Zu Beginn der Impfkampagne hat Luxemburg fast die Hälfte seines Impfstoffs gehortet. Nach einem Strategiewechsel wird mittlerweile ein Großteil des zur Verfügung stehenden Impfstoffs sofort verimpft. Die nationale Reserve schrumpft, mit möglichen Folgen für die Impfkampagne.

Nach einem schleppenden Beginn hat die Impfkampagne in Luxemburg deutlich an Fahrt aufgenommen. So wurde am vergangenen Dienstag mit insgesamt 6.216 geimpften Menschen ein neuer Tagesrekord aufgestellt. Auch im Wochendurchschnitt dürfte in der Kalenderwoche 15 ein neuer Impfrekord aufgestellt worden sein. Bei der Auslastung der Impfzentren gab es eine klare Tendenz nach oben. Während etwa vor einem Monat nur täglich rund 374 Menschen am Tag im Zentrum in Limpertsberg geimpft wurden, hat sich dieser Wert binnen eines Monats fast verfünffacht.

So wurden am Dienstag 1.797 Menschen in der Victor-Hugo-Halle geimpft. Davon erhielten 988 Personen die Erstimpfung und 809 wurden zum zweiten Mal geimpft. Damit liegt die Auslastung dieses Zentrums bereits über der zuvor vom Gesundheitsministerium angegebenen, täglichen Maximalkapazität von 1.100 Menschen.

Der Rekord ist dabei auch einem anderen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Impfdosen geschuldet. Noch Anfang März verimpfte Luxemburg nur knapp die Hälfte der zur Verfügung stehenden Dosen. Der Rest sollte als Reserve dienen, um bei Lieferausfällen den zweiten Impftermin sicherzustellen. Die Regierung rechtfertigte das Horten damals mit den geringen Lieferkapazitäten der Hersteller und der generellen Planungsunsicherheit beim Impfen.

Tiefstand bei Impfstoffreserve

Mittlerweile geht die Tendenz bei der Impfstoffreserve jedoch in die entgegengesetzte Richtung. So schrumpfte die Reserve zeitgleich mit dem Impfrekord auf ihren bisher niedrigsten Wert. Berechnungen von Reporter.lu zufolge erreichte die Reserve bereits am Donnerstag einen Stand von nur noch 32 Prozent. Die eigene Untergrenze der Regierung liegt bei 25 Prozent. Dabei erscheint unklar, wann genau die nächsten Impfstofflieferungen in der nächsten Woche erfolgen werden.

Zudem gab der Premierminister am Freitag bekannt, dass beim Impfstoff von Johnson & Johnson, der in Europa durch die niederländische Firma Janssen vertrieben wird, mit einem kompletten Lieferausfall zu rechnen sei. Im Wochenrückblick der Gesundheitsbehörde war man bis Ende April eigentlich von 4.800 Dosen des Impfstoffs ausgegangen. Bisher seien aber nur 204 Dosen verbraucht worden, was allen gelieferten Dosen entspreche, erklärte Xavier Bettel weiter.

Anpassungen nicht ausgeschlossen

Die niedrige Impfstoffreserve könnte demnach Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Impfkampagne haben. Informationen von Reporter.lu zufolge planen bereits einige Impfzentren, ab nächster Woche die Anzahl der Impflinien zu reduzieren. Darauf angesprochen, bestätigte Xavier Bettel, dass es in den Impfzentren immer wieder zu Anpassungen bei den Linien komme. Er wolle sich jedoch, mit Verweis auf die weiterhin vorherrschende Ungewissheit bei den gelieferten Mengen an Impfstoff, nicht darauf festlegen, dass die Impfraten nächste Woche ähnlich hoch bleiben könnten wie in dieser Woche.

Was den langfristigen Ausblick betrifft, konnte Xavier Bettel allerdings eine Erfolgsmeldung verkünden. So hätte der Hersteller Biontech/Pfizer in Aussicht gestellt, bis Ende Juni 307.710 Impfdosen an Luxemburg zu liefern. Damit könnten laut dem Premierminister 177.450 weitere Personen geimpft werden.

Zu Anpassungen kommt es indes bereits ab nächster Woche beim Impfstoff des englisch-schwedischen Herstellers Astra-Zeneca. Grund dafür ist die Einschätzung des « Conseil Supérieur des Maladies Infectieuses ». Diese sieht die Verimpfung des Impfstoffs an Personen unter 54 Jahren und ohne Vorerkrankungen in einem neuen Bericht kritisch. Da die staatliche Behörde damit teilweise der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) widerspricht, sei es letztlich an der Regierung, eine Entscheidung zu den möglichen Risiken des Impfstoffs zu fällen, so Xavier Bettel.

Deshalb habe die Regierung entschieden, den Gebrauch des Impfstoffs nicht zu stoppen, sondern ihn auf freiwilliger Basis weiter zu verimpfen. So können sich ab kommender Woche Personen im Alter zwischen 30 und 54 Jahren freiwillig in eine Impfliste eintragen. Sie bekämen dann, je nach Verfügbarkeit, einen Impftermin mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff angeboten.