„Der Staat hat eine Entscheidung getroffen, für die er gar nicht zuständig ist“, sagt Marc Thewes und meint damit das Verbot des Herbizids „Glyphosat“ in Luxemburg. Vor dem Verwaltungsgericht vertritt der Anwalt die Interessen von „Bayer“. Der Chemiekonzern hat Berufung gegen den Beschluss der Regierung eingelegt, den Verkauf von auf Glyphosat basierenden Mitteln zu untersagen, wie Reporter.lu bereits im Frühjahr 2021 berichtete.
Das Glyphosat-Verbot trat im Januar 2021 in Kraft. Es war bereits im Koalitionsabkommen so festgehalten. Marc Thewes spricht von einer politischen Entscheidung, von einem „Traum der grünen Partei“, den diese durchgesetzt habe, ohne dass man sich über die rechtliche Basis Gedanken gemacht habe, so der Anwalt am Montag vor Gericht.
Es obliege nämlich nicht einem einzelnen Staat, eine „Substance active“ wie Glyphosat zu verbieten, erklärte Marc Thewes. Das falle in den Zuständigkeitsbereich der Europäischen Union. In Brüssel sei ein gänzliches Verbot von Glyphosat weiterhin Gegenstand von Diskussionen, sodass dem Luxemburger Staat die Grundlage fehle, einzelnen Produkten die Zulassung zu verwehren.
Genau darum geht es in diesem juristischen Streit: Im benachbarten Belgien sind acht Bayer-Produkte auf Glyphosat-Basis zugelassen. Durch eine gegenseitige Anerkennung („Reconnaissance mutuelle“) besteht dafür auch in Luxemburg die Möglichkeit, sodass Bayer auch hierzulande eine Zulassung beantragt hatte. Diese wurde jedoch vom Luxemburger Staat verwehrt. Das ohne eine ausreichende Begründung, so die Kritik der Gegenseite.
Der Staat berufe sich auf die Regierungserklärung, was eine sehr « wackelige », weil unzureichende Argumentation sei, so Anwalt Marc Thewes. Luxemburg habe es versäumt, dem Bayer-Konzern konkret mitzuteilen, worauf die Zulassungsverweigerung basiere. Zudem sei das Prinzip der Proportionalität nicht respektiert worden: Statt eines kompletten Glyphosat-Verbots seien etwa Einschränkungen bei Verkauf und Einsatz möglich gewesen.
Der Anwalt des Staates, Patrick Kinsch, sieht das Prinzip der Proportionalität durchaus gewahrt. „Wenn Risiken bestehen, dann muss gehandelt werden“, sagte er vor Gericht und verwies auf ein anderes, in seinen Augen wesentliches, Prinzip – jenes der Vorsorge („Principe de précaution“).
Das Verbot oder die Verweigerung einer Zulassung betreffe auch nicht die Substanz Glyphosat an sich, sondern Produkte, in denen dieses in Kombination mit anderen Wirkstoffen auftrete. Patrick Kinsch sprach von „Cocktails“, die eine Gefahr für die Umwelt und die öffentliche Gesundheit darstellen könnten.
Luxemburg habe diesbezüglich eine „mutige Entscheidung“ getroffen, so der Anwalt. Dass der Staat in seiner Begründung Bayer gegenüber präziser hätte sein können, räumte er ein. Jedoch würde dies das Vorgehen nicht falsch oder fehlerhaft machen. Ob die Richter das auch so sehen, wird das Urteil zeigen. Dieses dürfte in den kommenden Wochen ergehen. (GS)
