Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: Eine Regierung, der man einfach nur vertrauen muss.

Eigentlich wollte die Opposition es sich einfach machen: Mit einem Copy&Paste einer Motion des Europaparlaments wollte die CSV zeigen, dass sie auch noch eine Daseinsberechtigung hat. In der « Kompilation » – so heißt es richtig – sollte die Regierung damit beauftragt werden, sich auf EU-Ebene für ein Embargo von fossiler Energie aus Russland stark zu machen.

Es sollte ein leichtes Unterfangen sein, immerhin stimmten auch die Mitglieder der Regierungsparteien im Europaparlament für den gleichen Antrag. Aber die « Chamber » wäre nicht die « Chamber », wenn es nicht überraschende Wendungen und eine gehörige Portion Drama gäbe.

Als Sven Clement das Wort ergriff, füllte der Raum sich mit so viel Pathos, dass man fast daran erstickte. « Wer heute kein Embargo gegen Russland fordert, entsolidarisiert sich mit einer ganzen Bevölkerung », sagte der verkannte Universalgelehrte des Parlaments. Es sei « fast eine moralische Verpflichtung », für ein Embargo zu stimmen. Immerhin gestattete der Besserwisser mit dem ihm eigenen Hang zum Größenwahn mit dem Wörtchen « fast », dass andere Meinungen trotzdem noch erlaubt sind. #SehrGnädig

Und siehe da: Wer, wenn nicht Fernand « Agent 00 » Kartheiser, könnte diese Position besser vertreten? Der erfahrene Doppelagent setzte sich dafür ein, dass der Kontakt zum Gegner bestehen bleibt. Obwohl: Hat er da gerade seine Freunde in Moskau als « Gegner » bezeichnet? Da hat der Sven Clement der Geheimdienstwelt wohl doch zu schnell geschossen. « Gegner, oder eben wichtige Autoritäten, die in einem Konflikt eine Rolle zu spielen haben, was natürlich bei Herrn Präsident Putin der Fall ist », so der ADR-Mann. So nette Worte hatte seit Donald Trump wohl niemand mehr für Herrn Präsident Putin übrig.

Demokratiestunde mit König Xavier

Aber zurück zur Debatte. Alle Parteien (außer ADR und Déi Lénk) waren sich einig und sind im Prinzip für ein Embargo, also wurde die Motion abgelehnt. Verstehen Sie nicht? Vielleicht kann Xavier Bettel das besser erklären: « Ich würde es wirklich schade finden, wenn eine Motion, die wir alle im Grunde unterstützen, danach abgelehnt wird. » Hä, das ergibt ja noch immer keinen Sinn. Er fände es viel stärker, « der Regierung das Vertrauen zu schenken, in die Richtung zu gehen, die das Parlament auch will », erklärte der Premier seine glasklare Position.

« Lauschter Fern, Demokratie ass, wann ech soen, wat leeft… »: Xavier Bettel im vertraulichen Gespräch mit dem Präsidenten des « Parlaments », Fernand Etgen. (Foto: Mike Zenari)

Jetzt haben auch wir es verstanden! Das Parlament soll der Regierung einfach vertrauen und deshalb soll ihr kein Verhandlungsauftrag gegeben werden. Klingt logisch. Ein wenig Debattieren und dann einfach machen, was der Premier sagt: Das ist die wahre Quintessenz der parlamentarischen Demokratie à la luxembourgeoise. Wirklich unverständlich aber auch, warum die Opposition das nicht bereits früher so gehandhabt hat. Einfach mal der Regierung vertrauen, was kann da schon schief gehen? #Gaardenhaischen #Altersheime #SDK #UndUndUnd

Die Regierungsparteien haben das Prinzip aber längst verinnerlicht. DP und Grüne ließen das mit der Formulierung einer eigenen Position einfach ganz sein. Die LSAP will sich dagegen noch zwei oder mehr Wochen das spannende Kriegsgeschehen in der Ukraine anschauen und dann eventuell entscheiden, oder auch nicht. König Xavier wird diese Ausdrücke der parlamentarischen Unmündigkeit sicher nicht vergessen und bei Gelegenheit belohnen, oder auch nicht.

Korruption und andere Heilmittel

Super selbstbewusst trat in diesen Tagen dagegen Innenministerin Taina Bofferding auf. Stellen Sie sich vor: Es soll in Luxemburg tatsächlich Menschen geben, die sich keine Wohnung mehr leisten können. Da sei es mit « guddem Wëllen » allein nicht getan, meinte die Sozialistin im Interview mit « RTL ». Es sei ihre « verdammte Pflicht », endlich eine Lösung für das Problem zu finden.

