Auf den am Freitag vorgestellten Aktionsplan des Ministeriums für Gleichstellung zwischen Frauen und Männern gab es zahlreiche Reaktionen. Der Grundtenor ist bei allen derselbe: Gute Ansätze in der Sensibilisierung, doch zu wenig konkrete und damit wirksame Maßnahmen. 

Ein neuer Aktionsplan soll die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Gesellschaft fördern (REPORTER berichtete). Doch an der Frage, ob der Plan weit genug geht und damit Fortschritte erreicht werden können, scheiden sich die Geister. Mehrere Akteure der Gleichstellungspolitik, die REPORTER befragte, äußern sich kritisch zum Ansatz der Ministerin Taina Bofferding (LSAP).

„Der Plan beinhaltet positive und ermutigende Aspekte, scheint jedoch eine Politik zu verfolgen, die sich hauptsächlich auf die Sensibilisierung konzentriert. Diese Bewusstseinsbildung ist sicherlich wichtig, aber nicht ausreichend, um der Gleichstellung von Frauen und Männern in einem akzeptablen Tempo näherzukommen“, schreibt etwa Anik Raskin vom Nationalrat der Frauen auf Nachfrage von REPORTER.

Ich bekomme den Eindruck, die Ministerin vermeidet tunlichst, irgendwo anzuecken. »Ainhoa Achutegui, Planning Familial

Isabelle Schmoetten von „Cid Fraen an Gender“ teilt die Einschätzung: „Um die Dauer von 308 Jahren zu reduzieren, die es laut einer Untersuchung des Europäischen Instituts für Gleichstellung bräuchte, um Gleichstellung in Luxemburg zu erreichen, können wir nicht auf konkrete und verpflichtende Maßnahmen verzichten. »

Wenige konkrete Maßnahmen

Auch Ainhoa Achutegui bedauert den vage gehaltenen Maßnahmenkatalog des Aktionsplans: „Ich bekomme den Eindruck, die Ministerin vermeidet tunlichst, irgendwo anzuecken“, sagt die Präsidentin des Planning Familial. Besonders im Kapitel zur Gleichstellung im Beruf sei das Prinzip der Freiwilligkeit nicht ausreichend. Es brauche Quoten, um der Gleichstellung der Geschlechter in Entscheidungsgremien näher zu kommen, so Achutegui.

In der Tat: Wie im Aktionsplan nachzulesen ist, werden Privatunternehmen zwar darin „ermutigt“ und „unterstützt“, mehr Frauen in Entscheidungsgremien zu berufen. Von bindenden Verpflichtungen ist allerdings nirgends die Rede. Doch gerade hier bräuchte es verpflichtende Maßnahmen, sind sich die Befragten einig.

Das zeigen die Anstrengungen der Regierung selbst: Bereits im Jahr 2015 verpflichtete sich die Regierung dazu, für einen 40-prozentigen Frauenanteil in den Direktionen und Verwaltungsräten der „Etablissements publics“ zu sorgen. Bei der letzten Auswertung des Monitoring-Berichtes von 2019 lag dieser Anteil aber weiterhin erst unter 35 Prozent – trotz direkter Einflussnahme des Staates in die Personalpolitik der Organisationen.

Kampf gegen häusliche Gewalt

Positiv hervorheben will Ainhoa Achutegui allerdings den Kampf gegen häusliche Gewalt. In diesem Punkt gebe es durchaus konkrete Maßnahmen im Aktionsplan. Auch Anik Raskin schreibt in ihrer Stellungnahme, dass zumindest von der „Unterstützung“ die Rede ist, für mehr Wohnraum für Frauen zu sorgen, die in die so genannte „zweite Phase“ eintreten. Für Frauen also, die nicht mehr auf die direkte, vor allem psychologische und medizinische Hilfe der Institutionen angewiesen sind, aber noch Unterstützung brauchen, um sich ein autonomes Leben aufzubauen.

Dass die Maßnahmen im Kampf gegen häusliche Gewalt konkretere Formen annehmen, lässt sich leicht erklären: Schließlich hat auch Luxemburg die sogenannte Istanbul-Konvention unterzeichnet – ein Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Das Kapitel im Aktionsplan ähnelt allerdings einer Zusammenfassung der Konvention, die eine Verschärfung der Strafen sowie eine Erweiterung des Opferschutzes und der Präventionsmaßnahmen vorsieht.

Gründung eines « Observatoire »

Zudem begrüßen die Organisationen einstimmig den Fokus auf den Ausbau von Datenmaterial und Studien. Besondere Erwähnung findet hier das « Observatoire de l’Egalité entre femmes et hommes », das noch dieses Jahr seine Arbeit aufnehmen soll. Hervorgehoben wird hier auch eine vom Ministerium geplante Studie zu den direkten Auswirkungen der sanitären Krise auf häusliche Gewalt und auf die Gleichstellung von Frauen und Männern.

Der Plan beinhaltet positive und ermutigende Aspekte, scheint jedoch eine Politik zu verfolgen, die sich hauptsächlich auf die Sensibilisierung konzentriert. »Anik Raskin, Conseil National des Femmes

Auch wenn Sensibilisierung alleine zumindest keine kurzfristige Verbesserung der Gleichstellung zwischen den Geschlechtern hervorbringen kann, wird allgemein begrüßt, dass die Bewusstseinsbildung in diesem Aktionsplan eine politische Priorität bleibt. « Der Nationalrat der Frauen unterstützt das Vorhaben des Ministeriums, besonders im Bereich der Erziehung und der Bildung gegen Stereotypen zu kämpfen und konkrete Maßnahmen zu verfolgen », schreibt Anik Raskin. Doch auch hier bleibt bisher offen, ob jene Maßnahmen verpflichtend in die Lehrpläne eingeschrieben werden oder vom Engagement einzelner Lehrer und dem guten Willen der Schulleitung abhängen.