Premierminister Xavier Bettel hat einen Sonderbeauftragten ernannt, der die Personalpolitik des großherzoglichen Hofes durchleuchten soll. Die Regierung will so mehr Kontrolle über die Funktionsweise des Hofstaats erhalten. Dabei steht auch die Rolle der Großherzogin im Fokus.
Am großherzoglichen Hof dreht das Personalkarussell immer wieder besonders schnell. Erst vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass zwei Mitarbeiter und ein Berater der Kommunikationsabteilung des Hofes ihre Jobs aufgegeben haben. Es ist allerdings nur die neueste Episode in einer langen Kette von Personalwechseln in Luxemburgs Hofstaat. Seit 2015 wurden laut Recherchen von REPORTER mehr als 30 Personen am Hof entlassen oder haben selbst zum Teil nach kurzer Dienstzeit gekündigt.
Die auffällig hohe Mitarbeiterfluktuation hat mittlerweile auch die Regierung auf den Plan gerufen. Laut Informationen von REPORTER ernannte Premierminister Xavier Bettel (DP) Ende Juni mit dem früheren Direktor der « Inspection Générale des Finances » Jeannot Waringo einen Sonderbeauftragten (« Représentant spécial du Premier ministre »), der die Personalpraxis des großherzoglichen Hofes im Detail untersuchen soll. Das Staatsministerium bestätigt dies auf Nachfrage.
Der ehemalige Spitzenbeamte aus dem Finanzministerium soll demnach alle Aspekte des Personalmanagements analysieren, dem Premier regelmäßig Bericht erstatten und Reformvorschläge unterbreiten. Das Ziel der Mission: Die Regierung soll mehr Kontrolle über die Einstellungspolitik erhalten. Es geht vor allem um jene Mitarbeiter des Hofes, die unmittelbar mit Steuergeldern bezahlt werden. Das Budget für Personalkosten betrug laut Staatshaushalt 2018 rund 7,6 Millionen bei einem Gesamtbudget von 10,7 Millionen Euro für die « Maison du Grand-Duc ».
Die heikle Mission des Jeannot Waringo
Besonders heikel ist dabei die Frage, inwiefern Großherzogin Maria Teresa in Personalentscheidungen involviert ist. Wie es aus mehreren Quellen heißt, übt die Gattin von Großherzog Henri eine entscheidende Rolle in solchen Fragen aus, die ihr in ihrer Position eigentlich nicht zusteht.
« Im Zweifel ist die Großherzogin die Ansprechpartnerin. Sie führt selbst Einstellungsgespräche, auch mit Personal, das ihr ausdrücklich nicht persönlich unterstellt ist », sagt ein ehemaliger Mitarbeiter von Großherzog Henri im Gespräch mit REPORTER. Das Staatsoberhaupt selbst interessiere sich dagegen wenig für « organisatorische oder personaltechnische Fragen », so der Ex-Angestellte des Hofes, der namentlich nicht genannt werden will.
In enger Absprache mit dem Großherzog wurde beschlossen, verschiedene Abläufe zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. »
Premierminister Xavier Bettel
Ein früher Auslöser für die erhöhte Aufmerksamkeit der Politik war bereits die sogenannte « Affäre Selva » im Jahre 2016. Die Psychologin Chantal Selva war vom Hof als Beraterin eingestellt worden, obwohl sie in Frankreich einen Eintrag im Strafregister hatte, unter anderem wegen Veruntreuung von Firmenvermögen. Im Zuge ihrer Entlassung beanspruchte Regierungschef Xavier Bettel fortan ein Mitsprache- bzw. Informationsrecht bei Personalentscheidungen des Hofes. Wie es aus Regierungskreisen verlautet, sei die Kooperation mit der Verwaltung des Großherzogs jedoch nicht zur Zufriedenheit des Premiers verlaufen.
Rolle der Großherzogin steht im Fokus
Die Mission des Sonderbeauftragten Jeannot Waringo geht demnach auch über die reinen Personalfragen hinaus. Eine seiner Aufgaben besteht nämlich darin, eine klare Hierarchie aufzustellen, die eine bessere Funktionsweise des großherzoglichen Hofes ermöglichen soll. Was bereits vor dem Abschlussbericht des Beauftragten klar sein soll: Die Großherzogin soll künftig keine Kompetenzen in Personalfragen mehr haben, die nicht ausdrücklich ihren eigenen Mitarbeiterstab betreffen. Letztlich steht aber die gesamte Rangordnung am großherzoglichen Hof in Frage.
