Bei einer zweiten Impfaktion für Obdachlose wurden rezent weitere 160 Menschen geimpft. Hilfsorganisationen zeigen sich zufrieden und sprechen von einer guten Zusammenarbeit mit den Behörden. Für Menschen ohne reguläre Papiere steht eine Lösung jedoch weiterhin aus.

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hilfsorganisationen war klar: Nach der zweitägigen Impfaktion für Obdachlose in den Räumlichkeiten der « Wanteraktion » am 1. und 2. Juli müssten weitere, besser an die Menschen angepasste Aktionen folgen. Nur 63 Menschen konnten bis dahin auf dem Findel geimpft werden, die meisten der Obdachlosen fanden sich aus zeitlichen, geografischen oder gesundheitlichen Gründen gar nicht erst zur Aktion ein.

Recherchen von Reporter.lu hatten ergeben, dass seit Beginn der Impfkampagne vor allem Menschen in prekären Lebensverhältnissen durch das Raster der Strategie fallen, da die Regierung sich mit flexiblen Angeboten schwer tat. » Für unsere Kunden muss es ein niederschwelliges Angebot geben », sagte etwa Claudia Allar, Leiterin des Abrigado, im Gespräch mit Reporter.lu. « Von ihnen zu verlangen, für eine Impfung durch die ganze Stadt zu fahren, ist illusorisch. »

Die politisch Verantwortlichen aus dem Gesundheits- und dem Familienministerium nahmen die Kritikpunkte der praxiserfahrenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Hilfsorganisationen offenbar ernst. Sie organisierten eine weitere, dreitägige Impfaktion für Menschen ohne festen Wohnsitz. Diesmal in den Räumlichkeiten der Organisationen selbst.

So einfach wie möglich

Am 16., 19. und 20. Juli konnten nun 160 weitere Menschen mit dem einmaligen Impfstoff von Johnson & Johnson geimpft werden. Die Impfungen wurden von mobilen Impfteams im « Café Courage » der Caritas und in den Räumlichkeiten des Abrigado in Bonneweg sowie in Zusammenarbeit mit der « Stëmm vun der Strosss » im Pfarrhaus in Esch/Alzette durchgeführt.

« Die Aktion ist super gelaufen, besser als ich gedacht habe », sagt Claudia Allar, die sich besonders über die Impfbereitschaft ihrer Kunden gefreut hat. Diesmal sei Vertrauen entstanden, da der Graben zwischen den Verfahrensweisen, den Bedingungen der Gesundheitsbehörde und der Realität in den Strukturen so klein wie möglich gehalten wurde. « Es geht schließlich um den Schutz besonders vulnerabler Menschen, da wäre es schade, wenn irgendwelche Prozeduren im Weg stehen würden », sagt die Leiterin des Abrigado.

Auch die Verantwortlichen von « Médecins du Monde » zeigen sich grundsätzlich zufrieden. « Die Dezentralisierung der Aktion hat zum Erfolg geführt, die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren hat gut funktioniert », sagt David Pereira, Koordinator der Hilfsorganisation, im Gespräch mit Reporter.lu. Allerdings relativiert er auch: « Wir haben längst nicht all unsere Kunden erreicht », sagt er. « Im Jahr 2020 haben wir 771 Patienten und Patientinnen behandelt, geimpft ist davon nur ein Bruchteil. » Deshalb sei es wichtig, weiter auf die Menschen zuzugehen und sie für eine Covid-Impfung zu sensibilisieren.

« Wir haben schon wieder eine Liste mit etwa 50 weiteren Menschen vorliegen, die sich gerne impfen lassen würden », so David Pereira weiter. Er hält eine erneute Großaktion nicht für sinnvoll, sondern hofft eher darauf, dass die angekündigte Erlaubnis für Allgemeinmediziner und Hausärzte, die Impfungen selbst durchzuführen, bald Wirkung zeigt. « Dann können wir je nach Bedarf hier in unseren Räumlichkeiten impfen », sagt der Koordinator. « Das würde vieles vereinfachen. »

Anonyme Impfung nicht gestattet

Keine Lösung wurde jedoch für Menschen gefunden, die nicht über gültige Papiere verfügen. In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Djuna Bernard und Marc Hansen (beide Déi Gréng) schreiben Paulette Lenert (LSAP) und Corinne Cahen (DP), einzige Bedingung für eine Impfung sei die Registrierung im nationalen Register natürlicher Personen (RNPP). Für Menschen ohne festen Wohnsitz sei zu Impfzwecken eine beschleunigte und vereinfachte Prozedur eingerichtet, die eine Einschreibung binnen weniger Tage ermögliche.

Die Gesundheits- und die Familienministerin begründen diese Voraussetzung damit, dass sonst keine Kontrolle über eventuelle Nebenwirkungen möglich sei und dass ohne Registrierung auch kein offizieller Impfpass ausgestellt werden könne. « Das wird viele unserer Kunden nicht überzeugen », sagt hingegen David Pereira von « Médecins du Monde ». « Eine Registrierung ist für viele Menschen mit großen Gefahren verbunden », erklärt er. Das Abwägen ginge bei den allermeisten von ihnen dann zugunsten der Wahrung ihrer Anonymität und auf Kosten der Impfung gegen Covid-19.

Die « Association de Soutien aux Travilleurs Immigrés » (ASTI) wartet weiterhin auf ein Entgegenkommen der Regierung, um auch diese besonders gefährdete Bevölkerungsgruppe gegen die Gefahren einer Covid-19-Infektion schützen zu können.