In der Covid-19-Pandemie funktioniert die Nachverfolgung von Infektionsketten über Grenzen hinweg. Die „Luxair“ sammelt deshalb gezielt persönliche Daten über ihre Fluggäste. Doch für dieses Vorgehen der Luxemburger Fluggesellschaft fehlt eine klare rechtliche Grundlage.
Noch bevor wieder alle Züge fuhren, nahm die „Luxair“ ihren Flugbetrieb wieder auf. Seit Ende Mai müssen die Passagiere allerdings vor Betreten des Flugzeugs ein Kontaktformular sowie eine Bescheinigung ausfüllen, dass sie keine Covid-19-Symptome haben. Die abgefragten Daten reichen von Namen und Geburtstag bis zum genauen Aufenthaltsort am Ziel und Kontaktdaten von den mitfliegenden Kollegen oder Freunden – sprich diverse persönliche Daten. Dabei steht die Rechtsgrundlage für die Sammlung dieser Daten auf wackeligen Füßen.
„Am 12. Juni hat der parlamentarische Ausschuss mit einem Änderungsantrag eine Rechtsgrundlage für die Sammlung der Daten geschaffen“, sagt Gilles Feith, neuer Generaldirektor der „Luxair“ im Gespräch mit REPORTER. Bei dem Text handelt es sich um eines der beiden Covid-19-Gesetze, die allerdings noch nicht vom Parlament verabschiedet wurden. Damit wären sie als rechtliche Grundlage zurzeit wertlos. Tatsächlich soll das Gesetz aber nur eine zusätzliche Absicherung sein.
Fragwürdige Rechtsgrundlage
Laut Paulette Lenert (LSAP) bezieht die Regierung sich zurzeit nämlich auf das „Règlement Sanitaire International“ der Weltgesundheitsorganisation. Dieses Reglement räumt den Mitgliedstaaten das Recht ein, persönliche Daten zu sammeln, wenn ein Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung besteht. Im Vertrag sind allerdings keine Regelungen vorgesehen, die es einer Regierung erlauben, Unternehmen zu einer proaktiven Sammlung der Daten zu verpflichten. Die Gesundheitsministerin wies am Dienstag im Parlament zudem lediglich darauf hin, dass der Direktor der „Santé“ durch dieses Reglement das Recht habe, diese Daten zu beantragen.
Als Datenschutzkommission können wir erst im Falle einer Beschwerde die Konformität mit dem Datenschutz überprüfen. »Thierry Lallemang, CNPD
Dennoch stellt sich die Frage, ob die geforderten Informationen verhältnismäßig sind. Auf Nachfrage von REPORTER verweist der Generaldirektor der „Luxair“ schlicht auf die Empfehlung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit. „Wir benutzen lediglich das Standardformular der Agentur“, sagt Gilles Feith. Aus den Empfehlungen geht allerdings auch hervor, dass nicht alle personenbezogenen Daten zwingend abgefragt werden müssen.
Die Flugsicherheitsagentur macht zudem darauf aufmerksam, dass die nationalen Behörden selbst prüfen müssen, ob die Datensammlung mit den nationalen und europäischen Datenschutzbestimmungen im Einklang ist.
Luxair steht in der Verantwortung
In der Verantwortung steht letztlich aber die „Luxair“. Das Unternehmen muss selbst darauf achten, ob die gesammelten Informationen mit dem Datenschutzrecht vereinbar sind. Man habe dazu die « Commission nationale pour la protection des données » (CNPD) informiert, sagt dazu Luxair-Generaldirektor Gilles Feith.
„Als Datenschutzkommission können wir erst im Falle einer Beschwerde die Konformität mit dem Datenschutz überprüfen“, betont allerdings der CNPD-Kommissar Thierry Lallemang auf Nachfrage von REPORTER. Zudem hat die Datenschutzkommission in einer rezenten Stellungnahme mehrere Bedenken bezüglich des geplanten Covid-19-Gesetzes geäußert.
Freiwillige Zustimmung nicht gegeben
Vor allem die freiwillige Zustimmung für die Verarbeitung der Daten sieht die Kommission nicht als gegeben. Da die Passagiere verpflichtet sind, das Formular auszufüllen, bevor sie das Flugzeug betreten, können sie der Verarbeitung nicht aus freien Stücken zustimmen. Zudem müssen laut dem Gesetzestext die Betreiber auf Nachfrage die Daten an die Behörden weiterreichen – egal ob der Passagier dem zugestimmt hat oder nicht.
Gilles Feith bestätigt, dass die Fluggäste das Ausfüllen des Formulars über eine mögliche Infektion nicht verweigern können. Allerdings sei das Formular mit personenbezogenen Daten erst während dem Flug auszufüllen – und damit keine Bedingung für das Betreten des Flugzeugs. Sollte ein Passagier positiv getestet werden, sind in verschiedenen Ländern die Flugbetreiber dazu verpflichtet, die Daten an die Behörden am Flugziel weiterzureichen. Dieser Pflicht könne die « Luxair » sich nicht entziehen, so der Generaldirektor. Das Unternehmen bemühe sich aber, die Daten bestmöglich zu schützen und nur für maximal einen Monat aufzubewahren.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels stand « Gilles Feith bestätigt, dass die Fluggäste das Ausfüllen des Formulars nicht verweigern können. » Die Passage wurde entsprechend angepasst.
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