Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt unsere Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: ein Heilsbringer auf der Fouer und andere Wiederauferstehungen.
Wenn einen jeden Morgen auf „RTL“ eine Fotogalerie mit 200 Bildern aus dem „Stall“ begrüßt, dann weiß der gemeine Luxemburger: Es ist Fouer-Zeit und der Sommer bald vorbei. Und was ist noch spektakulärer als die Schobermesse an sich? Richtig, die Schueberfouer in einem Superwahljahr.
Wo sonst begegnet man schon einer derart hohen Dichte an Politprominenz? In diesen Tagen: Ehrlich gesagt, überall. Da muss man noch nicht einmal bis nach Rambrouch zum Mähdreschercross pilgern – außer natürlich, man ist ein klimabewusster Kandidat und weiß, auf was es im Wahlkampf ankommt. Doch, was heißt hier Wahlkampf? Der hat ja noch gar nicht offiziell begonnen. Das merkt man unzweifelhaft an total informativen „Toutes boîtes“- Postsendungen, authentischen #Luc-Videos oder gar nicht hölzernen LSAP-Homestory-Produktionen.
Ein Messias im Stall
Doch zurück zur Fouer und in den „Stall“. Dort hielt der neue Heilsbringer der CSV am Mittwochabend Audienz und wollte von Studenten wissen: „Wat läit Iech um Häerz? Wat muss sech fir Iech am Land änneren? Wou kënne mir Iech hëllefen? Mir wëllen et vun Iech héieren!“, wie die CSV auf Facebook proklamierte. Ein Messias im Stall, der sich die Sorgen der Menschen anhört und ihnen Hilfe anbietet: Das kommt einem doch irgendwie bekannt vor. Daraus könnte sich eine wahre christliche Erfolgsstory entwickeln – wobei das C in CSV heute bekanntlich für die guten, alten « Crundwerte » steht und ihr Spitzenkandidat nur « manchmal » gläubig ist.

So mancher Stall-Besucher rieb sich allerdings doch etwas verwundert die Augen in Anbetracht dieses unüblichen Vorabendprogramms. Schließlich war das Publikum vor allem in die neue Pilgerstätte des zeitgenössischen Fouer-Jüngers eingekehrt, um den eingängigen Melodien von Olaf, dem Flipper, zu lauschen. Falls Sie nicht wissen, wer Olaf, der Flipper, ist: Gut so, Sie gehören noch nicht zum alten Eisen. Falls doch: Auch nicht schlimm. Sie sind dennoch auf der Fouer willkommen, und sei es nur, um unter ein paar Studenten um ihre Wahlstimmen zu buhlen.
Doch statt einem Schlagersänger aus vergangenen Tagen zu lauschen, wollte CSV-Frontman Luc Frieden – Parallelen sind rein zufälliger Natur – wissen, was er für seine Schäfchen tun kann. Einen DP-Politiker hätte man an dieser Stelle ja noch erwartet – schließlich stand der Delfin einst für die wilden Liberalen, ehe sie den schnöden DP-Staat installierten. Doch #Luc und die gesamte christlich-soziale Abgeordneten-Schar, auf diese Vorgruppe hatte nicht jeder Stall-Gast Bock.
Politiker in freier Wildbahn
Apropos Bock: Es ist bekanntlich Tradition, dass die Schobermesse feierlich im Beisein von Hammeln eröffnet wird – also echten Schafshammeln. Doch das will Marc „Pinky“ Goergen nun allen krisengeplagten Kirmesfans vermiesen. Die proto-populistische Spaßbremse an der Seite von Piraten-Mastermind Svenni erkannte gewohnt scharfsinnig das demagogische Potenzial der in der Tat etwas aus der Zeit gefallenen Tradition und schwang die unvermeidbare Tierschutz-Keule.
Die armen Tierchen würden nur zum Pläsierchen der alteingesessenen Parteien über den Glacis gescheucht, befand Goergen. Überaus schlecht informierten Quellen zufolge konnte der parlamentarische Arm von « Give us a Voice » gerade noch verhindern, dass die Grünen eigens Mufflons aus dem Müllerthal einflogen, um sie auf dem Glacis-Feld auszusetzen und publikumswirksam zu schlachten. Was Carole wohl dazu sagen würde…
Aber Pinky beschäftigte sich diese Woche nicht nur mit seinen Schäfchen, er versuchte auch, neue zu erwerben, die sich im World Wide Web verirrt haben. Wer etwa auf der Maus ausrutscht und in der Suchleiste mytango.lu eingibt, landet wie erwartet auf der Seite der Piratenpartei. Dahinter steckt eine ausgeklügelte Kampagne gegen Vorratsdatenspeicherung, so das eigentliche Mastermind der Partei. Nur vergaß er dabei, seinem Chef Sveni davon zu berichten. Der wusste nämlich nicht, dass seinem Parteikollegen die Internetseite gehöre. Gut, dass Marc Goergen in Glaubwürdigkeit kaum zu überbieten ist, sonst könnte man annehmen, das wäre die dümmste Ausrede, die einem einfallen könnte.
