Es ist das große Reinemachen nach « Openlux »: Das Handelsregister soll die Angaben von Gesellschaften künftig wirksamer kontrollieren und bei Verstößen Geldstrafen verhängen. Mit einem neuen Gesetz will Luxemburg sich vor erneuten Skandalen schützen.

Sie kennen das bestimmt: Sie müssen ein Onlineformular ausfüllen, haben aber keine Lust, alle Informationen herauszugeben. Den Rabatt oder den Preis aus dem Gewinnspiel wollen Sie trotzdem. Der Kniff, auf den viele kommen: Einfach ausgedachte Namen, Adressen oder Geburtstage angeben. Denn « Superjhemp » will den Gutschein unbedingt.

Geht es um das Handelsregister, sind solche kreativen Angaben weniger lustig, aber es gibt sie. Die Informationen über Unternehmen, Investmentfonds oder Vereine sind wichtig – für jene, die mit ihnen in Beziehung stehen, aber auch für die Behörden. Der Eintrag im Handelsregister ist für ein Unternehmen das, was für Personen der Ausweis oder für Autos die Zulassungsbescheinigung ist. Bei Letzteren werden die Angaben streng kontrolliert, für das Handelsregister war das bis jetzt nur bedingt der Fall.

Offensichtlich falsche Angaben sind möglich. Das Jahr 1048 gab etwa die Mitinhaberin von Prada im « Registre des bénéficiaires effectifs » (RBE) als ihr Geburtsjahr an, berichtete « Le Monde » im Rahmen der « Openlux »-Recherche. Inzwischen wurde diese Angabe korrigiert. Reporter.lu berichtete über den verstorbenen indonesischen Investor Harry Harmain Diah, der weiterhin als Besitzer eines Fonds im RBE fungiert. Heute, drei Monate später, ist der Eintrag immer noch nicht geändert. Ein klarer Verstoß gegen das Gesetz.

« Schwarze Schafe identifizieren »

Der zuständigen Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) sind die Probleme bewusst. « Wir müssen alles dransetzen, die schwarzen Schafe zu identifizieren. Die Personen, die solche Praktiken ermöglichen oder tolerieren, bringen eine ganze Berufssparte in Gefahr und setzen den Ruf unseres Finanzplatzes aufs Spiel », betonte sie im Februar 2021 im Parlament als Reaktion auf « Openlux ».

Genau dies zu verhindern, das ist der Anspruch des Gesetzentwurfes, den die Justizministerin nun ein Jahr später im Parlament eingereicht hat. Handelsregister müssten heute korrekte, komplette und nützliche Informationen garantieren. Dies sei umso wichtiger, weil es sich um ein Register eines « Finanzplatzes mit internationalem Ausmaß wie Luxemburg » handele, heißt es in der Begründung des Textes. Diese Änderungen seien aber keine Reaktion auf « Openlux », sondern schon länger geplant, betonte Sam Tanson.

Die Interessengemeinschaft « Luxembourg Business Registers » (LBR) verwaltet das klassische Handels- und Firmenregister RCS sowie seit 2019 das Register der wirtschaftlichen Eigentümer (« Registre des bénéficiaires effectifs »). Die Organisation soll die Aufgabe bekommen, die in den unterschiedlichen Datenbanken hinterlegten Informationen zu kontrollieren und für deren Aktualisierung zu sorgen. Das ist eine gewaltige Aufgabe, denn das Handelsregister umfasst 130.000 Gesellschaften – vom lokalen Kegelverein bis zum milliardenschweren Investmentfonds.

Um falsche Angaben künftig zu verhindern, werden die Informationen bereits bei der Eintragung mit anderen staatlichen Daten abgeglichen. So kann als Sitz eines Unternehmens nur eine Adresse eingetragen werden, die auch laut Kataster existiert. In Luxemburg ansässige Personen müssen ihre Sozialversicherungsnummer angeben und ihre Daten werden mit dem Register natürlicher Personen abgeglichen. Im Ausland ansässige Personen müssen demnach Belege einreichen und erhalten dann eine eindeutige Identifikationsnummer.

Strafen von 3.500 Euro

Das ist ein grundsätzlicher Wandel der Aufgaben des LBR. Das Ziel des Handelsregisters sei nicht die Kontrolle gewesen, sondern die Transparenz, erklärte die Ministerin noch im Februar 2021. Die Kontrolle der Informationen, etwa im RBE, oblag den Behörden und den Finanzdienstleistern, die mit Gesellschaften zu tun hatten.

Das LBR, das als « Groupement d’intérêt économique » (GIE) organisiert ist, soll künftig die Möglichkeit erhalten, Verwaltungsstrafen von 3.500 Euro zu verhängen, wenn Gesellschaften ihren Offenlegungspflichten im RCS nicht nachkommen. Ein Beispiel ist, wenn Firmen ihre Jahresberichte oder Änderungen im Management nicht fristgerecht hinterlegen. Ein halbes Jahr nachdem das LBR die Gesellschaft auf fehlende Daten aufmerksam gemacht hat, soll es dann die Strafe verhängen. Für Vereine und Stiftungen gilt dabei eine niedrigere Strafe von 250 Euro.

Damit das LBR die neuen Aufgaben ausführen kann, wurde es personell besser aufgestellt, wie Reporter.lu bereits berichtet hatte. Die heutige Zahl von 34 Mitarbeitern soll verdoppelt werden, so die Pläne des Justizministeriums.

