Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Politik als Wunschkonzert und lang lebe Xavier XIV.
« Vive eise Grand-Duc , Vive eis Groussherzoglech Famill
a Vive eist Land
» – Geht es nach den patriotisch korrekten Glückwünschen des Premiers (und all den Anderen), dann sind wir längst wieder in der Normalität angekommen. Und tatsächlich: In den Straßen der Hauptstadt wurde dem Vernehmen nach durchaus ausgelassen gefeiert. Zwar mit Maske, Schnelltest oder durchgeimpftem QR-Code, aber immerhin.
Den tieferen Sinn des Feiertags etwas falsch verstanden hat dagegen die Parteichefin des Premiers. Nach dem Motto « Ja, ist denn heut’ schon Weihnachten » ging Corinne Cahen in einem ellenlangen Facebook-Beitrag nämlich ihre ganz persönliche Wunschliste durch. Ihre « puer Gedanken um Virowend vun Nationalfeierdag » versah sie nicht nur mit den obligatorischen Nationalfarben, sondern auch mit vielen anderen höchst passenden Smileys und Emojis. #Sweeet
Und was sich die Ministerin und Chefliberale nicht so alles wünscht… « Ech wënsche mer, dass onst Land nach méi gerecht gëtt. » « Ech wënsche mer, dass bei ons am Land jiddereen esou liewe kann wéi e wëll a mat wiem e wëll. » « Ech wënsche mer e Lëtzebuerg, dat oppen ass. » « An natierlech wënschen ech mer, dass an Zukunft jiddereen sech et leeschte kann, dezent zu Lëtzebuerg ze wunnen. »
Letzteres, so gibt sogar die Anhängerin des mitfühlenden Liberalismus zu, ist allerdings nicht ganz so easy. 😪 « Dat schéngt am Moment wuel dee Wonsch ze sinn, deen am schwieregsten ass ze realiséieren. Mee ech ginn d’Hoffnung net op, dass mer de Logementsproblem an de Grëff kréien. » Und in der Tat: Was bleibt einem beim « Logementsproblem » anderes übrig, als zu hoffen.
« Encouragement » for the win
Ganz ähnlich sieht es auch Xavier Bettel. Im Hard-Talk-Interview mit seinen liberalen Freunden von « Paperjam » sagte der Premier, dass man zur Lösung der Wohnungskrise – Achtung, halten Sie sich fest – das Angebot steigern müsse. Das dürfe aber – ganz wichtig! – nicht auf Kosten der « Qualität » der Wohnungsprojekte gehen. Es gehe ja nicht darum, zu bauen, « juste pour loger des gens ». Ganz genau. Einfach bauen, um zu wohnen, und dann noch zu einem Preis, den jeder sich leisten kann, das kann nun wahrlich nicht die Lösung sein.
Er erwarte sich viel vom « Pacte logement 2.0 », sagte Bettel noch. Und er will auch mit Bürgermeistern und den Gemeinden zusammenarbeiten. Nein, was für bahnbrechende Ideen! Aber – Achtung, Achtung – auch die Spekulation am Wohnungsmarkt müsse « bekämpft » werden, sagt Bettel. Aber bitte nicht mit zu radikalen Mitteln. Was den Spekulanten so richtig wehtut, ist laut Bettel: « encouragement ». Ja, wer kennt es nicht: Man will eigentlich nur ordentlich Kohle scheffeln, aber wenn man mal so richtig zum Gegenteil ermutigt wird, dann lässt man es lieber bleiben. Sounds like a plan!
Aber, immerhin, Bettel ist auch für eine Steuer auf leerstehende Immobilien. « Croyez-moi, nous aurions tout à coup, du jour au lendemain, pas mal de logements occupés et de terrains utilisés! » Tja, jetzt müsste man nur noch politische Macht haben, um diese nicht erst seit gestern naheliegende Maßnahme umzusetzen. Oder man müsste den Regierungschef kennen und ihn mal darauf ansprechen. Andererseits: Kein Stress! Keine Eile! Und, ganz wichtig: Die Hoffnung nicht aufgeben!
« Democracy is so overrated »
Apropos Regierungschef: Dieser gewisse Xavier Bettel ist nun doch schon eine ganze Weile im Amt. Und in dieser Pandemie ist er nur noch mächtiger geworden. Hin und wieder lässt er zwar seine Adjutantin Paulette Lenert neben sich glänzen. Doch die hoffnungsvolle Richtung gibt nach wie vor der Chef vor. So wundert es auch nicht, dass Xavier in bester Louis XIV.-Manier für das besagte Hochglanz-Interview posierte.

Passend dazu äußert sich auch Bettels kommender Kabinettschef in der gleichen « Paperjam »-Ausgabe. Anders als der Sonnenpremier outet sich Jeff Feller aber als politisches Nachtschattengewächs. Zitat: « Je préfère travailler dans l’ombre qu’être dans la lumière. » Naja, klingt schon etwas nach shady business und « House of Cards », das Ganze… Wir freuen uns jedenfalls schon auf die erste (einzige sehenswerte) Staffel.
Ganz logisch klingt da auch die höchst demokratische Einschätzung von Fellers künftigem Chef. « Ce n’est néanmoins pas aux gens de nous juger, mais à l’OCDE, au FMI, aux organes internationaux. » Zugegeben, bei der Antwort ging es um die Frage, wie Luxemburg das lästige – und völlig unberechtigte, versteht sich – Image des « Steuerparadieses » endlich loswerden kann. Aber die neue Bettel’sche Maxime « Ce n’est pas aux gens de nous juger » hat schon etwas von Francis Underwoods legendärem « Democracy is so overrated ».
Auch bei anderen politischen Fragen könnte Bettel indes etwas mehr Underwood’schen Mut zur Wahrheit wagen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem inbrünstigen « You are entitled to nothing » im nächsten « Etat de la Nation ». Oder, mit Blick auf das « Logementsproblem », doch zur Abwechslung mal etwas konstruktiver: « The best thing about human beings is that they stack so neatly. »
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