Der Nutzen von Videoüberwachung in der Kriminalitätsbekämpfung ist politisch umstritten. Eine Studie zur Kameraüberwachung der « Inspection générale de la police » zieht eine gemischte Bilanz. Ein Befund: Bei Anwohnern scheinen andere Maßnahmen eine höhere Priorität zu haben.

Die Videoüberwachung durch die Polizei steht auf dem Prüfstand. Das Gesetzprojekt 7498 soll die Kameraüberwachung durch die Ordnungshüter neu regeln. Denn mit Inkrafttreten des Datenschutzgesetzes von 2018 erfolgt die Videoüberwachung ohne klaren gesetzlichen Rahmen und unterliegt größtenteils dem Ermessen der Polizei.

Schon jetzt beschlossen ist eine Erneuerung der bestehenden Kamerainfrastruktur auf dem Gebiet der Hauptstadt. Derzeit werden der Glacis, der Stadtpark sowie Teile des Bahnhofsviertels videoüberwacht. Seit 2019 ist zudem der neue Fahrradweg unter dem Pont Adolphe mit Kameras ausgestattet.

Der Staat lässt sich die Kameraüberwachung dabei durchaus etwas kosten. Dies zeigt eine Ausschreibung, die die Polizei diese Woche veröffentlicht hat. Der Auftrag sieht vor, dass alle Kameras auf dem Stadtgebiet durch neue, hochauflösende und lichtempfindlichere Modelle ersetzt werden. Die neuen Kameras sollen zudem nicht mehr analog, sondern durch IP-Adressen mit dem Server der Zentrale verbunden werden.

Zudem soll die Überwachungszentrale mit 18 neuen Bildschirmen mit einer Mindestdiagonale von 34 Zoll ausgestattet werden. Die Ausschreibung sieht auch die technische Ausbildung von vier Technikern der Polizei vor. Für die Ausschreibung gibt die Polizei einen Finanzierungsrahmen von 560.000 Euro an.

Bericht stellt Personalpolitik infrage

Bereits 2019 hatte der damalige Polizeiminister François Bausch (Déi Gréng) die Inspection générale de la Police (IGP) mit einer Studie zur Kameraüberwachung durch die Ordnungskräfte beauftragt. Die Bilanz des rund 88 Seiten langen Berichts ist dabei gemischt. Zwar sei die Kameraüberwachung ein wichtiger Teil der Polizeiarbeit, ein Allheilmittel für die Sicherheit im öffentlichen Raum sei sie jedoch nicht. Zudem sieht die IGP die personelle Umsetzung der Kameraüberwachung bei der Polizei kritisch.

Besonders kritisch äußert sich der Bericht über die personelle Einbindung der Kameraüberwachung in die Struktur der Polizei. « Uns wurde wiederholt gesagt, dass ein Posten in der Videoüberwachung als Abstellgleis wahrgenommen wird », erklärt Monique Stirn. Hinzu kommt, dass der Dienst lediglich mit Zivilbeamten besetzt und auch nicht klar in die Hierarchie des Polizeidienstes integriert ist. Zudem hat die Behörde nicht einmal einen Leiter und nach 19 Uhr sind die Posten in der Überwachungszentrale unbesetzt.

Dienst an der Kamera

Deshalb empfiehlt der Bericht ausdrücklich ein Umdenken bei der personellen Besetzung der Überwachungszentrale. « Die Kameraüberwachung muss in den operativen Betrieb der Polizei integriert werden », erklärt in diesem Kontext die Leiterin der IGP. In der Praxis könnte man sich einen turnusmäßigen Dienst in der Überwachungszentrale von Polizisten aus dem überwachten Revier vorstellen, so Monique Stirn weiter.

Die Effektivität der Kameraüberwachung in der jetzigen Form bewertet der Bericht als gemischt. An Orten, wo Kameras platziert sind, sei es zwar zu einer Stabilisierung der Kriminalitätsrate gekommen, so Sven Frausing, einer der Studienleiter. Dabei hätten die Kameras wohl vornehmlich eine abschreckende und somit präventive Wirkung. Dies zeige vor allem der Rückgang von Straftaten, die in flagranti mittels Kameras vereitelt werden konnten.

Auf die Drogenkriminalität sei der Effekt jedoch eher begrenzt, so Sven Frausing. Diese sei im letzten Jahr auf dem Stadtgebiet gestiegen und auch die Stadtteile mit Kameraüberwachung, wie etwa das Bahnhofsviertel, würden hier keine Ausnahme machen.

Kameras keine Priorität für Anwohner

Teil der Studie war auch eine Umfrage zum Sicherheitsgefühl der Bewohner der Viertel, in denen es Kameraüberwachung gibt. Durchgeführt wurde sie vom Meinungsumfrageunternehmen TNS-Ilres. Auf der Liste der Maßnahmen, die Anwohner als wichtige Mittel zur Steigerung des Sicherheitsgefühls in ihrem Viertel ansehen, fungiert die Kamera auf Rang acht von elf. Noch schlechter bei den Bürgern schnitten nur die Präsenz von « Agents municipaux » und jene von privaten Sicherheitsdiensten ab.

Auf Rang eins: eine bessere Beleuchtung. Gefolgt von einem sauberen Stadtviertel und regelmäßigen Polizeipatrouillen.

Die Kameraüberwachung könne bei der Steigerung des Sicherheitsgefühls der Bürger nur eine Teillösung darstellen, unterstrich auch Monique Stirn von der IGP. Um die Situation in den Vierteln Gare und Bonnevoie zu verbessern, bräuchte es eine ganzheitliche Lösung in die, neben der Polizei, auch die in den Vierteln tätigen Organisationen mit einbezogen werden, so die Leiterin der IGP.

Diese Sichtweise teilte bei der Vorstellung der Studie auch der zuständige Polizeiminister Henri Kox (Déi Gréng). Die Zusammenarbeit mit den Bürgern und den sozialen Einrichtungen habe deshalb auch Priorität bei der Diskussion um Kameras in Bonnevoie. « Ich als Minister werde nicht alleine entscheiden, ob in Bonnevoie Kameras installiert werden oder nicht, » begründete Henri Kox seine Haltung.