Die Corona-Pandemie hat das Familienministerium zu gesetzlichen Anpassungen in der Seniorenbetreuung veranlasst. Im Vordergrund stehen dabei mehr Transparenz, eine unabhängige Anlaufstelle für Senioren und deren Angehörige, aber auch das Thema Hygiene in den Einrichtungen.
Eigentlich hatte Corinne Cahen (DP) dem Parlament das neue Gesetz zu den Pflegeeinrichtungen bereits im Februar 2020 vorgelegt. Dass die Familienministerin der Öffentlichkeit nun noch einmal zahlreiche Änderungen an dem ursprünglichen Text präsentierte, ist vor allem der Pandemie geschuldet. Und somit nicht zuletzt dem Waringo-Bericht und der Kritik an der fehlenden Kommunikation des Familienministeriums während der Wintermonate, als das Infektionsgeschehen in den Altenheimen zum Teil dramatische Züge annahm.
Ein Umstand, den Corinne Cahen bei der Pressekonferenz zu den Gesetzanpassungen nur indirekt ansprach: « Die Pandemie hat unseren Umgang miteinander zutiefst verändert und die Hygiene ins Zentrum des kollektiven Bewusstseins gerückt. Auch und besonders im Umgang mit älteren Menschen. »
Eine erste Änderung sieht deshalb die Einführung eines Hygiene-Referenten in jeder Seniorenstruktur sowie bei mobilen Pflegediensten vor. Betreut ein Pflege- oder Altenheim mehr als 60 Bewohner, ist das Haus verpflichtet, zwei Hygiene-Referenten zu beschäftigen. Diese speziell ausgebildeten Pfleger und Pflegerinnen sollen die Direktion bei der Umsetzung von Hygienemaßnahmen beraten und Präventionsarbeit leisten. Die entsprechende Ausbildung sei noch in der Ausarbeitung, so die Familienministerin.
Qualitätssystem und Ethikrat
Für alle Senioreneinrichtungen wird ein « Qualitätssystem » eingeführt. Dessen Umsetzung bleibt zwar den Häusern selbst überlassen, das Gesetz definiert jedoch obligatorische Kriterien und führt ein einheitliches, nationales Messsystem ein. Zudem sollen das Angebot und die Preisgestaltung der Häuser für Senioren und deren Angehörige transparenter werden. Auf einer eigenen Internetplattform soll es künftig möglich sein, abzufragen, welche Leistungen im Grundpreis inbegriffen sind. Auch wird das Portal erlauben, Altenheime miteinander zu vergleichen.
Als übergeordnete Kontrollinstanz sieht der Gesetzestext die Schaffung einer « Commission permanente » vor. Darin vertreten sind neben dem Familienministerium das Gesundheitsministerium, der Dachverband der Senioreneinrichtungen (Copas), die Ärztevereinigung AMMD sowie der « Conseil supérieur des personnes agées ». Die Kommission soll die Arbeit in den Strukturen prüfen und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge ausarbeiten, etwa in Form eines auf das jeweilige Haus zugeschnittene « Projet d’établissement ».
Die Seniorenbetreuung sah sich während der Pandemie auch vermehrt mit ethischen Fragen konfrontiert. So mussten zahlreiche Träger zwischen der Freiheit der Bewohner und deren Sicherheit abwägen, etwa wenn demente Personen ihr Zimmer nicht mehr verlassen durften. Um diese ethischen Fragen in den jeweiligen Betreuungsstrukturen besser beantworten zu können, verpflichtet das Gesetz jedes Haus dazu, einen Ethikrat einzurichten, der sowohl von der Direktion als auch von Bewohnern und deren Angehörigen mit Fragen befasst werden kann.
Anpassung auch bei Seniorenresidenzen
Auf nationaler Ebene bildet das Reformpaket der Regierung die gesetzliche Grundlage zur Einführung eines Mediators in Altersfragen. Dieser soll bei Konflikten zwischen Bewohnern und den jeweiligen Einrichtungen vermitteln und Lösungen aufzeigen.
Auch bei den sogenannten « Seniorenresidenzen » sieht das Gesetz Anpassungen vor. Diese privaten Wohnanlagen für Senioren funktionieren ohne staatliche Genehmigung und entziehen sich somit teilweise der staatlichen Kontrolle, wie Reporter.lu berichtete. Eine Vorgehensweise, die Corinne Cahen bei der Pressekonferenz kritisierte. Zukünftig sei es privaten Anbietern, zumeist Immobilien-Firmen, nicht mehr gestattet, den Bewohnern vorzuschreiben, welchen Pflegedienst sie in diesen Wohnkomplexen in Anspruch nehmen, so die Familienministerin.


