Die Staatsanwaltschaft kündigt einen Prozess zur « Frëndeskrees-Affäre » an. Neben dem ehemaligen CSV-Parteichef Frank Engel könnten sich noch weitere Politiker vor Gericht verantworten müssen. Für die CSV selbst geht es um die eigene politische Glaubwürdigkeit. Eine Analyse.
Am liebsten will die neue Parteiführung die ganze Affäre hinter sich lassen. Wenn man mit CSV-Mandatsträgern spricht, lässt sich jedoch schon erahnen, dass es sich dabei eher um eine Hoffnung als eine realistische Erwartungshaltung handelt. Denn auch wenn Frank Engel und die CSV mittlerweile getrennte Wege gehen, wird die « Frëndeskrees-Affäre » die Partei noch eine Weile beschäftigen.
Die ganze Angelegenheit wird womöglich sogar strafrechtliche Folgen haben. Wie die Staatsanwaltschaft vergangene Woche mitteilte, sei die Untersuchung hinsichtlich des Arbeitsvertrages zwischen dem « CSV Frëndeskrees » und Frank Engel abgeschlossen. Im Rahmen dieser Untersuchung war es unter anderem zu Hausdurchsuchungen in der Parteizentrale der CSV gekommen.
Über die Details der « Frëndeskrees »-Affäre hatte Reporter.lu erstmals im vergangenen März berichtet. Im Zuge der Affäre hatten mehrere CSV-Mitglieder ihren Parteichef bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Frank Engel verzichtete daraufhin auf eine erneute Kandidatur als CSV-Präsident und trat später auch komplett aus der Partei aus.
Von der politischen zur juristischen Affäre
Während die Affäre damit politisch geklärt wurde, geht die juristische Aufarbeitung erst so richtig los. In der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft wird bereits auf einen möglichen Prozess « vor dem Ende des Jahres 2021 » hingewiesen. Allerdings sei die Untersuchung der Justiz in einem zweiten Punkt noch nicht beendet. Dabei geht es um Sozialbeiträge, die sich Frank Engel, nicht durch den Verein « CSV Frëndeskrees », sondern unmittelbar aus der Parteikasse erstatten ließ. Dieser Teil der Untersuchung soll « in den kommenden Wochen » abgeschlossen werden.
Keine Angeklagten, aber schon eine Zeitangabe für den Prozess: Die vorzeitige Kommunikation der Staatsanwaltschaft wirft durchaus grundsätzliche Fragen auf. »
Erst dann sei auch mit Anklagen und Vorladungen zu rechnen, präzisiert ein Justizsprecher auf Nachfrage von Reporter.lu. Bisher sei es noch nicht dazu gekommen, doch die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass es zu einem Prozess in einer Strafkammer kommen werde. Zu den Personen, die als Angeklagte in Frage kommen, will sich der Justizsprecher zum aktuellen Zeitpunkt jedoch noch nicht äußern.
Keine Angeklagten, aber schon eine Zeitangabe für den Prozess: Die vorzeitige Kommunikation der Staatsanwaltschaft wirft durchaus grundsätzliche Fragen auf. Im RTL-Interview sagte Frank Engel denn auch am vergangenen Mittwoch, er sei überrascht, dass er über den Fortgang der Ermittlungen und einen eventuellen Strafprozess gegen ihn aus den Medien erfahren müsse.
Fraglich ist zudem, welche möglichen Straftatbestände im voraussichtlichen Prozess verhandelt werden sollen. Im Mittelpunkt der beiden Untersuchungen standen laut Informationen von Reporter.lu mutmaßlicher Betrug (« escroquerie ») sowie Veruntreuung (« abus de confiance »). Vor allem in letzterem Punkt stellt sich dabei die Frage, ob sich neben Frank Engel auch noch weitere, aktive oder ehemalige Entscheidungsträger der CSV vor Gericht verantworten müssen.
Zwei Affären und die große Schuldfrage
Frank Engel selbst hat die Summe von rund 40.000 Euro an Bruttogehalt, um die es in seinem Arbeitsvertrag mit dem „CSV Frëndeskrees“ geht, mittlerweile an den Verein zurückbezahlt. Diese Transaktion, die politisch von ehemaligen Parteikollegen als reichlich spätes Schuldeingeständnis angesehen wurde, ist juristisch jedoch noch nicht vom Tisch. Denn trotz Rückzahlung steht der Vorwurf einer Scheinbeschäftigung im Raum.
Andererseits wurde der besagte Arbeitsvertrag von Frank Engel als « Chargé de mission » des „CSV Frëndeskrees“ von zwei weiteren Personen unterschrieben, nämlich Ex-Generalsekretär Félix Eischen und dem damaligen Schatzmeister André Martins. Laut Aussagen von Frank Engel soll zudem der gesamte Vorstand des parteinahen Vereins über den Vertrag informiert gewesen sein. Neben Eischen und Martins waren die früheren CSV-Vizepräsidentinnen Stéphanie Weydert und Elisabeth Margue sowie der Jurist Georges Pierret im Vorstand vertreten.

Bezüglich des zweiten Aspekts der Affäre ist die Lage dagegen unübersichtlicher. Wie « RTL » berichtete, hatte die CSV ihrem Vorsitzenden während 15 Monaten Sozialbeiträge erstattet, die Frank Engel als Privatperson in die Sozialversicherung eingezahlt hatte. In einem Bericht hatte der Rechnungshof diese Zahlungen moniert und als « Vergütung » bezeichnet, die auch als solche in der Bilanz verbucht werden müsste.
