Einst Mitglied der Grünen, jetzt Parteisprecher der Linken: Gary Diderich glaubt immer noch an eine Veränderung von unten, die es nur richtig zu organisieren gilt. Politik ist dabei mehr Mittel als Zweck. Und der Erfolg bei Wahlen zweitrangig. Ein Porträt.
„Déi Jugendlech huelen d’Saach an d’Hand“, lautete der Titel einer Veranstaltung des „Mouvement Ecologique“ Anfang April 1998. Gary Diderich war damals 15 Jahre alt – und schwer beeindruckt. Die sogenannte „Zukunftswerkstatt“ prägte den Jugendlichen. Er lernte, wie man eine Organisation basisdemokratisch leitet, neue Ideen entwickelt und – idealerweise – Veränderung bewirkt. Daraus wurde die Jugendorganisation des „Mouvement“ wiederbelebt.
Der damalige Schüler nahm gleich eine entscheidende Rolle ein. Er setzte sich etwa für bessere Bus- und eine Tramverbindung ein. „In welcher Form wir das zeigen wollen (vielleicht, wenn es sein muss, mit einem Streik?) und wie wir es angehen, wollen wir mit euch […] besprechen“, schrieb er im „Kéisécker Info“, der Zeitung der Umweltorganisation. Zum Streik kam es nicht. Doch Gary Diderich lernte, wie man Menschen mitreißen kann und was es bedeutet, kollektiv für eine bessere Welt zu arbeiten.
Knapp ein Vierteljahrhundert später hat sich an seinem jugendlichen Eifer wenig verändert. Die Brille sitzt schief, die zwei obersten Knöpfe des Karohemds sind offen, das Gesicht unrasiert. Nur der dichte Bart und die grauen Strähnen in den Haaren scheinen den Gary Diderich von 1998 vom heutigen Co-Parteisprecher der Linken zu unterscheiden. Der 15-jährige Aktivist mit einem ausgeprägten Organisationstalent lebt gewissermaßen im 40-jährigen Erwachsenen weiter.
„Wir haben zu Hause nicht viel über Politik geredet, aber meine Eltern hatten ein Abo beim ‘Feierkrop’ und beim ‘de Grénge Spoun’. Sie waren bei der Gründung der Grünen-Sektion von Differdingen dabei“, beschreibt Gary Diderich im Gespräch mit Reporter.lu seinen ersten Kontakt mit der Politik. Sein Interesse an ökologischen Themen und dem Klimawandel war dadurch schon früh geweckt. Er wurde selbst Mitglied bei Déi Gréng.
Organisieren geht über studieren
„Die Politik bewahrt mich vor der Ohnmacht“, sagt der 40-Jährige heute. Den Politikbegriff legt er dabei breit aus. „Eine Straßenblockade ist genauso ein kollektives Erlebnis, wie sich in der linken Partei zu engagieren. In beiden Fällen sagt man sich: Man akzeptiert die aktuelle Situation nicht und will sie verändern. Das ist schon ein Gefühl der Macht, das ich brauche, dafür brauche ich kein Mandat, nur die kollektive Organisation“, so Gary Diderich.
Dieses Gefühl verspürte er jedoch Anfang der Nuller-Jahre nicht mehr bei den Grünen. Es sei nur noch, um „kosmetische Kursänderungen anstatt struktureller Veränderungen“ gegangen, sagt er im Rückblick. Der realpolitische Gang durch die Institutionen war nicht sein Ding.
In der Jugendorganisation des „Mouvement“ fand er derweil radikalere Mitstreiter. Die Jugendbewegung nahm in Luxemburg Fahrt auf. Gary Diderich ging in dieser Bewegung auf und brach schließlich die Schule für einen Freiwilligendienst ab …