Ein Gartenhaus wird in Differdingen zum Politikum. Die Opposition aus DP, Déi Lénk und LSAP wirft Bürgermeister Roberto Traversini vor, ohne Genehmigung Arbeiten auf seinem Grundstück in einer Naturschutzzone durchgeführt zu haben. Ein Vorgang, den die Behörden bestätigen.
« Nul n’est censé ignorer la loi », lautet ein Grundprinzip in einem Rechtsstaat. Das gilt umso mehr für einen Bürgermeister, der von Amts wegen mit der Bauaufsicht betraut ist. Doch die Differdinger Oppositionsparteien werfen Bürgermeister Roberto Traversini (Déi Gréng) vor, Prozeduren missachtet zu haben. An seinem Haus und Gartenhaus am Waldrand in Niederkorn habe er Arbeiten ohne Genehmigung durchgeführt, sagten Vertreter von DP, Déi Lénk und LSAP am Mittwoch bei einer Pressekonferenz.
« Das ist absolut intolerabel », sagte der DP-Gemeinderat François Meisch. Die Arbeiten am Gartenhaus würden einen Verstoß gegen das Naturschutzgesetz von Juli 2018 darstellen, erklärte Gemeinderat Gary Diderich (Déi Lénk). In der Tat liegt der Schuppen in einer Parzelle, die Teil des Naturschutzgebiets « Prënzebierg » ist. Beide Lokalpolitiker forderten den Rücktritt des grünen « député-maire ». Die LSAP will ebenfalls eine rasche Aufklärung der Vorwürfe.
Das gleiche Grundstück sorgte bereits für Schlagzeilen, da der PAG-Entwurf vorsieht, es von einer Kleingartenzone in ein Wohngebiet umzuwidmen. Der Gemeinderat war über diesen Interessenkonflikt des Bürgermeisters nicht informiert, berichtete REPORTER Ende Juli.
Der Schöffenrat schweigt
Gemeinderat Gary Diderich machte im Rahmen der PAG-Debatte im Juli auf diese Gemengelage aufmerksam. Er fragte explizit, ob Roberto Traversini über die nötigen Genehmigungen für die Renovierungsarbeiten auf dem Grundstück 15a, route de Pétange in Niederkorn verfügte. Der zuständige Schöffe Georges Liesch (Déi Gréng) antwortete, er wisse das nicht.

Eine offizielle Antwort vom Schöffenrat erhielt Diderich bis heute nicht. Auch seine schriftliche Anfrage vom 13. August blieb bisher unbeantwortet. Bürgermeister Traversini kündigte in einer Pressemitteilung an, am 18. September erst dem Gemeinderat und dann der Presse Rede und Antwort zu den Vorwürfen zu stehen. Derzeit ist er im Ausland. Der CSV-Schöffe Tom Ulveling sprach bei RTL von « einem Sturm im Wasserglas ».
Roberto Traversini wird allerdings die Oppositionspolitiker kaum überzeugen können. « Die Öffentlichkeit und der Gemeinderat wurden belogen », betonte François Meisch am Mittwoch. Im nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung im Juli sagte Traversini laut Diderich und Meisch, er verfüge über alle Genehmigungen. Im « Tageblatt » wird er am 2. August mit den Worten zitiert, für die Arbeiten am Schuppen seien die nötigen Genehmigungen des Umweltministeriums vorhanden.
« Absolut normaler Vorgang »
Der Hintergrund: Jede Bautätigkeit in einer solchen « Natura 2000 »-Zone muss das Umweltministerium genehmigen. Das war aber zu Beginn der Arbeiten auf Traversinis Grundstück nachweislich nicht der Fall. Denn das « Tageblatt »-Foto zeigte Anfang August Arbeiten am knapp 30 Quadratmeter großen Gartenhaus. Diese wurden aber erst am 19. August von Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) bewilligt.
Die Renovierung des Gartenhauses begann ohne Genehmigung, bestätigt Mike Wagner, Erster Regierungsrat im Umweltministerium auf Nachfrage von REPORTER. Der zuständige Förster habe Roberto Traversini auf die fehlende Erlaubnis hingewiesen. Bis zur Regularisierung durch die ministerielle Genehmigung seien die Arbeiten daraufhin eingestellt worden.
