Luxemburg bekommt ein neues Gesetz für die Betreuungsstrukturen von Senioren. Corinne Cahen verspricht eine bessere Qualität und mehr Transparenz bei den Preisen sowie das Ende der Aufteilung von Alten- und Pflegeheim. Das hört sich vielversprechend an – einige Punkte müssen aber noch geklärt werden.
« Jeder muss dort leben können, wo er will – und wie er will », sagt Corinne Cahen (DP). Das ist bei älteren Menschen leichter gesagt als getan. Denn wer kümmert sich um sie, wenn sie Hilfe benötigen? Wo bekommen sie diese Hilfe? Und vor allem: Zu welchem Preis? Das Thema der Seniorenpflege ist ein sensibles. Die Wartelisten der Altenheime sind lang, die Preise unübersichtlich, die Betroffenen oft überfordert.
Corinne Cahen will deshalb mit einem neuen Gesetz Abhilfe schaffen. Den Gesetzentwurf stellte sie am Donnerstag der Presse vor – und sie verspricht vor allem eins: mehr Transparenz. « In diesem Text sind vor allem die Qualität und die Preispolitik wesentliche Punkte », sagt die Ministerin.
Ein Register für mehr Preistransparenz
In Zukunft soll es deshalb ein Register geben, das eine globale Übersicht über die Preise der unterschiedlichen Dienstleister, Alten- und Pflegeheime bietet. Unter anderem wird dort aufgelistet, was ein Zimmer in einem Alten- oder Pflegeheim kostet. Auch Zuschläge oder Aufpreise sollen im Register einsehbar sein.
Die Preise in Alten- und Pflegeheimen bereiten vielen Betroffenen Kopfzerbrechen. Nicht nur sind sie unübersichtlich – viele können sich einen Platz in einem CIPA oder einer « Maison de Soins » nicht leisten. Für dieses Problem liefert Corinne Cahen keine Lösung. Allerdings soll durch eine transparente Übersicht klar werden, was ein Platz genau kostet. Quasi ohne versteckte Kosten.
Wie REPORTER bereits berichtete, fallen in vielen Einrichtungen beispielsweise für Getränke, Wäsche oder gar einen Teil der Pflege Zusatzkosten für die Senioren an. Die traurige Realität: Wer sich das und die Zimmerpreise nicht leisten kann, für den wird ein Leben im Altenheim praktisch unmöglich.
Doch zumindest die Preisübersicht soll künftig für die Menschen klar werden. « Im Register kann man die Preise vergleichen und erkennen, was alles in diesen Preisen inbegriffen ist », verspricht die Ministerin.
Ein höherer Qualitätsanspruch
Auch bei der Betreuung in den Strukturen soll künftig nachgebessert werden. Pfleger sollen dann zwei Sprachen sprechen können – eine davon soll Luxemburgisch sein. Auch das soll den Bewohnern im Alltag helfen und ein Qualitätsmerkmal werden.
Die Menschen kommen heute viel später ins Altenheim. Quasi dann, wenn sie altersbedingt auch mehr Pflege benötigen. »Familienministerin Corinne Cahen
Heute müssen 40 Prozent der Pflegekräfte in den Strukturen bereits über eine Palliativausbildung verfügen. 40 Prozent des Personals müssen künftig auch eine psychogeriatrische Ausbildung haben.
Die unterschiedlichen Strukturen sollen außerdem für das geplante Register sogenannte « Projets d’Etablissement » erstellen. So kann der potenzielle Kunde unter anderem erfahren, was das Konzept eines Hauses ist, welches die Zielgruppe ist und wie das Leistungsangebot aussieht.
Kein Unterschied mehr zwischen Alten- und Pflegeheim
Noch eine große Änderung kündigt Corinne Cahen an. Künftig wird es keinen Unterschied mehr zwischen Altenheimen (CIPA) und Pflegeheimen (Maison de Soins) geben. Diese Trennung würde heute ohnehin fast nur noch auf dem Papier bestehen. « Die Menschen kommen heute viel später ins Altenheim. Quasi dann, wenn sie altersbedingt auch mehr Pflege benötigen », so die Ministerin.
