Das deutsche Bundeskriminalamt nutzt eine eingeschränkte Version der Software Pegasus des israelisch-luxemburgischen Herstellers NSO. In Ungarn sind neue Beweise aufgetaucht, dass die Opposition von den Behörden überwacht wird. Die Luxemburger Regierung hält sich weiter bedeckt.
Das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) nutzt seit Herbst 2020 eine Version der Pegasus-Spähsoftware mit eingeschränkten Funktionen. Das berichtete die « Zeit » am Dienstag. Vor einem Ausschuss im Bundestag räumte das BKA die Beschaffung einer entsprechenden Softwarelösung für einen einstelligen Millionenbetrag ein. Grund seien Defizite der von deutschen Behörden selbst entwickelten « Staatstrojaner ». Der israelisch-luxemburgische Pegasus-Hersteller NSO schuf eigens eine an die deutsche Gesetzeslage angepasste Version.
Amnesty International deckte im Juli zusammen mit einem internationalen Journalistenkonsortium zahlreiche Missbräuche der Spionagesoftware auf. In mehreren Fällen wurden Journalisten, Oppositionspolitiker und ausländische Amtsträger überwacht. Französische Behörden bestätigten in mehreren Fällen die Medienberichte.
Ungarischer Verleger überwacht
NSO beteuerte immer wieder, dass Pegasus nur in Ermittlungen zu Terrorismus oder schweren Verbrechen zum Einsatz komme. Doch in Ungarn gab es noch Missbräuche im März und Mai 2020. Der ungarische Oppositionspolitiker und Verleger Zoltán Páva wurde mittels Pegasus überwacht, berichtet das Onlinemagazin « Direkt36 ».
Unabhängige Experten fanden Spuren der Software auf dem Smartphone von Zoltán Páva. Zuvor waren bereits Fälle der Überwachung in den Jahren 2018 und 2019 bekannt geworden. Ungarische Behörden sollen Pegasus seit 2018 nutzen.
Ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus unter anderem Amnesty International, Reporter ohne Grenzen und Human Rights Watch fordert Aufklärung über die Rolle von EU-Staaten bei der Verwendung von Pegasus. Die EU-Kommission müsse die Berichte zu Missbräuchen in Ungarn aufklären und klarstellen, welche Mitgliedstaaten Exportlizenzen an NSO vergeben hätten.
Verschärfte Exportregeln
Außenminister Jean Asselborn und Wirtschaftsminister Franz Fayot (beide LSAP) betonten, dass die NSO-Gesellschaften in Luxemburg keine Exportlizenzen beantragt hätten und kein Verstoß gegen die Exportbeschränkungen festgestellt worden sei. Auf den Fall der NSO-Tochter « Q Cyber Technologies », die selbst Softwareverkauf als Aktivität angibt, gingen die Minister nicht ein – obwohl die Abgeordnete Nathalie Oberweis (Déi Lénk) danach fragte.
Am Donnerstag trat eine neue EU-Verordnung zur Exportregel für sogenannte « Dual use »-Produkte in Kraft. Darunter fällt grundsätzlich auch Überwachungssoftware. Die NGOs forderten in ihrer Pressemitteilung eine schnelle und transparente Umsetzung der neuen Regeln.
Es sei zu früh, die Folgen der neuen Verordnung auf die Luxemburger Gesetzgebung und die hiesige Vergabe von Exportlizenzen einzuschätzen, antwortete das zuständige Wirtschaftsministerium auf Nachfrage von Reporter.lu. Große Veränderungen für die Regulierung von Spähsoftware sind offenbar nicht zu erwarten. Das Ministerium betont, dass die vorige « Dual use »-Verordnung bereits Ausrüstung und Software des Bereichs « Informationssicherheit » umfasst habe.
« Keine besonderen Vorkommnisse » in Luxemburg
Dass Regierungsmitglieder oder hohe Beamte in Luxemburg mittels Pegasus überwacht werden könnten, veranlasst die Regierung offenbar nicht besonders zur Sorge. Man habe keine « besonderen Vorkommnisse » bei der Sicherheitsarchitektur der staatlichen Kommunikation festgestellt.
Die explizite Frage der CSV-Abgeordneten Viviane Reding und Laurent Mosar, ob die Berichte rund um Pegasus zur einer Sicherheitsüberprüfung geführt hätten, ließen Premier Xavier Bettel und Minister Marc Hansen (beide DP) unbeantwortet. Auf Nachfrage von Reporter.lu heißt es aus dem Staatsministerium: Über die regelmäßig durchgeführten Kontrollen hinaus habe es nach den Enthüllungen rund um Pegasus keine Überprüfung gegeben.
