Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Echte Politschlager und andere sozialistische Scherzkekse.

Wussten Sie schon… Dass es viele Länder auf der Welt gibt, doch keines ist so toll wie Luxemburg? Falls nicht, dann lassen sie es sich gesagt sein. Oder noch besser: Lassen Sie es sich vorsingen. Am besten von Georges Engel, dem originellsten Fraktionsvorsitzenden der LSAP seit es keine Luxemburger Sozialistische Arbeiter mehr gibt. Aber Vorsicht: Akute Ohrwurm-Gefahr! Oder wie sie im Parlament sagen: « Hilarité générale ».

Ein kleiner Schlager zur Einleitung eines parteipolitischen Videos mit drei zufällig ausgewählten Themen: Wir sind jetzt schon Fan! Und ermuntern hiermit den gewitzten Proletarierbarden, es nicht bei einem One-Hit-Wonder zu belassen. Denn dieses Format hat definitiv das Potenzial, neue Wähler herbei zu trällern, wenn nicht sogar die ganze im Land grassierende Politikverdrossenheit im Keim zu belcantieren.

Wir freuen uns jedenfalls schon auf die Fortsetzung der spontanen Gesangseinlage mit locker-flockigem Übergang zur politischen Aktualität…

« Zwou Bulle Mocca, zwou sou séiss wéi Zocker. Zwou Bulle Mocca, do fälls de bal vum Hocker… » – An bal vum Hocker si mer och gefall, wou mer an der Chamber alt nees een neit Covid-Gesetz duerchgeboxt hunn, wou nach sou vill Froen oppe sinn, datt just nach sangen hëlleft…

« Kättche, Kättche, breng mer nach e Pättchen, vun der Musel a soss keen… » – A soss keen, dat ass natierlech just e Witz, well bei eis Lëtzebuerger Sozialisten kennt bekanntlech näischt ënnert engem gudde Bordeaux oder Brunello op den Dësch…

« Been spendin’ most their lives livin’ in the gangsta’s paradise… » – An mir sinn natierlech och houfreg op eise Gangsta’s Paradise op der Gare, wou d’Lydie an de Lorry sech scho laang net méi hintrauen, ma wou eisen Homie Franz awer ganz lässeg mat sengem Ministerwon duerch den Hood cruised…

« They tried at least »

Wir wussten es aber schon eh: Sozialisten sind sehr emotionale Zeitgenossen. Dazu gehört auch, in schönen Erinnerungen zu schwelgen. « 10. Mee 1981. E lëtzebuerger Student huet virun 40 Joer am Tageblatt den Wahlowend zu Paräis beschriwen. Eng flott Erënnerung… », twitterte Alex Bodry ganz nostalgisch über den überaus talentierten jungen Mann namens Lex.

Ähnlich emotional äußerte sich dazu Charles Margue, der damals mit Alex Bodry in der gleichen Wohnung den Sieg des Sozialisten François Mitterrand feierte. Die Republik wurde erschüttert, die Welt war nicht genug, alles schien möglich … bis, ja bis Mitterand sich zwei Jahre später dem schnöden real existierenden Kapitalismus ergab. Was Alex Bodry natürlich auch auf Twitter entgegnet wurde. « They tried at least! », so die Replik des früheren Jungautors.

Gott sei dank blieb es auch dem 1984 erstmals ins Parlament gewählten Lex dadurch erspart, diesen « Sozialismus » zu Hause auszuprobieren. Die LSAP wagte dagegen ein anderes Experiment: Luxemburg zur dreistesten Steueroase oberhalb des Äquators zu machen, den anderen Ländern das Geld aus den Taschen zu ziehen und den Kapitalismus damit quasi von innen moralisch zu zerfressen.

Socialism 101

Dan Kersch war da eine andere Nummer: Der heutige Vizepremier war bis sage und schreibe 1991 « Kommunist », wie das « Land » uns diese Woche verriet. Dann reichte es aber auch ihm mit dem proletarischen Idealismus. Heute sagt er weiterhin Dinge wie « das Kapital muss mehr besteuert werden ». Aber mit « Kapital » meint er natürlich nicht Erbschaften, Immobilien oder sonstiges Vermögen. Auch eine seriöse Grundsteuer sei zu viel des Guten, sagte der « rote » Dan dem « Land »-Kollegen. Blöd nur, dass er als Innenminister eine ganze Legislaturperiode dafür zuständig war, diese Steuer zu reformieren.

Aber wie schon Alex Bodry, Charles Margue und all die anderen augenzwinkernden Revoluzzer wussten: Ein Land mit sozialistischer Umverteilungspolitik beglücken, das kann nun wirklich jeder. Die wahre Kunst liegt darin, wie alle anderen den Status quo zu verteidigen und immer nur so zu tun, als ob man irgendwas verändern wolle. Immer effektvoll links blinken, aber dann doch mit einem beliebigen Koalitionspartner im Stau der Realpolitik stehen bleiben. Das ist wahrer Sozialismus!

Unsere Luxemburger Rosa-Zuckerwatte-Sozialisten passen eben perfekt zum Geschäftsmodell Luxemburg. Das weiß auch Nicolas Mackel. Wie er dem Großkapital diese Woche erklärte: « The country offers a place where you know that, 10, 20 years from now, things will not have changed 25 times from left to right and from up to down », so der Cheflobbyist vun « eiser Finanzplaz » gegenüber der Agentur « Bloomberg ». Der größte Vorteil Luxemburgs ist also, dass hier absolut nichts passiert, also wirklich absolut nie. Das klingt in der Tat nach einem Land, wo man gerne sein Kapital parkt, aber auf keinen Fall leben, geschweige denn Sozialismus ausprobieren will.

Eine schrecklich nette Familie

Dass es zwar viele Länder auf der Welt gibt, doch keines so toll ist wie Luxemburg, ist allerdings nicht die einzige Erkenntnis dieser Woche. Rechtzeitig zum « Weltfamilientag » erklärte uns nämlich Weltfamilienministerin Corinne Cahen, was eine Familie überhaupt ist und so toll macht. Leider wird in dem idyllischen Video nicht gesungen wie bei der LSAP, aber immerhin.

« Familien sind wie Spielplätze », so « farbenfroh » und « vielfältig », ließ das liberale Familienoberhaupt von einem Spielplatz verlauten, bei dem alle Spielgeräte zufälligerweise in blau gefärbt sind. Doch dem nicht genug: « Wir sind alle Teil einer Familie », so die klare Ansage der DP-Präsidentin. Ob damit die liberale Partei, die überaus harmonische Dreierkoalition, die Bewohner der Pflegeheime, alle Luxemburger oder sogar alle Lebewesen des Universums gemeint sind, ließ das nette « Mädchen aus einem Geschäft » allerdings offen.

Nur so viel steht fest: Corinne Cahen gehört ab sofort auch zu Ihrer Familie und wird nicht locker lassen, sich für Sie einzusetzen – ob Sie es wollen oder nicht. So ist das nun einmal in einer guten Familie. Oder wie es Georges Engel höchst wahrscheinlich demnächst in einem zauberhaften LSAP-Video anstimmen wird: « We are family. I got all my sisters with me … »

Wir können es kaum erwarten!


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