Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Lustige Sommerinterviews und gottlose Push-Meldungen.
Oops, she did it again! Nein, nicht Britney. Corinne! Kaufen Sie Ihre Schuhe bei Chaussures Léon, denn die drücken nicht, so der flotte Influencerinnen-Spruch letzte Woche. Diese Woche: Die Familienministerin mag ältere Menschen, weil sie ihr früher viele Schuhe abkauften. « Wie jeder weiß, habe ich vor meiner politischen Karriere Schuhe verkauft. Ich bin in einem Familienbetrieb aufgewachsen und war oft in Altenheimen, um dort Schuhe zu verkaufen », so Corinne Cahen im Sommerinterview mit dem « Luxemburger Wort ».
Corinne Cahen ist eben Kommunikationsexpertin, sie zieht alle Register für ihr Schuhgeschäft. Sie weiß: Damit eine Botschaft ankommt, muss sie oft wiederholt werden. Erst ein Werbe-« Witz », den die CSV zum Skandal macht und so weiterverbreitet. Dann zielgruppengerecht im « Wort » zahlungskräftige Senioren anbaggern.
Doch während jedes Internetsternchen in Teufelsküche kommt, wenn das hübsche Foto mit Handtasche nicht als Werbung gekennzeichnet ist, ficht das eine liberale Ministerin nicht an. Es war ja nur ein Witz, haha. Und solange der « Kapitän » (Bettel über Bettel), nichts sagt, macht sie weiter.
Wer gestalten will, sollte zum Arzt gehen
Sowieso ist Corinne Cahen eine Next-Level-Politikerin. Während jeder Polit-Anfänger im ersten Interview darüber schwärmt, dass er jetzt endlich « gestalten » kann, interessiert das Cahen nicht. Sie ist pure Pragmatikerin: « Es ist nicht die Aufgabe des Politikers, die Welt so zu gestalten, wie er sie haben will. Es ist seine Aufgabe sie, so wie sie ist, zu organisieren », sagte sie dem « Wort ». Also, wir lernen: Politik ist wie Schuhe verkaufen. Man arbeitet mit dem, was man hat.
Ganz anders ist da der Justizminister – ein purer Idealist. Also dann, wenn es gerade passt. Die Datenbank-Debatte: pure Polemik. Die CSV blockiert die Verfassung: « Mir blutet das Herz. » Doof nur (Achtung, böse Polit-Polemik), dass ein gewisser Felix Braz ein Datenschutzgesetz komplett vergeigt hat und die Verfassungsreform seit Jahren mit einer unausgegorenen Justizreform aufschob.
Fachzeitschrift oder Science-Fiction?
Politik ist aber auch ein hartes Geschäft. Manche – konkret David Wagner – mögen Bier, Marx-Statuen und obskure Science-Fiction, aber haben keinen Spaß daran, Reden zu schreiben, wie er dem « Journal » anvertraute. Gut nur, dass Déi Lénk ein Rotationsprinzip haben und Wagner bald viel Zeit für Bier und Bücher haben wird.
Sommerinterviews verlangen jedenfalls ehrliche Antworten. Die Frage ist, wie man ehrlich definiert. Denn man weiß ja nicht, was der Bürger hören möchte. Die DP scheut das Risiko: Parlamentspräsident Etgen schreibt dem « Journal » ins Poesiealbum, dass er keine Romane, sondern « Nachrichtenmagazine und Fachzeitschriften » liest (Klar!).
Anders als Premier Bettel, der am Strand lieber Bestseller-Schundromane verschlingt. Besonders die Autorin Mary Higgins Clark hat es ihm angetan. Sie schreibt Krimis mit Titeln wie « Du bist in meiner Hand » oder « Schlafe für immer ». Wir können die Qualität der Prosa nicht bewerten, wir lesen lieber « Fachzeitschriften ». Aber wir vertrauen dem Urteil einer Leserin: Die Krimis seien « eher oberflächlich, trotzdem interessant ». Passt.
Sieben Vaterunser und Ave Maria
Die katholische Kirche in Luxemburg wird fortan von einem Dreigestirn geleitet. Nein, nicht das aus dem Kölner Karneval. Eher das aus dem « Kern des Glaubens », wie das « Luxemburger Wort » die klerikale Top-Nachricht der Woche kommentierte. Dass die Aufgaben an der Kirchenspitze künftig auf mehrere Schultern verteilt werden, sei « gut », so die wagemutige Bewertung der Zeitung an die Adresse des Hauptaktionärs.
Weniger « gut » war dagegen die eher spontan, ja geradezu gottlos anmutende Berichterstattung des « Wort » über das Ereignis. Wie es der frühere Generalvikar Erny Gillen schon einmal dreist formuliert hatte, seien die meisten Redakteure der altehrwürdigen Tageszeitung mittlerweile so bibel- und bistumsfest wie « RTL »-Journalisten. Das zeigte sich dann auch bei der ersten Push-Meldung am Dienstag.
Da hatte die Online-Redaktion der publizistischen Bistumstochter doch nicht nur einen Buchstaben verschluckt, sondern glatt etwas falsch verstanden. Und brauchte über zwei Stunden, um die erste Push-Meldung nicht wirklich zu korrigieren. Denn Wagener gibt seinen Posten nicht ab, und auch nicht auf, sondern erhält nur einen neuen. Es war aber auch verwirrend: Der Generalvikar wird Bischof, der Erzbischof bleibt aber Erzbischof. Ein Priester wird Generalvikar, der Generalvikar bleibt aber Generalvikar. Klingt komisch, ist aber so.
Da bleibt nur zu hoffen, dass sich weder der Erzbischof noch der Generalvikar über den pushenden Übeltäter in den Gaspericher Wiesen informiert hat. Doch wie es gerade aus gut informierten Klerikalkreisen heißt, ist dies längst geschehen. Der oder die Verantwortliche erhielt einen Eintrag in das berüchtigte « Casier Bis-tum » und wird bei wiederholter Tat zu zwölf Jahre lang sieben Vaterunser und Ave Maria verurteilt.