Der Übergang von Alten- zu Pflegeheim ist somit praktisch fließend. Das Gesetz sieht vor, dass in Zukunft alle Einrichtungen als sogenannte « Structures d’Hébergement » zu bezeichnen sind.
Das birgt aber ein Problem. Denn momentan gelten bei der Gesundheitskasse für Krankenpfleger-Leistungen in den Pflegeheimen andere Tarife als für die in Altenheimen. Es braucht demnach auch eine Tarifanpassung. Als im Jahr 1998 die Pflegeversicherung eingeführt wurde, wurde klar unterschieden zwischen Altenheim und Pflegeheim. Das Altenheim verrechnet eine Pauschale für die Dienstleistungen der Pfleger, im Pflegeheim gilt allerdings eine höhere Pauschale.
« Es kann nur einen Tarif geben »
« Es ist nun die Aufgabe des Sozialministers einen solchen Einheitstarif aufzustellen », sagt Corinne Cahen. Man habe bereits Gespräche geführt und bis das Gesetz in Kraft trete sei noch Zeit, damit der Sozialminister « seine Hausaufgaben » macht. Die Idee steht demnach, es fehlt die konkrete Umsetzung.
Netty Klein, Generalsekretärin des Dachverbandes der Pflegedienstleister COPAS begrüßt, dass es zu einer Vereinheitlichung der Tarife kommen wird. Sie selbst habe den Gesetzentwurf noch nicht gesehen – die Anpassung der Tarife sei aber ein logischer und wichtiger Schritt. « Die Menschen im CIPA unterscheiden sich heute nicht mehr von denen im Pflegeheim », sagt auch sie. « Es kann deshalb nur einen Tarif geben. » Es müsse allerdings dann auch der höhere Tarif von beiden werden.
Das Ende des « Logement encadré »
Während sich die Tariffrage noch stellt, steht bereits jetzt fest, dass es in Zukunft die Bezeichnung des « Logement encadré » nicht mehr geben wird. Jedes Haus, das sich mit dem Siegel des « Logement encadré » schmücken will, braucht bisher eine ministerielle Zulassung. Denn es handelt sich hierbei um einen geschützten Begriff und ein Qualitätsmerkmal. Die Bezeichnung ist aber auch mit Auflagen für die Anbieter verbunden.
« Es bringt nichts, eine Zulassung zu geben », sagt Corinne Cahen. Einige Betreiber hätten diese bisher einfach umgangen – so dass das Ministerium die betroffenen Personen nicht vor solchen Angeboten schützen konnte.
Wegen der Auflagen des Ministeriums verzichten einige Betreiber auf die ohnehin nicht obligatorische Zulassung und benutzen stattdessen ähnliche Bezeichnungen wie « Betreit wunnen » oder « Betreutes Wohnen », die im Gegensatz zum französischen « Logement encadré » rechtlich nicht geschützt sind. Auch wenn die Qualitätsstandards dann andere sind als in den offiziell zugelassenen Strukturen, können die Betreiber Kunden mit dem Siegel anlocken.
Corinne Cahen kündigte bereits im August 2019 an, dass die Bezeichnung des « Logement encadré » aus dem Gesetz gestrichen werden soll. « Sobald Betreiber ihr Wohnungsangebot für Senioren anders umschreiben, haben wir als Ministerium keine Handhabung darauf », sagte die Ministerin im Gespräch mit REPORTER.
Mehr Kontrolle, mehr Regeln
Bisher konnten Betreiber betroffenen Personen Dienstleistungen, wie eine 24-Stunden-Pflege, versprechen, obwohl sie kein Pflegepersonal in den Häusern beschäftigen. Zusatzkosten wurden nicht immer transparent mitgeteilt. Das soll jetzt ein Ende haben.
Für die Betreiber sollen stattdessen strengere Regeln gelten, damit sie die Gutgläubigkeit mancher Menschen nicht ausnutzen können. Einrichtungen für Menschen ab 60 Jahren unterliegen qualitativen Mindeststandards. Sie müssen beispielsweise über ein Telealarm-System verfügen und sie dürfen ihre Bewohner nicht über einen Vertrag an einen spezifischen Pflegedienstleister binden. Jede Person soll diesen Service frei wählen können.
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