Die Ernennung des Sonderbeauftragten des Premiers birgt damit auch eine gewisse politische Sprengkraft. Bisher gab es nämlich ein informelles Übereinkommen zwischen Regierung und Monarchie, wonach man einander vertrauen kann und eine formale Kontrolle der Verwaltung des Großherzogs nicht nötig sei. Diese traditionelle Haltung hat sich jedoch seit dem Antritt der Dreierkoalition sukzessive gewandelt.
Im Zweifel ist die Großherzogin die Ansprechpartnerin. Sie führt selbst Einstellungsgespräche, auch mit Personal, das ihr ausdrücklich nicht persönlich unterstellt ist. »Ein ehemaliger Mitarbeiter des Großherzogs
Zu den Gründen für diesen Wandel gehört neben der « Affäre Selva » die schier hohe Anzahl an Entlassungen und Kündigungen in den vergangenen Jahren. In einem Interview mit dem « Luxemburger Wort » hatte Hofmarschall Lucien Weiler im Juni 2016 noch behauptet, dass seinem Eindruck nach « bei den Personalangelegenheiten endgültig Ruhe eingekehrt » sei. Das « Personalkarussell » drehte indes munter weiter. Anfang dieses Jahres war etwa bekannt geworden, dass der Direktor der großherzoglichen Stiftung, Mike van Kauvenbergh, seine Tätigkeit bereits nach knapp einem Jahr beendet hatte. Seitdem folgten drei weitere zum Teil hochrangige Abgänge, wie unter anderem « RTL » berichtete.
Ein weiterer Grund soll die außerordentlich hohe Vergütung von externen Beratern des großherzoglichen Paares sein. Auch der Selbstmord eines ehemaligen Mitarbeiters des Hofes, der laut Angehörigen in direktem Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung und einer Klage gegen den Verstorbenen stand, trug dem Vernehmen nach zur härteren Gangart der Regierung bei. Und schließlich habe man nicht den Eindruck, dass das Personalproblem zu Hofe überhaupt als Problem erkannt werde, heißt es aus politischen Kreisen, die mit den entsprechenden Diskussionen vertraut sind.
Der Premier hat « eine gewisse Verantwortung »
Mit dem Schritt, einen Sonderbeauftragten zu ernennen, mischt sich die Regierung jetzt jedenfalls noch offensichtlicher ein als bisher. Die Ernennung des Sonderbeauftragten sei allerdings in enger Absprache mit dem Großherzog beschlossen worden, sagt Premierminister Xavier Bettel auf Nachfrage von REPORTER. Bei der Analyse der Personalpolitik des großherzoglichen Hofes gehe es darum, « verschiedene Abläufe zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen ».
Als Staatsminister sei er zuständig für die Beziehungen mit den Institutionen des Landes sowie für die Verwendung der entsprechenden Mittel aus dem Staatshaushalt, so Xavier Bettel weiter. Dazu gehöre auch « eine gewisse Verantwortung für organisatorische und personalpolitische Fragen, die den großherzoglichen Hof betreffen ». Mit dem ehemaligen Direktor der Finanzinspektion Jeannot Waringo sei « eine erfahrene und angesehene Person mit dieser Aufgabe betraut » worden. « Herr Waringo führt diese Aufgabe mit Sorgfalt und Hingabe aus und dies auf informeller Basis und unentgeltlich », so das Statement des Staatsministers. Informell ist die Mission des Sonderbeauftragten schon allein deshalb, weil seine Nominierung nicht durch den Regierungsrat, sondern direkt vom Staatsminister erfolgte.
Alle weiteren Fragen will der Premier jedoch nicht kommentieren. Die Gespräche zwischen dem Staatschef und dem Premierminister würden auf dem Prinzip der Vertraulichkeit beruhen, so Xavier Bettel. Der großherzogliche Hof wollte auf Nachfrage von REPORTER nicht auf die Ernennung von Waringo oder sonstige Personalfragen eingehen. Man werde zu unseren Fragen jedoch innerhalb der kommenden Tage eine detaillierte Stellungnahme abgeben, versichert Hofmarschall Lucien Weiler.