Fall von Christian Oberlé ging das Ministerium gewissermaßen in Vorleistung und in der CNS wurde ein Wagen für den neuen Präsidenten reserviert. Erst als der Wagen bereits im Dienst war, habe man den Fall « noch einmal analysiert » und sei dabei zur Schlussfolgerung gekommen, dass « ein Dienstwagen zur Ausübung des Präsidenten-Mandats der CNS nicht nötig » sei, erklärt das Ministerium.

Der Fall beschäftigte indes auch die « Inspection générale de la sécurité sociale » (IGSS). Die Behörde ist für die unabhängige Prüfung der Sozialkassen und somit auch für die CNS zuständig. Auch die Kontrollbehörde kam anlässlich der Prüfung zu dem Ergebnis, dass ein Dienstwagen für den CNS-Präsidenten nicht zulässig ist.

Mittlerweile habe man den Leasingvertrag für das Fahrzeug gekündigt, betont das Ministerium heute. Der Präsident könne im Rahmen seiner Tätigkeit aber weiterhin, wie jeder Mitarbeiter der Krankenkasse, auf den Fuhrpark der Behörde zurückgreifen. Wo dabei das Dienstliche aufhört und das Private anfängt, liegt letztlich im Ermessen der jeweiligen Verwaltung.