Wer in Luxemburg ankommt und eine Wohnung sucht, ist oft auf möblierte Zimmer angewiesen. Vor allem ein Anbieter dominiert den Markt und profitiert dabei von einer gesetzlichen Besonderheit. Allerdings häufen sich Beschwerden über fragwürdige Praktiken.

« Wenn ich dem Ganzen etwas Positives abgewinnen sollte, dann Folgendes: Die Erfahrung schafft eine Leidensgemeinschaft, aus der echte Freundschaften entstehen können », resümiert Sarah* ihre Erlebnisse mit dem Zimmervermieter « Furnished.lu ». Die heute 32-jährige Kanadierin kommt 2018 nach Luxemburg, um eine Stelle bei einer großen internationalen Organisation anzutreten. Allein und auf Wohnungssuche, stellt sie schnell fest, dass wohl nur ein möbliertes Zimmer ihrem Budget entspricht. Fast zwangsläufig stößt sie dabei auf Angebote des größten Anbieters in Luxemburg: Furnished.lu.

« Ich will nicht verallgemeinern, denn es gibt sicherlich auch Leute, die gute Erfahrungen gemacht haben. Bei mir ist es jedoch so, dass ich nicht eine schlechte Erfahrung mit der Firma gemacht habe, sondern fünf », sagt Sarah. Zwischen 2018 und 2019 wohnt die junge Frau in fünf verschiedenen Zimmern des Anbieters und immer scheint es irgendein Problem zu geben. « Mal ging das Licht im Bad nicht, dann jenes im Treppenhaus. Die Putzfirma kam nicht wöchentlich, wie eigentlich versprochen, sondern nur ein einziges Mal. Immer war irgendetwas. » Das eigentliche Problem sei aber die Kommunikation gewesen. « Man wird einfach allein gelassen und hingehalten, ohne dass die Probleme behoben werden, » erzählt Sarah.

Besonders in Erinnerung geblieben ist der jungen Angestellten eine Episode in Limpertsberg. Dort zieht sie 2019 in ein Wohnhaus, das sie mit elf anderen Bewohnern teilt. Eigentlich. Denn beim Einzug stellt sie fest, dass sich eine Person mehr als vorgesehen in der Wohnung aufhält. « Wir hatten einen mutmaßlich illegalen Mitbewohner, der quasi in der Küche wohnte », sagt die Kanadierin. Daraufhin habe man die Agentur wiederholt kontaktiert, diese habe jedoch erst reagiert, als man damit gedroht habe, die Polizei einzuschalten.

Ein Fast-Monopol in der Nische

Ähnliche Erfahrungen machte Tom* bei seinem Kontakt mit Furnished.lu im Spätsommer vergangenen Jahres. Der 31-Jährige arbeitet für einen großen Finanzdienstleister in Luxemburg. Im September bezieht er ein Zimmer in einem Wohnhaus in Neudorf. Er ist einer von sechs Mietern in dem Gebäude. Doch schon kurz nach seinem Einzug will Tom wieder ausziehen. « Das Badezimmer und die umliegenden Räumlichkeiten waren feucht. Die Wand hinter der Toilette war voller Schimmel. Ich hatte in der Vergangenheit Probleme mit allergischen Reaktionen und das Atmen fiel mir schwer in der Wohnung », schildert Tom seine Erfahrungen.

Man muss sich auf die Fotos auf der Homepage verlassen. Eine Besichtigung der Wohnung vor dem Einzug ist nicht möglich. Man mietet also quasi die Katze im Sack. »Eine ehemalige Kundin von Furnished.lu

Am 17. September weist er Furnished.lu auf die Probleme hin. Der Mailverkehr liegt Reporter.lu vor. Knapp eine Woche später wartet der junge Mann noch immer auf eine Antwort. In der Zwischenzeit ist er auf eigene Kosten in ein Hotel gezogen. Erst am 27. September meldet sich eine Mitarbeiterin bei Tom. Man wolle sich um das Problem kümmern und werde Tom auf dem Laufenden halten. Eine Alternativunterkunft wird ihm nicht angeboten. Heute, mehr als ein halbes Jahr später, wurde dem jungen Mann zudem nur ein Teil seiner Kosten erstattet.