Als neutraler Zuhörer muss man daraus schließen: Gut, dass es die LSAP gibt, die endlich Nägel mit Köpfen macht in der Wohnungskrise. Denn wir wissen ja alle, wer im Innenministerium davor das Sagen hatte und bei dem wirklich überhaupt nichts passiert ist. Moment, das war doch ein gewisser Dan Kersch. Ist der nicht auch Sozialist? Und wie lange ist Taina Bofferding eigentlich schon Innenministerin? Und wie lange die LSAP an der Macht? Und überhaupt: WTF? Fragen über Fragen.

Das Ziel fest im Blick: Die Regierung bei der Lösung der Wohnungskrise. (Symbolbild: Taina Bofferding/Facebook)

Vielleicht hat die LSAP diese Zeit aber auch einfach gebraucht, um erst einmal zu zeigen, wie man es nicht macht. Damit danach deutlicher wird, wie man es richtig macht. Eine Vorgehensweise, die auch der Wiltzer Bürgermeister Fränk Arndt, auch er Sozialist, scheinbar noch immer beherzigt. Nachdem die Staatsanwaltschaft zunächst wegen eines läppischen Gartenhäuschens ermittelte, legte sie wenig später noch einmal nach. Seitdem steht gegen den Bürgermeister der Verdacht der Korruption und Vorteilsannahme im Amt im Raum. Konkret soll es um Immobilientransaktionen und die innigen Beziehungen zu einer Baufirma gehen.

Aber auch in diesem Fall wird die Innenministerin im Gespräch mit « RTL » deutlich. Auf die Frage, ob solch ein mutmaßliches Vorgehen denn ein Verhalten sei, das ein Gemeindevater im Kampf gegen die Wohnungskrise an den Tag legen sollte, antwortete Taina Bofferding: « Wann dat dann alles sou soll sinn, ass dat definitiv nët déi Mesure, déi ee sollt huelen. »

In der Tat, auch wir können uns da nur anschließen: Korruption sollte man besser sein lassen. Der wirkliche Skandal an all den Skandalen ist laut der Ministerin aber, dass es dadurch immer schwerer werde, Menschen zu finden, die sich in die Politik einbringen wollen. Wo kommen wir denn hin? Wenn man sich als Amtsträger in Zukunft nicht einmal mehr selbst bereichern kann, dann macht das ganze Politikmachen nun wirklich keinen Spaß mehr.

Schlimmer geht nimmer

Andere Politiker legten sich da schlauer an und kündigten ihren Rücktritt an, bevor die wirklich krassen Skandale überhaupt ans Licht treten. Dan Kersch wusste wohl schon, dass es für ihn bald brenzlich werden könnte. Wenn selbst Marc « Pinky » Goergen dem Skandal auf die Spur kam, dann wäre eine gnadenlose Aufdeckung durch die Presse unvermeidbar gewesen. Um was geht es? Der Piratenabgeordnete wollte wissen, ob das Sportministerium für 11.000 Euro sechs Stühle gekauft habe.

Und tatsächlich: Vier Stühle und zwei Hocker seien im Wert von 9.600 Euro unter Dan Kersch gekauft worden! Ein waschechter Skandal! Bei der CSV versteht man allerdings die Aufregung nicht. Aus der Fraktion erfuhr die Retrospect-Redaktion, dass Marc Spautz wohl an seinem 10.000-Euro-Schreibtisch eine SMS an Dan Kersch schickte. Der Text: « Amateur! »

Doch Dan Kersch ist nicht der einzige (Ex-)Minister der wie ein Amateur auftritt. Das Übel allen Übels trägt nämlich einen Namen: Paulette Lenert. Das findet zumindest das « Luxemburger Wort » in einem rezenten Leitartikel. « Schlimmer kann man als Politikerin nicht auftreten », donnert es Richtung Paulette Nationale.

Und in der Tat: Auch nach längerem Grübeln fällt uns nichts, also rein gar nichts ein, was schlimmer sein könnte als das Vorgehen der Gesundheitsministerin in Sachen « IRM ». Korruption ist vergleichsweise Pipifax, auch ein Angriffskrieg und das Abschlachten der Zivilbevölkerung in der Ukraine ist nichts dagegen. Nur zur Sicherheit wollen wir aber noch einmal mit den Worten von Taina Bofferding betonen: Beides sind definitiv keine Maßnahmen, die man treffen sollte!


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