Recherchen von REPORTER offenbarten Lücken im Umgang der Abgeordneten mit ihren Nebeneinkünften. Manche Betroffene wollen nun nachbessern. Zudem drängt sich eine Reform des Verhaltenskodex für Parlamentarier auf, um die finanzielle Transparenz zu erhöhen.
Nicht alle Mitglieder des Luxemburger Parlaments kommen ihrer Pflicht nach, alle ihre Nebeneinkünfte offen zu legen. Zudem sind die Regeln, die sich das Parlament seit 2014 in dieser Hinsicht gibt, in manchen Punkten unzureichend klar. Das sind zwei Befunde der jüngsten Recherche von REPORTER zu den finanziellen Interessen der Abgeordneten.
In Reaktion auf die Veröffentlichung unserer Recherche haben einige Abgeordnete nun angekündigt, ihre Erklärungen zu ihren Nebeneinkünften zu aktualisieren. Dazu sind sie laut Verhaltenskodex ohnehin verpflichtet. Mit der Kontrolle hapert es jedoch. Man könne die Parlamentarier nur auf Lücken in ihren « Déclarations d’intérêts financiers » hinweisen, wenn diese der Öffentlichkeit bekannt seien, lautet die Position der Verwaltung der Abgeordnetenkammer.
Präziserer Verhaltenskodex überfällig
An dieser Stelle ist man nun in manchen Fällen einen Schritt weiter. Lydie Polfer hat etwa am Montag eine neue Erklärung im Parlament eingereicht. Dort sind jetzt in der Tat die bis dahin fehlenden Einkommensquellen (Verwaltungsrat von Luxtram, zwei Immobiliengesellschaften) der DP-Abgeordneten vermerkt.
Auch andere Parteien haben sich mit dem Thema neu beschäftigt. Laut Yves Cruchten (LSAP) ist eine Anpassung der seit 2014 geltenden Regeln überfällig. « Das aktuelle Regelwerk führt zu ungefähren Angaben und bietet viel zu viel Raum für Spekulationen », sagt der Abgeordnete. Der wahrscheinliche neue Parteichef der Sozialisten setzt sich demnach für eine grundlegende Reform des Verhaltenskodex in diesem Punkt ein.
Nicht jeder muss sich gleich nackt ausziehen, wenn er in die Chamber gewählt wird. »Yves Cruchten, LSAP-Abgeordneter
Yves Cruchten ist schon seit längerem ein Verfechter eines transparenteren Umgangs mit den Nebeneinkommen von Abgeordneten. Der LSAP-Politiker gibt als einer der wenigen Parlamentarier in seiner Erklärung genaue Geldbeträge an. Zudem veröffentlicht er sein gesamtes Netto-Einkommen auf den Cent-Betrag genau auf seiner persönlichen Homepage, Links auf Auszüge seiner Steuererklärung inklusive. Cruchten gehört wohlgemerkt nicht ansatzweise zu den Topverdienern im Parlament.
Nicht alle seine Kollegen im Parlament müssten so weit gehen wie er, sagt Yves Cruchten. « Nicht jeder muss alle Besitzverhältnisse angeben. Nicht jeder muss sich gleich nackt ausziehen, wenn er in die Chamber gewählt wird. » Dennoch müsse der aktuelle Kodex angepasst werden. Er wolle sich innerhalb seiner Fraktion und darüber hinaus dafür einsetzen, dass zumindest die regelmäßigen Einkommen der Parlamentarier transparent und für jeden verständlich aufgelistet werden, so der LSAP-Generalsekretär. Andere Länder seien da um einiges weiter als Luxemburg.
Konsens bei punktueller Anpassung
Auch Josée Lorsché (Déi Gréng) plädiert für eine Reform des geltenden Regelwerks. « Im Moment haben wir es mit einem Mischmasch von Angaben zu tun, die für die Öffentlichkeit und selbst für manche Politiker schwer nachzuvollziehen sind », sagt sie. Die Erklärungen zu den finanziellen Interessen, die bisher nur ungefähre Auskünfte umfassen, müssten präziser und die Kontrolle durch die Parlamentsverwaltung konsequenter werden, fordert die Fraktionschefin der Grünen.