Auf die Frage, wieso das Unternehmen mit so einem Verhalten durchkommt, hat Tom eine einfache Antwort: « Die Firma hat quasi das Monopol. Wer neu in Luxemburg ist und kurzfristig ein Zimmer für die Übergangszeit sucht, kommt an Furnished.lu nicht vorbei. Und viele ihrer Kunden bleiben ja auch nicht in Luxemburg. Sie sind nur kurz hier, etwa weil sie ein Praktikum in der Finanzindustrie machen. »

Geschäftsführung gelobt Besserung

Jean-Charles Weiss, Geschäftsführer von Furnished.lu, hört nicht zum ersten Mal von solchen negativen Feedbacks. Im Gespräch mit Reporter.lu räumt der Manager auch ein, dass es in der Vergangenheit zu Problemen gekommen sei. « Wir sind uns bewusst, dass es beim technischen Dienst und bei der Reinigung der Wohnungen Verbesserungsbedarf gibt. Deshalb haben wir die Teams dieses Jahr bereits deutlich verstärkt und sogar fast verdoppelt. »

Auf den konkreten Fall in Neudorf angesprochen, erklärt Jean-Charles Weiss: « Der Fall war etwas komplizierter, da es sich um ein strukturelles Problem in dem Gebäude handelte und der Besitzer die Reparaturen nicht sofort durchführen lassen wollte. Wir haben das dann auf eigene Rechnung reparieren lassen und heute sind alle Schäden behoben. »

Doch für Insider kommen die Beschwerden nicht von ungefähr. Das Geschäftsmodell von Furnished.lu versteht sich als vermeintlich günstige Alternative zum regulären Wohnungsmarkt. Günstig ist dabei ein relativer Begriff. Für 900 Euro im Monat gibt es etwa ein Zimmer von zehn Quadratmetern in Gasperich. Darin sind laut der Webseite ebenso ein schneller Internetanschluss enthalten wie die Nutzung von Gemeinschaftsräumen und die Nebenkosten. Das Mehrfamilienhaus liege in einem vollständig renovierten Altbau und beherberge « (…) 16 tastefully decorated and furnished individual rooms. » Das Angebot richte sich dabei an « young professionals only », ein Anspruch, dem die Webseite Nachdruck verleiht mit dem Disclaimer « No couples, students or pets ».

Gesetzliche Vorteile

Furnished.lu ist ein Ableger von « Altea Immobilière ». Hinter der Immobilienfirma steht die Unternehmerin Carole Caspari, die das Geschäftsmodell 2007 erstmals erprobte. Für ihren Gründergeist wurde sie 2015 von der « Banque Internationale à Luxembourg » zur « Woman Business Manager of the Year » gekürt. Was mit einigen Einheiten in Luxemburg-Stadt begann, entwickelte sich zu einem florierenden Geschäft mit kleinen Zimmerwohnungen. Furnished.lu betitelt sich selbst als « No1. de la location meublée ». Auf ihrer Website wirbt die Firma mit den Logos von unter anderem « KPMG », « EY » und « ING ». Eigenen Angaben zufolge vermietet der Anbieter rund 1.000 Zimmer an rund 3.000 Kunden im Jahr.

Ein Wohnhaus von Furnished.lu: Auf verschiedenen Plattformen finden sich einige unzufriedene Ex-Kunden, die desolate Wohnverhältnisse und schlechten Service anprangern. (Foto: Eric Engel)

Lukrativ wird das Geschäftsmodell dabei auch durch eine gesetzliche Besonderheit. Denn während bei Wohnungen und Häusern die Maximalhöhe der jährlichen Miete bei fünf Prozent des investierten Kapitals liegt, darf bei einem möblierten Zimmer das Doppelte verlangt werden, also zehn Prozent der Investitionssumme. Hinzu kommt, dass bei Furnished.lu die Grenzen zwischen persönlicher Vermögensverwaltung und kommerzieller Aktivität in der Vergangenheit zum Teil verschwammen. Denn ein Teil der Zimmer, die die Gesellschaft verwaltet, befindet sich in Häusern, deren rechtliche Besitzerin die Firmengründerin selbst ist.