Total zeitgemäß wie wehrlose Tiere zwischen Rummelbuden und Riesenrad wirken aber auch andere Fouer-Traditionen wie der Königinnen-Tag oder der Bürgermeister-Tag. Wahrscheinlich ist es nur in Luxemburg noch ein Ereignis, sich von einem ach so prominenten Lokalpolitiker bedienen zu lassen, dem man ansonsten nur auf der Straße oder auf dem nächstbesten Grillfest begegnet. Aber wenigstens geschieht das Ganze zu einem guten Zweck. Ein Grund mehr, dass Xav und Paulette Nationale gemeinsam die Kirmesbuden unsicher machten. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man fast meinen, die Koalitionäre würden gern in Frieden weitermachen. Oder besser gesagt: ohne Frieden.
Keine sozialistischen Experimente
Eine Erbschaftssteuer in direkter Linie stünde Paulettes Sozialisten weder bei einer Zusammenarbeit mit Xavs Liberalen noch mit Lucs Aposteln im Weg. Denn wie die LSAP in den sozialen Medien nochmals klipp und klar, und ein für allemal klarstellte: „D’LSAP ass net fir eng Ierfschaftssteier!“ Nicht, dass da noch jemand auf so abwegige Gedanken kommt, die Sozialisten würden für eine Maßnahme eintreten, die zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt. Wo kämen wir denn da hin?!
Ob die Message der LSAP („Eierlech si mécht den Ënnerscheed“) auch die anvisierten CSV und Piraten erreichte, ist unklar. Offensichtlich kam sie aber bei der Konkurrenz am linken Rand an: „Keng Angscht LSAP, mir ënnerstellen dir net eng sozialistesch Fuederung an dengem Walprogramm ze hunn. An d’Millionäre déi dech souwisou net wielen kënne weider roueg schlofen“, stellte David Wagner von Déi Lénk fest. Der Chefideologe der Luxemburger Kleinstpartei kann bekanntlich weder mit Millionären noch mit christlichen Heilsbringern etwas anfangen.

Da befindet sich David Wagner sicher auf einer Linie mit Dan Kersch. Der Ex-Minister und derzeit hauptberufliche parlamentarische Kettenhund der LSAP würde sich bestimmt auch an das Wagnis trauen, doch noch eine Erbschaftssteuer einzufordern. Wahrscheinlich hätte er sogar einen Heidenspaß daran – Heiden, Sie verstehen? Im Interview mit dem „Télécran“ verriet Erdodan, wie er von Freunden liebevoll genannt wird, nämlich, dass er „den Kick der Zufriedenheit“ vermisse, den er hatte, wenn er einst gegen die Widerstände aus den anderen Koalitionsparteien etwas im Sinne der Arbeiterklasse bewirken konnte. Gar nicht vermissen würde er hingegen den „Frust zu Unzufriedenheit“, wenn politische Kräfteverhältnisse gegenüber guten Argumenten obsiegten.
#freeCorinne
Ob Dan Kersch ebenfalls auf der Schueberfouer war, ist nicht überliefert. Aber wie bereits vor mehr als 2000 Jahren war vor dem Messias ein Engel erschienen. Denn sogar Frank Engel und seine von den Medien so arg boykottierten Fokus-Kollegen fanden sich zum obligatorischen Stelldichein auf dem Glacis ein. Dabei hat die fortschrittlichste Bewegung, seit es Luxemburger Nanoparteien gibt, eigentlich andere Pläne mit der Betonwüste inmitten der Hauptstadt. Die Fouer gehöre dort auf jeden Fall nicht mehr hin – #freeGlacis, wie Marc Ruppert auf dem Kanal X, formerly known as Twitter, meinte.
Dass Marc Ruppert auf der Fouer auch mit Corinne Cahen anstieß, darf angesichts ihrer gemeinsamen Vorgeschichte angezweifelt werden. Corinne war jedenfalls auch auf der Schobermesse zugegen, wie sie in den sozialen Medien mitteilte – nicht, dass es noch jemand nicht mitbekommen hätte. #weisegëllt halt, vor allem, wenn man dabei den „mega gudden“ Gyros an der Bude der Parteikollegin und Kurzzeitabgeordneten Barbara Agostino anpreisen kann.
Zuvor hatte die Bürgermeisterin der liberalen Herzen sich eigenen Aussagen zufolge rar gemacht. Im Zuge einer drastischen Social-Media-Detox-Kur habe sie ihre Facebook- und Instagram-Accounts gelöscht und habe „ouni ze fuddelen“ dort einen ganzen Monat auch gar nichts geschaut. Nun aber ist Corinne glücklicherweise wieder da und fragte wie Olaf der Flipper: „Hutt der mech vermësst?“ Eine rhetorische Frage.