Es handele sich laut Wagner um einen « Verstoß » gegen das Naturschutzgesetz, aber nicht um einen Straftatbestand (« infraction »). Erst wenn die Bauträger uneinsichtig seien und Arbeiten nach Hinweisen der zuständigen Beamten fortführten, werde das Ministerium aktiv. Allerdings laufen Ermittlungen der « Entité mobile » der Naturschutzverwaltung, die bei Missachtung des Naturschutzgesetzes zuständig ist. Die Oppositionspolitiker hatte eine Verwaltungsbeschwerde (« plainte administratrive ») eingereicht.

Es sei ein absolut normaler Vorgang, dass eine Genehmigung begonnene Arbeiten legalisiere. Dieser Fall sei wie jedes andere der jährlich 3.000 Dossiers behandelt worden, betont der Beamte aus dem Ministerium. Die Prozedur sei weder besonders lang noch kurz gewesen. Doch das Ministerium schaue besonders genau hin, wenn ein Dossier politisiert werden könnte.
Da das Gartenhaus vor dem ersten Naturschutzgesetz von 1965 gebaut worden sei, habe Traversini keine ursprüngliche Genehmigung für den Bau des Gartenhauses vorlegen müssen, betont Mike Wagner. Doch dafür gebe es keinen Beweis, kritisierte Gary Diderich. Der frühere Besitzer Roger Quaino habe 1965 eine Genehmigung für eine « salle d’entraînement » erhalten, erst 1978 wurde ebenfalls eine Garage bewilligt. Ein Haus oder Gartenhaus wurden in diesen Dokumenten nicht erwähnt. Diderich bezweifelt, dass das Gartenhaus als erstes gebaut wurde.
Der Überdruss der Opposition
Es gibt allerdings keinen Hinweis für den Ausbau des Gartenhauses « in eine Art Chalet », wie es die Oppositionsparteien beschreiben. Eine solche Erweiterung verbietet das Naturschutzgesetz. Auch die Genehmigung grenzt die Nutzung auf das Lagern von Gärtnereimaterial ein.
Doch obwohl die Bewilligung des Ministeriums lediglich erlaubt, die Fenster des Gartenhauses zu verändern, das Dach zu erneuern und die Mauern mit Holz zu verkleiden, blieb es offenbar nicht dabei. Die Oppositionspolitiker dokumentierten umfangreiche Planierarbeiten und das Fällen mehrerer Bäume. Fotos vor Ort zeigen ebenfalls einen neuen Zaun, der gegebenenfalls genehmigungspflichtig wäre.
Die Ungereimtheiten um das Gartenhaus sind kein Einzelfall aus Sicht der Oppositionsparteien. Sie fragen sich auch, warum im März 2018 das Haus an das Strom-, Gas- und Telefonnetz angeschlossen wurde und wer diese Arbeiten in Auftrag gab. In der aktuellen Kleingartenzone sind solche Anschlüsse nicht vorgesehen. Eine weitere Frage betrifft Arbeiten, die die Beschäftigungsinitiative Cigl im Haus durchführte. Der Bürgermeister (und Cigl-Präsident) habe auf diese Leistungen keinen Anspruch, so die Gemeinderäte.
Dazu beklagt die Opposition insgesamt eine mangelnde Transparenz in der Arbeitsweise des Bürgermeisters. Auf ihre Fragen würden sie oft keine oder sehr schwammige Antworten bekommen, so die Vertreter von LSAP, DP und Déi Lénk. Es ist ein deutlicher Überdruss zu spüren.
Der im besten Fall nachlässige Umgang mit Genehmigungsprozeduren könnte für den grünen « député-maire » politisch teuer werden. Denn sollte Felix Braz aufgrund seiner Erkrankung nicht in die Regierung zurückkehren können, käme Roberto Traversini als Zweitgewählter der Grünen im Süden für ein Ministeramt infrage. Und ein Skandal macht sich da nicht gut.
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