Im August erhielten zehntausende Gesellschaften und Vereinspräsidenten Post vom Handelsregister. Sie haben es versäumt, sich in das neue « Registre des bénéficiaires effectifs » einzutragen. Nun wurde die Frist verlängert – was aber auch Fragen aufwirft.

Donnerstag, 29. August, 12.30 Uhr: Die Redaktionen des Landes erreicht eine Pressemitteilung des « Luxembourg Business Register » (LBR). Das ganze Dokument umfasst drei Sätze. Die « administrative » Frist, um Gesellschaften im « Registre des bénéficaires effectifs » einzutragen, werde um drei Monate verlängert, so die lakonische Botschaft.

Allerdings wurde mit dieser aufgeschobenen Deadline die herrschende Unsicherheit höchstens verlagert. Denn die ganze Ambivalenz liegt in dem Wörtchen « administrativ ». Die gesetzliche Frist, jene Personen in das Register einzutragen, die ein Unternehmen, einen Fonds oder eine Asbl kontrollieren, lief am Samstag, dem 31. August ab. Jene Gesellschaften oder Vereine, die dies bisher versäumt haben, haben diese Frist missachtet, stellt LBR-Direktor Yves Gonner klar.

Und das sind viele: Bis zum 31. August waren nur knapp 65.000 der insgesamt 129.000 Strukturen von Sàrl bis Asbl ihrer Pflicht nachgekommen, so Gonner. Das ist etwas mehr als die Hälfte aller betroffenen Organisationen.

Eine wirkungslose Drohkulisse

Dem Wortlaut des Gesetzes zufolge hat sich nur eins geändert: Bis zum 30. November bleibt die Eintragung der « bénéficiaires effectifs » kostenfrei. Das LBR hätte auch nichts anderes entscheiden können. Denn es ist keine Verwaltung, sondern ein « Groupement d’intérêt économique » von Staat, Handelskammer und Handwerkskammer.

Zwischen den Zeilen ist die Entscheidung aber ein Waffenstillstand. Als das entsprechende Gesetz Anfang des Jahres in Kraft trat, wurde oft auf die empfindlichen Strafen von bis zu 1,25 Millionen Euro verwiesen. Sie drohen jenen Gesellschaften, die ihren Pflichten nicht nachkommen. Beeindruckt hat das aber längst nicht alle.

Doch die Strafe droht nur, wenn die fehlerhafte Gesellschaft der Justiz gemeldet wird und die dann auch eine Verfolgung für opportun hält. Mindestens bis zum 30. November werde das nicht passieren, ist sich der Anwalt und Anti-Geldwäsche-Experte Thierry Pouliquen sicher. Außerdem sehe das Gesetz keine strafrechtlichen Folgen für die erste Einschreibung nach dem Inkrafttreten vor, betont er im Gespräch mit REPORTER.

Änderung des Gesetzes keine Option

Die verlängerte Frist ist für alle Beteiligten ein praktischer Ausweg – eine typische Lösung « à la luxembourgeoise ». Das Gesetz und die entsprechende Verordnung zu ändern, war wohl keine Option: Es hätte ausgesehen, als wolle Luxemburg seinen europäischen Pflichten im Kampf gegen Geldwäsche nicht nachkommen, so Pouliquen. Dazu kommt, dass Luxemburg bereits die in der EU-Richtlinie vorgesehene Deadline verpasst hatte, um das Register überhaupt einzuführen.

Doch auch so sorgte die Entscheidung des LBR für Irritationen. Warum das Reglement missachtet werde, das ausdrücklich eine kostenpflichtige Einschreibung vorschreibt, nachdem die Frist verstrichen ist, fragt der Abgeordnete Sven Clement (Piraten). Das zuständige Justizministerium äußerte sich dazu noch nicht.

Eine Verschnaufpause und dann?

Gleichzeitig ist nun der Druck für mehrere Monate raus. Vergangene Woche trugen sich tausende Gesellschaften im Register ein. Das LBR verstärkte das zuständige Team und schaffte es trotzdem nicht mehr, die Anfragen zeitnah zu behandeln. Der Helpdesk des Registerbetreibers ist komplett überlastet. Nach der angekündigten Fristverlängerung sei die Zahl der Einschreibungen allerdings zurückgegangen, sagt Yves Gonner. Er erwartet, dass die Lage sich schnell normalisiert.

Den 30. November bezeichnet der LBR-Direktor als allerletzte Frist. Man habe Verständnis, dass nicht in allen Fällen die bisherigen sechs Monate ausgereicht hätten, um zu klären, wer der wirtschaftliche Berechtigte einer Gesellschaft ist. Pouliquen glaubt, dass selbst die zusätzlichen drei Monaten nicht für alle reichen werden.

Doch was passiert danach? Werden dann Strafen verhängt? « Für Dezember haben wir noch keine Pläne », antwortet Yves Gonner. Es wird allerdings ein weiterer Brief an die säumigen Gesellschaften vor dem 30. November verschickt.

Ein Umbruch mit begrenzten Folgen

Die Register der wirtschaftlichen Eigentümer wurden auf EU-Ebene in Folge der « Panama Papers » als wichtiges Mittel im Kampf gegen Steuervermeidung und Geldwäsche verkauft. Zumindest was die Geldwäsche angeht, ist nicht klar, ob die Wirkung enorm sein wird. Denn den Begriff « bénéficiaires effectifs » gibt es in Luxemburg seit 15 Jahren, wie Yves Gonner betont. Zwischen den Zeilen: Eine Eintragung im Register müsste einfach sein.

Doch im Rahmen der Anti-Geldwäsche-Bestimmungen hatte jede Berufsgruppe ihre eigenen Methoden den « bénéficiaire » zu ermitteln, so der Experte Thierry Pouliquen. Nun müsse man eine gemeinsame Definition finden. Und das sei nicht so einfach.

Anwälte, Notare und Buchhalter müssen eigentlich längst wissen, wer sich hinter einer Firma verbirgt. Sie sind sogar verpflichtet, diese Information zu dokumentieren. Die professionellen Dienstleister müssen dies auf Anfrage der « Cellule du renseignement financier » (CRF) mitteilen. In vielen Fällen werden die Behörden im Register also nichts finden, was sie nicht schon wissen. Das erklärt auch, warum die deutschen Ermittler nur 144 Anfragen in über zwei Jahren an das dortige Register stellten, wie der « Spiegel » berichtete.

Doch anders als in Deutschland hat in Luxemburg jedermann Zugriff auf das Register. Das freut Journalisten und interessierte Bürger. Wenn denn die Informationen irgendwann komplett sind.


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