Seit 2018 können Menschen in Luxemburg mit medizinischem Cannabis behandelt werden. Die Praxis deutet auf Missbrauchspotenzial und verfehlte Ziele hin. Der Reformbedarf ist offensichtlich. Doch das Gesundheitsministerium zögert.
Um sein Cannabis zu bekommen, muss man sich etwas gedulden. Im Warteraum vor der Apotheke im ersten Untergeschoss des „Centre Hospitalier de Luxembourg“ (CHL) müssen die Patienten zunächst bestätigen, wieso sie da sind. Handelt es sich um einen Erstbesuch für ein reguläres Rezept, drückt man den obersten Knopf. War man schon einmal in der Krankenhausapotheke, wählt man den Knopf in der Mitte. Wer medizinisches Cannabis abholen will, hat einen eigenen Knopf, den untersten.
Einerseits ist die Cannabisabgabe streng geregelt. Die Patienten müssen am Vortag ankündigen, dass sie ihr Rezept abholen. Die in Fünfzehn-Gramm-Päckchen vorverpackten Blüten werden in einem eigenen Tresor aufbewahrt. Größere Mengen befinden sich derweil in einem weiteren, abgesicherten Raum. Im Angebot sind unter anderem „Blue Dream Sativa“ und „Blueberry Indica“ – der Wirkstoffgehalt variiert je nach Anwendungsgebiet.
Die Abgabe von Cannabis findet im CHL ausschließlich nach Termin statt. Aus organisatorischen Gründen wolle man die Cannabispatienten möglichst von den regulären Patienten trennen, erklärt Gregory Gaudillot im Gespräch mit Reporter.lu. Denn, und hier muss der Apotheker des CHL kurz nach der richtigen Wortwahl suchen, seit Beginn des Pilotprojekts seien die Krankenhausapotheken zum Teil mit komplexen Situationen mit bestimmten Patienten während der Vergabe konfrontiert gewesen. Auch deshalb gibt es den Knopf mit der Voranmeldung – damit die Apotheker wissen, welcher Patient draußen auf sie wartet.
275 Prozent mehr Patienten
Medizinisches Cannabis legalisieren, um das Leiden von Menschen mit schwerwiegenden Krankheiten zu mindern: Das war das eigentliche Ziel des Gesundheitsministeriums, als medizinisches Cannabis 2018 erstmals an Patienten verschrieben werden konnte. Mit anfangs 200 Teilnehmern visierte das Pilotprojekt vor allem Krebspatienten, Menschen, die an Multipler Sklerose (MS) leiden, und solche, bei denen eine schwere chronische Erkrankung diagnostiziert wurde.
Die therapeutische Behandlung mit medizinischem Cannabis sollte jenen Patienten eine Chance auf Schmerzlinderung geben, bei denen konventionelle Therapieformen an ihre Grenzen gestoßen waren. Die Kosten für die Behandlung werden dabei nicht von der Gesundheitskasse (CNS), sondern vom Gesundheitsministerium selbst übernommen. Ursprünglich war das Pilotprojekt auf zwei Jahre angelegt.
Die Verschreibungspraxis einiger Mediziner ist zumindest zweifelhaft und in einem konkreten Fall wurde ein Arzt auch schon vom Kollegium angehört.“
Camille Groos, „Collège médical“
Doch nunmehr fünf Jahre, nachdem medizinisches Cannabis erstmals über insgesamt vier Krankenhausapotheken erhältlich wurde, fällt die Bilanz in der Praxis nicht nur positiv aus. Zum einen ist die Zahl an Patienten über die Jahre deutlich angestiegen. Aktuell sind 751 Patienten im Cannabisprogramm eingeschrieben …
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