Laurent Mosar (CSV) spricht sich dafür aus, dass man die Regeln für die Offenlegung der Nebeneinkünfte zumindest in einem Punkt anpassen sollte. So seien Parlamentarier bisher nur verpflichtet, den Bezug einer « Pension spéciale » oder eines « Traitement d’attente » aus dem Öffentlichen Dienst im entsprechenden Formular zu vermerken. Ein « Congé politique » oder die Zahlung einer Kompensation für Selbstständige oder Berufslose müssen aktuell nicht angegeben werden.
Das sollte man im Sinne einer größeren Transparenz nach außen und von mehr Gerechtigkeit zwischen den Abgeordneten künftig anders handhaben, fordert Laurent Mosar. Er werde deshalb im Vorstand der Abgeordnetenkammer vorschlagen, dass für diese beiden Einkommensquellen in Zukunft eigene Felder im Formular vorgesehen werden, die die Parlamentarier ausfüllen müssen. Auch die befragten Vertreter von LSAP und Déi Gréng signalisieren an dieser Stelle ihre Zustimmung.
Beim Thema « Société civile immobilière » (SCI) äußert sich Laurent Mosar dagegen zurückhaltender. « Ich hätte kein Problem, das offen zu legen und werde mir das überlegen », so der CSV-Abgeordnete, der Teilhaber einer solchen Immobiliengesellschaft des bürgerlichen Rechts ist, diese bisher aber nicht in seiner Erklärung angibt. Anders handhaben dies etwa die Parlamentarier Stéphanie Empain (Déi Gréng) und Parlamentspräsident Fernand Etgen (DP) – sowie seit Montag Lydie Polfer (DP).
Anhaltende Spielräume zur Interpretation
Generell herrschen unterschiedliche Interpretationen des Verhaltenskodex für Abgeordnete vor. Laurent Mosar sieht etwa nur eine Pflicht, etwas anzugeben, wenn daraus tatsächlich zählbare Einnahmen resultieren. Anteile an einer Firma, etwa einer SCI, gehören für ihn nicht unbedingt dazu. Der Ethikrat des Parlaments sieht das jedoch anders und zählt jegliche Kapital- oder Personengesellschaften zum Anwendungsbereich des Kodex dazu.
Der Verhaltenskodex lässt in dieser Frage aber tatsächlich Interpretationsspielraum zu. Zwar müssen Parlamentarier demnach Beteiligungen an Unternehmen angeben. Aber nur, wenn diese einen möglichen Einfluss auf die « politique publique » haben können. Oder wenn eine Beteiligung dem Abgeordneten einen « wesentlichen Einfluss » auf die Geschäfte der Organisation ermöglicht. Beides ist demnach – ob bewusst oder nicht – schwammig gehalten.
Im Moment haben wir es mit einem Mischmasch von Angaben zu tun, die für die Öffentlichkeit und selbst für manche Politiker schwer nachzuvollziehen sind. »Josée Lorsché, Fraktionschefin von Déi Gréng
Laut Yves Cruchten liegt ein Grund für diese und andere Unklarheiten darin, dass sich Luxemburgs Parlament eben erst seit einigen Jahren überhaupt mit der Problematik beschäftigt. Es sei wohl auch « eine Frage der politischen Kultur ». « Bisher wurde sich im Parlament jedenfalls nicht viel mit der Frage der finanziellen Transparenz beschäftigt », so der LSAP-Abgeordnete.
Ein offener Umgang mit dem Verdienst von Abgeordneten liege letztlich im eigenen Interesse der Parlamentsmitglieder. Er wünsche sich « méi Transparenz wat d’Akommes vun de Politiker betrëfft » und hoffe, « dass duerch méi Oppenheet an dëser Fro eng Diskussioun wou Näid a Mëssgonscht dominéieren ka verhënnert ginn », schreibt Yves Cruchten auf seiner Homepage.
Diesen Eindruck teilt auch Josée Lorsché. Man müsse den negativen Vorurteilen über Berufspolitiker selbstbewusst entgegen treten. Die grüne Fraktion habe deshalb rezent eine Reform im Rahmen der generellen Modernisierung des Chamber-Reglements ins Spiel gebracht. Konkrete Forderungen nennt sie zwar keine. Doch die Tatsache, dass sich die Medien mit dem Thema beschäftigen, sei « vielleicht ein guter Zeitpunkt für einen neuen Reformanlauf ».
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