Die Impfdebatte hat die Justiz erreicht: Zum einen muss sich der Aktivist Peter Freitag wegen seiner Aussagen gegenüber dem Psychiater Jean-Marc Cloos verantworten. Zum anderen der Virologe Claude P. Muller aufgrund seiner Äußerungen über Impfverweigerer.
Beide Fälle standen am Montagmorgen auf der Tagesordnung der zwölften Strafkammer des Bezirksgerichts Luxemburg. Dabei ging es aber zunächst nur darum, ein Datum für die jeweiligen Prozesse zu finden. Am 19. April kommenden Jahres sollen sie nun vor dem Richtergremium um den Vorsitzenden Marc Thill verhandelt werden.
Dabei handelt es sich jeweils um Privatklagen („Citations directes“), bei denen die Staatsanwaltschaft selbst keine Strafverfahren eingeleitet hat, sondern die Prozesse auf Anzeigen von Privatpersonen beruhen. In Fall von Peter Freitag haben Jean-Marc Cloos, Leiter der psychiatrischen Abteilung der „Hôpitaux Robert Schuman“ (HRS), sowie die Gynäkologin Alix Schmit Anzeige erstattet. Peter Freitag, einer der führenden Protagonisten der Anti-Corona-Maßnahmen-Bewegung, hatte unter einem Post von Jean-Marc Cloos auf dem Netzwerk „LinkedIn“ den Psychiater als „Corona-Nazi“ und „Anhänger von Doktor Mengele“ bezeichnet. Wie Jean-Marc Cloos gegenüber Reporter.lu erklärte, stelle dies eine „Grenzüberschreitung“ dar.
Zwar könne er auch Nicht-Geimpfte durchaus manchmal verstehen, doch sei dies hier viel zu weit gegangen, so der Psychiater, der von der Anwaltskanzlei « Turk & Prum » vertreten wird. Peter Freitag hingegen wird sich vor Gericht selbst verteidigen. Wegen Verleumdung („Calomnie“) und Diffamierung („Diffamation“) drohen ihm acht Tage bis ein Jahr Gefängnis sowie 251 bis 25.000 Euro Geldstrafe. Zu seiner Unterstützung hatten sich am Montag rund 25 Personen im Hof der Cité judiciaire eingefunden. Die Polizei war ebenfalls vor Ort, es kam jedoch zu keinerlei Vorkommnissen.
Ebenfalls von der Kanzlei « Turk & Prum » vertreten wird der Virologe Claude P. Muller. Gegen ihn haben zwei Privatpersonen Anzeige erstattet, weil sie sich an seinen Äußerungen in Presseartikeln stören. Der Mediziner hatte unter anderem in einem Interview mit dem „Tageblatt“ Eltern, die sich weigern, sich impfen zu lassen, als „Täter“ bezeichnet. Er muss sich nun wegen („Incitation à la haine“) verantworten. Das Strafgesetzbuch sieht dafür Haftstrafen von acht Tagen bis zwei Jahren sowie Geldbußen zwischen 251 und 25.000 Euro vor. (GS)