Vereine in die Pflicht nehmen

In den zahlreichen parlamentarischen Fragen zu den Vereinen und deren Einträgen in RCS und RBE zeigt sich eine gewisse politische Brisanz. Die Justizministerin versucht mit ihrem Entwurf ein Gleichgewicht zu schaffen. Kommt ein Verein seinen Pflichten nicht nach, wird nach einem halben Jahr eine Strafe von 250 Euro fällig. Diese ist aber niedriger als für Unternehmen. Das LBR soll zudem eine begleitende Funktion übernehmen und die ASBL regelmäßig über fällige Updates informieren. Die Eintragung ins RBE soll vereinfacht werden, indem die Daten zu den Verwaltungsratsmitgliedern aus dem RCS übernommen werden.

Bisher waren Versäumnisse bei den Angaben im Register mit strafrechtlichen Sanktionen belegt. Administrative Strafen könnten allerdings schneller ausgeführt werden und seien für den Staat billiger als strafrechtliche Verurteilungen durch die Gerichte, heißt es nun. « Inonder le parquet de dénonciations pour chaque manquement mineur pourrait être par ailleurs contre-productif », betont das Justizministerium im Gesetzentwurf.

Eine Strafe von 3.500 Euro soll übrigens auch fällig werden, wenn eine Gesellschaft die Informationen zu den wirtschaftlichen Eigentümern im RBE nicht aktualisiert. Die Verstöße sind bisher sehr zahlreich: Knapp 20.000 Gesellschaften habe das LBR der Staatsanwaltschaft gemeldet, weil sie ihren Pflichten nicht nachkamen. In den 2021 vor Gericht verhandelten Fällen mussten die säumigen Unternehmer Strafen von 2.500 Euro zahlen, berichtete Reporter.lu.

Ein rechtliches Zwitterwesen

Strafrechtliche Folgen bleiben nach den Plänen der Regierung künftig den Fällen vorbehalten, in denen Personen Angaben « bewusst » zurückhalten. Außerdem hat das LBR die Aufgabe, besonders schwere Verstöße gegen Offenlegungspflichten der Justiz zu melden. Was als schwerwiegend gilt, ist im Entwurf allerdings nicht definiert.

Es wirft jedoch Fragen auf, dass die Regierung diese Kontrollfunktion dem LBR als privatrechtliche Organisation übertragen will. Einerseits betont sie, die internationalen Anti-Geldwäsche-Regeln würden erfordern, dass das LBR eine proaktivere Rolle übernehme. Andererseits hebt sie hervor, das Ziel sei es nicht, eine neue Aufsichtsbehörde wie die « Commission de surveillance du secteur financier » (CSSF) zu schaffen.

Diese Konstruktion schafft möglicherweise juristische Probleme. « S’agissant de l’amende administrative, le gestionnaire, bien qu’étant une personne de droit privée, un groupement d’intérêt économique dont les membres sont l’Etat (majoritaire), la Chambre des métiers et la Chambre de commerce, assure une mission de service public et en ce sens, il devrait être en droit de la prononcer », heißt es weiter in der Begründung des neuen Gesetzes. Der Konjunktiv ist dabei hervorzuheben. Allzu sicher scheint sich das Justizministerium nicht zu sein, dass der Staatsrat diese Interpretation akzeptiert.

Zudem wird das LBR eng mit zuständigen Behörden vernetzt. Der Betreiber der Register erhält Zugriff auf staatliche Datenbanken. Im Gegenzug können Steuerbehörden und etwa die « Cellule de renseignement financier » (CRF) automatisiert Daten aus dem RCS und RBE abfragen. Bisher mussten die Beamten, wie jeder Nutzer, jeden Eintrag einzeln über die Webseite des LBR abrufen. Das Statistikamt Statec erhält ebenso Zugriff auf die Daten, um sie auszuwerten.

Streng, aber business-friendly

Luxemburgs Regierungen vermieden in der Vergangenheit allzu strenge Prozeduren, weil sie die Unternehmensgründung vereinfachen wollten. Das wichtige Ranking « Doing Business » misst unter anderem, wie einfach es ist, eine Firma zu gründen. In der letzten Ausgabe 2020 schnitt Luxemburg eher mittelmäßig ab: Es sei zeitaufwendig, die Prozeduren durchzuführen, aber dafür sei es vergleichsweise kostengünstig.

Die Reform des RBE und des RCS bemüht sich um eine Balance zwischen strengeren Kontrollen und administrativer Vereinfachung. In der Begründung des Entwurfs betont das Justizministerium das letztere Ziel immer wieder. Das Ausfüllen der Formulare werde nutzerfreundlicher und das LBR könne künftig Unternehmen per E-Mail auf eine notwendige Aktualisierung hinweisen.

Bei der Einführung des RBE beschwerten sich Wirtschaftsvertreter, dass die strafrechtlichen Folgen mit Geldstrafen bis 1,25 Millionen Euro überzogen wären. Bei unwissentlichen Versäumnissen soll diese Drohkulisse jetzt wegfallen. Umstritten ist auch, dass die Informationen aus dem RBE frei im Internet abrufbar sind. Der Gesetzentwurf sieht allerdings hier keine Änderungen vor.

Ob das so bleibt, ist jedoch unsicher. Die Regierung nahm den Entwurf am 21. Januar an. Am Tag zuvor hatte der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs in einem Schlussantrag festgehalten, dass der öffentliche Zugriff auf das RBE nicht gegen die Grundrechte der Eigentümer von Firmen verstoße. Die Richter müssen diesem Antrag aber nicht zwangsläufig folgen. Bis zum endgültigen Urteil hat also das Ziel von Sam Tanson Vorrang, die « schwarzen Schafe zu identifizieren ».


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