Anders als bei der « Frëndeskrees »-Affäre handelt es sich bei den rund 6.000 Euro an erstatteten Sozialbeiträgen um Zahlungen, die unmittelbar aus der CSV-Kasse getätigt wurden. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Partei bzw. Generalsekretär und Schatzmeister bestreiten, dass sie für diese Transaktion ihr Einverständnis gegeben hätten.
Die Grenzen einer politischen Opferrolle
Innerhalb der CSV bereitet man sich in Erwartung des Prozesses auf alle möglichen Szenarien vor. Im Interview mit « RTL » hatte Frank Engel Anfang der Woche seine Position bekräftigt, wonach er sich nichts zu Schulden habe kommen lassen und das wahre Opfer der ganzen Affäre sei. « Déi Leit, déi bedeelegt waren oder näischt dogéint gemaach hätten, hätte besser gehat, sech ëm hir Saachen ze bekëmmeren. Do hätte se genuch ze di gehat », so der ehemalige CSV-Präsident.
Sollte es tatsächlich zu einer Anklage und einem Strafprozess kommen, wird Frank Engel seine bisherige Opferhaltung nicht mehr glaubwürdig aufrechterhalten können. »
Dass er sich überhaupt als Opfer der Affäre inszenieren kann, hat Engel seinen Ex-Parteikollegen zu verdanken. Nur weil die CSV-Fraktion ein rechtliches Gutachten zu dem Arbeitsvertrag des „CSV Frëndeskrees“ in Auftrag gegeben und ihren damaligen Präsidenten angezeigt hatte, konnte der Eindruck eines « Putsches » gegen Engel entstehen.
Wie die Untersuchungen der Justiz zeigen, geht es bei der Affäre aber nicht nur um politischen Streit, sondern womöglich um illegale Vorgänge. Dass die Staatsanwaltschaft bereits einen Prozess in Aussicht stellt, lässt vermuten, dass sie genügend Anhaltspunkte für gesetzeswidriges Verhalten hat. Sollte es tatsächlich zu einer Anklage und einem Strafprozess kommen, wird Frank Engel seine bisherige Opferhaltung nicht mehr glaubwürdig aufrechterhalten können. Aus einer politischen Affäre und medial befördertem parteiinternem Streit würde dann ein gewöhnliches Gerichtsverfahren.
Politische Verantwortung und Glaubwürdigkeit
Doch auch für die CSV stellt der Prozess eine Belastung dar. Denn in den beiden Affären geht es eben nicht nur um die Rolle des ehemaligen Parteivorsitzenden, der sich in ihren Augen über Umwege finanziell bereicherte. Im Fall des « CSV Frëndeskrees » waren mehrere, zum Teil hochrangige Parteipolitiker in die entsprechenden Entscheidungen eingebunden. Manche von ihnen tragen bis heute als Abgeordnete oder Mitglieder der Führungsgremien weiter in erster oder zweiter Reihe Verantwortung für die CSV.
Wie will eine Oppositionspartei glaubhaft die Regierung kritisieren und sich als Alternative empfehlen, wenn sie noch nicht einmal die eigenen Finanzen rechtmäßig verwalten kann? »
Auch im Fall der erstatteten Sozialbeiträge aus der Parteikasse trägt die CSV-Führung zumindest eine politische Verantwortung. Beide Aspekte der Affäre belegen schon heute, also unabhängig von der rechtlichen Interpretation, dass die CSV ihre Finanzverwaltung nicht im Griff hatte. Vereinzelte Stimmen aus der Partei machen auch keinen Hehl daraus, dass der Umgang der CSV mit den Parteifinanzen, die sich aus Mitgliedsbeiträgen und Steuergeldern speisen, unprofessionell und politisch fahrlässig war. « Wir wussten von nichts », ist dabei vielleicht eine juristisch gangbare Ausrede, aber letztlich die Bestätigung des nachlässigen innerparteilichen Managements.
Unabhängig vom Ausgang der nächsten juristischen Schritte geht es für die CSV letztlich um politische Glaubwürdigkeit. Wie will eine Oppositionspartei glaubhaft die Regierung kritisieren und sich als Alternative empfehlen, wenn sie noch nicht einmal die eigenen Finanzen rechtmäßig verwalten kann? Das Problem der CSV ist jedoch noch gravierender: Durch die « Frëndeskrees »-Affäre wurde die ohnehin offensichtliche Schwäche der CSV in den Augen von Teilen der Öffentlichkeit nämlich nur weiter bestätigt.
Andererseits liegt in der juristischen Aufarbeitung theoretisch auch eine Chance. Die neue Parteiführung um Claude Wiseler könnte die Affäre dazu nutzen, Transparenz und Integrität künftig größer zu schreiben als dies in der CSV bisher üblich war. Es wäre die Chance zum wahrhaftigen Neuanfang. Nur deutet bisher nichts darauf hin. Vielmehr hofft die größte Partei des Landes auf innerparteiliche Ruhe und einen Anflug von kollektiver Amnesie bis zu den nächsten Wahlen.
Dabei scheint zu diesem Zeitpunkt nur eines sicher: Die große Hoffnung der CSV-Führung, dass man die Affären um die eigenen Parteifinanzen schnell hinter sich lassen kann, wird nicht in Erfüllung gehen.
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