Sieben Häuser waren 2018 über eine sogenannte « Société Civile Immobilière » (SCI) auf Carole Caspari angemeldet. Daraus ergaben sich rund 98 Zimmer, die über Furnished.lu vermietet wurden. Eine Praxis, die 2020 auch die Gerichte beschäftigte, wie Reporter.lu damals berichtete. Denn die Steuerverwaltung meldete Zweifel daran an, dass die Mieteinnahmen aus den Zimmern bloß einen privaten Vermögensgewinn darstellen und als solche von steuerlichen Vergünstigungen profitieren dürften. Das Argument der Behörden: Da die Zimmer über eine gewerbliche Plattform vermietet würden, handele es sich bei den Gewinnen ebenfalls um Firmengewinne, die dementsprechend zu versteuern seien. Eine Sichtweise, der das Gericht in erster Instanz zum Großteil folgte.

Ministerium als Anlaufstelle

Mietrechtlich unterscheiden sich möblierte Zimmer jedoch nicht grundlegend von anderen Wohnungen. Das betont auf Nachfrage von Reporter.lu auch Fabio Spirinelli von « Mieterschutz asbl ». Auch der gemeinnützige Verein wurde eigenen Angaben zufolge bereits von Kunden von Furnished.lu kontaktiert, die auf Missstände hinweisen wollten. Unter anderem ging es dabei um Mietkautionen, die nicht zurückbezahlt wurden, und Wohnungen, die nicht den versprochenen Leistungen entsprachen, so Fabio Spirinelli. Generell rät der Mieterschutzverein dazu, sich die Wohnungen oder Zimmer vor dem Einzug anzusehen. Sei dies nicht möglich, könne man dies bereits als Signal deuten, den Anbieter zu vermeiden.

Auch das Wohnungsbauministerium betont auf Nachfrage, dass die Zimmervermietung genauso unter das Mietrecht falle wie die Vermietung einer regulären Wohnung. Zudem soll seit 2019 das sogenannte « Café-Zimmer-Gesetz » die Vermietung von möblierten Zimmern besser regeln. Seitdem gelten klare Hygienestandards bei der Vermietung von Zimmern und diese können vom Bürgermeister einer Gemeinde bei Verstößen geschlossen werden. « Es werden regelmäßig Zimmer wegen ihres schlechten hygienischen Zustands geschlossen. Wir haben aber keine genauen Zahlen, wie oft das passiert », erklärt eine Sprecherin des Ministeriums gegenüber Reporter.lu.

Ich glaube, einer unserer Fehler war, dass wir nicht mehr ins Marketing investierten. Wir haben es schlicht versäumt, dass jene Mieter, die zufrieden mit uns sind, das auch öffentlich sagen. »Jean-Charles Weiss, CEO von Furnished.lu

Explizit auf die Plattform Furnished.lu angesprochen, erklärt die Sprecherin, dass dem Ministerium kein Verstoß gegen das Gesetz durch die Firma bekannt sei. Lediglich in einem Fall sei das Ministerium bisher im Zusammenhang mit Furnished.lu kontaktiert worden. « Dabei ging es um die Höhe der Miete und darum, dass das Zimmer angeblich nicht in einem guten Zustand war », so die Sprecherin. Personen, die ein möbliertes Zimmer mieten wollen, rät das Ministerium generell dazu, Zustand und Schäden im Zimmer sofort zu dokumentieren und diese schnellstmöglich dem Vermieter mitzuteilen. Sollte es sich dabei um größere Verstöße handeln, sollen Betroffene sich zudem direkt an das Wohnungsbauministerium wenden.

Jean-Charles Weiss, CEO von Furnished.lu, erklärt auf Nachfrage, dass die Hauptstadt im Schnitt jährlich vier bis fünf Kontrollen in Wohnungen, die von Furnished.lu angeboten werden, durchführe. Den Ausschlag für die Kontrollen gäben dabei fast ausschließlich falsche Zahlen zur Belegung der Wohnungen. « Zu Kontrollen kommt es meistens, weil unsere Mieter nach ihrem Aufenthalt bei uns vergessen, sich wieder bei der Gemeinde abzumelden. Dann sieht es für das Bürgeramt so aus, als ob 20 Personen in einem unserer Objekte wohnen, wenn es in Wirklichkeit nur zehn oder zwölf Personen sind », erklärt Jean-Charles Weiss. Die Stadt Luxemburg ließ eine Anfrage von Reporter.lu bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Probleme bei der Anmeldung

