Die diversen Personalwechsel in der Regierung wirken sich auch auf die Ebene der hohen politischen Beamten aus. Rund ein Dutzend Regierungsräte wurden seit Mitte 2019 nominiert. Seit der Wiederwahl baut Blau-Rot-Grün den politischen Beamtenstaat kontinuierlich aus.
Ein Regierungswechsel geht nicht nur mit neuen Ministern und nachrückenden Abgeordneten einher. Auch auf der höchsten Beamtenebene dreht sich regelmäßig das Personalkarussell. Seit 2013 setzt Blau-Rot-Grün dabei verstärkt auf politische Nominierungen, wie REPORTER bereits berichtete.
In den drei Monaten nach der Wiederwahl im Oktober 2018 nominierten DP, LSAP und Déi Gréng schon rund 30 neue politische Beamte. Parallel stellte die Regierung die Weichen für einen weiteren, konsequenten Ausbau des politisierten Öffentlichen Dienstes. Per großherzoglichen Erlass wurde die maximale Anzahl der zu ernennenden politischen Beamten von 80 auf insgesamt 126 erhöht. Seit 2013, als Blau-Rot-Grün an die Macht kam, stieg diese Zahl also um mehr als 50 Prozent an.
Mittlerweile haben die Regierungsparteien die Obergrenze nahezu erreicht. Nach den großen Wellen von Nominierungen nach 2013 und 2018 wurden in den vergangenen Monaten weitere Personen über diesen Weg ernannt. Laut Recherchen von REPORTER zählen die Ministerien von Blau, Rot und Grün aktuell mindestens 104 politische Beamte – so viel wie noch nie.
Politische Beamte in Luxemburg
Sogenannte politische Beamte sind der Regierung beigeordnet. Das Gesetz bezeichnet sie als „certains fonctionnaires occupant des fonctions dirigeantes dans les administrations et services de l’Etat“. Sie werden ohne Staatsexamen von der Regierung ernannt und so ohne Umwege an die Spitze der Beamtenkarriere befördert. Die politischen Beamten unterteilen sich in fünf Dienstgrade: Administrateur Général, Premier Conseiller de Gouvernement, Conseiller de Gouvernement première classe, Conseiller de Gouvernement, Conseiller de Gouvernement adjoint. Das Grundgehalt der „Conseillers“ variiert je nach Grad und Dienstalter zwischen 7.000 und 12.000 Euro pro Monat. Aktuell trägt keiner der Beamten den Grad « Administrateur Général ».
Die politischen Nominierungen werden von der jeweiligen Opposition immer wieder kritisiert. Nicht zuletzt wegen dem Eindruck, dass über diesen Weg loyale Parteimitglieder im höheren Staatsdienst „platziert“ werden. Das Gegenargument lautet: Jeder Minister brauche eine gewisse Anzahl von Vertrauten, die sich in den Ministerialverwaltungen um die politische Verfolgung der Dossiers kümmern.
Zudem sind nicht alle politischen Beamten parteipolitisch aktiv. Manche werden auch für langjährige Verdienste in einem Ministerium über diesen kurzen, aber eben politischen Dienstweg befördert. Gleiches gilt für die eher punktuell stattfindende Nominierung von parteipolitisch unbefleckten Experten aus der Privatwirtschaft. Eine gesetzlich klarere Unterscheidung zwischen politischen Beamten und anderen Nominierungen scheuten die Regierungen in der Vergangenheit – unabhängig von ihrer politischer Couleur.
Öffentlicher Dienst und Parteipolitik
In der Tat sind in der Vergangenheit einige Personen an herausragende Stellen der Verwaltungen berufen worden, die aktive Mitglieder einer Regierungspartei sind. Diese Praxis wurde auch nicht erst mit dem Regierungswechsel von 2013 erfunden. Blau-Rot-Grün praktiziert die politischen Nominierungen aber öfter und konsequenter als je eine Regierung zuvor.
Die offensichtlichsten Beispiele der vergangenen Jahre waren etwa die Nominierungen von Ex-Ministerin Maggy Nagel (DP) zur « Première Conseillère de Gouvernement » im Wirtschaftsministerium sowie von Ex-Staatssekretärin Francine Closener (LSAP), die mittlerweile wieder als Abgeordnete der Sozialisten ins Parlament nachgerückt ist. Hinzu kommen eine Reihe von ehemaligen Fraktionsmitarbeitern, Beratern von Politikern oder auch aktiven Gemeindepolitikern, die über diesen Weg hohe Beamtenehren erlangten.
Zu den jüngsten politischen Nominierungen zählen Christophe Reuter (Déi Gréng, « Premier Conseiller de Gouvernement » im Ministerium für Mobilität und öffentliche Arbeiten), der ehemalige Kommunikationsberater Thomas Schoos (Sprecher und « Conseiller de Gouvernement » im Umweltministerium), Stéphanie Goerens (DP, « Conseillère de Gouvernement première classe » und Sprecherin im Familienministerium), Anouk Agnes (frühere ALFI-Direktorin, Conseillère de Gouvernement première classe im Staatsministerium) sowie Christophe Schiltz, der für die LSAP im Staatsrat sitzt und künftig als « Coordinateur général » im Kooperationsministerium seines Parteifreundes Franz Fayot arbeitet.
Alle Nominierungen seit Mai 2019 im Überblick
- Laurent Mertz (Premier Conseiller de Gouvernement, Gesundheitsministerium)
- Vincent Thurmes (Premier Conseiller de Gouvernement, Finanzministerium)
- Christophe Reuter (Premier Conseiller de Gouvernement, Mobilitätsministerium)
- Samuel Weissen (Premier Conseiller de Gouvernement, Mobilitätsministerium)
- Anouk Agnes (Conseillère de Gouvernement première classe, Staatsministerium)
- Nima Ahmadzadeh (Conseiller de Gouvernement première classe, Finanzministerium)
- Stéphanie Goerens (Conseillère de Gouvernement première classe, Familienministerium)
- Anne Heniqui (Conseillère de Gouvernement, zunächst im Bildungs-, jetzt im Gesundheitsministerium)
- Véronique Bruck (Conseillère de Gouvernement, Justizministerium)
- Pascale Arend (Conseillère de Gouvernement, Bildungsministerium)
- Thomas Schoos (Conseiller de Gouvernement, Umweltministerium)
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