Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Immer samstags blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: das skandalöseste Märchen aller Zeiten.

Diese Woche wissen wir gar nicht so richtig, wo wir überhaupt anfangen sollen. Vielleicht bei einem Märchen. In Genf begann einst das Liebesglück eines jungen Paares. Und in Genf trifft es sich wieder in seiner wohl schwersten Stunde. Ganz auf sich allein gestellt, rief es die Regenbogenpresse, eine Pariser Starfotografin und eine Kommunikationsarmee zur Hilfe.

Denn zuhause lauerten böse Menschen: ein junger Premier, ein alter Beamter und ganz viele hinterhältige « petits journaleux ». Sie hatten nur eines im Sinne: Mit Lügen, Machismus und frechem Geiz die unglaubliche Großherzogin von ihren noch unglaublicheren Taten endlich abzuhalten. Doch sie hatten nicht mit dem wackeren Henri gerechnet! Wie ein moderner heiliger Georg eröffnete der Monarch mit nur einem Federstreich das Lügengeschwür.

Es ist dagegen ein hinterhältiges Gerücht, dass die Großherzogin selbst heimlich den Brief schrieb und in seinem Namen abschickte. Das stimmt nämlich gar nicht. Wahr ist: Sie diktierte ihrem Henri das brillante, emotionale und ach so pathetische Schreiben in gleich vier Sprachen. Es sollte die ungehorsamen Untertanen endlich zur Räson bringen.

Ein « Putschversuch », der « queesch » macht

Doch die Luxemburger sind nun einmal ungezogene Kinder. Dabei versucht die weise Herrscherin seit 39 Jahren aus dem Mickey-Mouse-Land endlich ein strahlendes Disneyland zu machen. Ein beispielloser Einsatz. Nur dank ihr wisse die Welt heute, wo dieser Mikrostaat überhaupt liegt, sagt auch ihr Lieblingshofnarr und Wahl-Bonneweger Stéphane Bern.

Und was ist jetzt der Dank dafür? Ein « Putschversuch ». Nicht mit Hilfe von Che, sondern mit der eines Beamten – logisch, ist ja auch Luxemburg. Der will Henri tatsächlich ein Gehalt zahlen, das auch noch besteuert wird – so wie irgendeinem « roturier ». Da wird selbst die « humane, sensible, mütterliche » (dixit Paris Match) Maria Teresa « queesch » (dixit Tageblatt).

Andere würden da hinschmeißen. Einfach das ganze Jahr an der Côte d’Azur verbringen und den Ehemann zum Kitesurfen in Kriegsgebiete schicken. Doch nicht Maria Teresa. Nach einem ganzen Leben im Dienste des Landes (sagt die Großherzogin über die Großherzogin) ist sie noch lange nicht fertig.

Die Rebellin trotzt allen

Maria Teresa geht lieber ihren eigenen Weg. Auf den Job als Türöffner in irgendwelchen obskuren Sultanaten hat sie schon länger keinen Bock mehr. Sie ist eine Staatsfrau, die sich nur um die ganz großen Themen dieser Welt kümmert: Armut, Krieg, Sexismus. Da bleibt natürlich keine Zeit mehr, um am Bazar des Roten Kreuzes teilzunehmen.

Brigitte Macron spielt nur in der dritten Liga, Maria Teresa ist dagegen Champions League. Wenn es aber darauf ankommt, ist sie dann doch eine von uns: Ständig fehlt es an Geld und Personal, die Träume wahr werden lassen. Was sind schon 50 entlassene Mitarbeiter, wenn sie ohnehin nur selbst die Welt retten kann? Wer braucht schon eine Verfassung, wenn eine Frau weiß, was sie will?

« Ein Klima der Angst » herrsche im Palais, heißt es diese Woche. Dabei will die Großherzogin ihrem Personal doch nur erklären, was es alles falsch macht. Und das, obwohl sie eigentlich gar keine Zeit für solche Nichtigkeiten hat. Denn sie muss noch kurz die Welt retten.