Wie die Anmietung eines Zimmers bei Furnished.lu in der Praxis abläuft, das weiß auch Stéphanie*. Die Wirtschaftsprüferin hatte im Herbst 2021 ebenfalls ein Zimmer bei Furnished.lu gemietet und einen Vertrag bis Januar 2022 abgeschlossen. « Der ganze Prozess läuft über die Internetplattform. Man bucht ein Zimmer und muss sich dabei auf die Fotos auf der Homepage verlassen. Eine Besichtigung der Wohnung vor dem Einzug ist nicht möglich. Man mietet also quasi die Katze im Sack. »

Auch Stéphanie hatte mehrere Gründe, sich über die Wohnverhältnisse zu beschweren. « Das größte Problem gab es aber, als ich mich bei der Gemeinde anmelden wollte », erzählt sie. Das Bürgeramt teilt ihr damals mit, dass für die Wohnung, in der sie ein Zimmer mietet, nie eine Genehmigung zur Vermietung beantragt wurde. Demnach könne auch nur eine Person auf diese Adresse eingetragen werden und die anderen Zimmer seien « illegal », wie ein Mitarbeiter der Stadt in einer Email betont. Dadurch könne sie nicht in das « Nationale Register natürlicher Personen » eingetragen werden, das sie unter anderem für ihre Krankenversicherung brauche.

Stéphanie beschließt daraufhin, ihr Mietverhältnis frühzeitig aufzulösen und zur Monatsmitte zu kündigen – so wie es im Vertrag steht, den Reporter.lu einsehen konnte. In einem Schreiben an Furnished.lu begründet die Frau ihre Kündigung und fordert die Betreiber auf, ihr den Restbetrag sowie ihre Kaution zu erstatten, insgesamt deutlich über 1.000 Euro. Bis heute wartet sie auf das Geld. Mittlerweile wohnt sie gemeinsam mit ihrem Freund in Grenznähe in Deutschland.

Wenige Quadratmeter für 850 Euro im Monat: Das Geschäftsmodell von Furnished.lu setzt auf Expats oder sonstige Neuankömmlinge, die auf Luxemburgs Wohnungsmarkt sonst kaum Chancen hätten. (Foto: Mike Zenari)

Für Jean-Charles Weiss handelt es sich um einen weiteren Sonderfall. « In der Tat gab und gibt es in Esch Probleme, was die Anmeldung bei der Gemeinde betrifft. Wir versuchen seit einiger Zeit, mit der Stadt eine Lösung für das Problem zu finden, allerdings bisher größtenteils ohne Erfolg », erklärt der CEO von Furnished.lu. Auch bei der Erstattung von Kautionen stellt der Unternehmer Besserung in Aussicht. Zudem würden die jüngsten Zahlen zu diesem Jahr belegen, dass 92 Prozent der Mieter ihre Kaution zurückerhalten würden, so der Geschäftsführer. Die anderen Fälle seien zum Großteil darauf zurückzuführen, dass die Mieter vergessen hätten, ihre Kontodaten zu hinterlegen.

Auf die vielen negativen Online-Bewertungen zu Furnished.lu angesprochen, relativiert Jean-Charles Weiss: « Wir haben rund 3.000 Mieter im Jahr, bekommen aber nur etwa 40 Bewertungen auf Google. Natürlich ist es schade, dass deswegen ein negativer Eindruck entsteht, aber ich glaube das Bild ist verzerrt und unsere Kunden sind generell zufriedener, als es die Kommentare wiedergeben. » Dies würden auch interne Zufriedenheitschecks belegen, denen zufolge die Kunden von Furnished.lu ihren Aufenthalt im Schnitt mit 14 von 20 möglichen Punkten bewerten würden, so der Geschäftsführer.

« Ich glaube, einer unserer Fehler war, dass wir nicht mehr ins Marketing investierten. Wir haben es schlicht versäumt, dass jene Mieter, die zufrieden mit uns sind, das auch öffentlich sagen. Denn das ist die Mehrzahl », betont Jean-Charles Weiss abschließend.


* Name wurde von der Redaktion geändert.


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