Seit vergangener Woche ist die « Financial Action Task Force » in Luxemburg. 2010 drohte die Organisation, die Standards im Kampf gegen Geldwäsche bewertet, Luxemburg auf eine graue Liste zu setzen. Nun fürchtet der Finanzplatz erneut um seinen Ruf. 

Der Gesetzentwurf Nummer 6163 war rekordverdächtig. Am 13. Oktober 2010 stimmte das Luxemburger Parlament einer Reform zu, mit der nicht weniger als 21 bestehende Gesetze abgeändert wurden. « Es ist sicherlich kein Meisterwerk, aber eine Meisterleistung », kommentierte der damalige Berichterstatter Jean-Louis Schiltz (CSV) die Verabschiedung in der Abgeordnetenkammer.

Notwendig wurde diese « Meisterleistung », weil das Großherzogtum unter enormen Zugzwang geraten war. Im Februar des gleichen Jahres hatte die « Financial Action Task Force » (FATF, französisch: GAFI) einen Bericht über Luxemburgs Regelwerk in Sachen Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung veröffentlicht. Das Ergebnis war verheerend: Sowohl der Umfang als auch die Qualität der Anti-Geldwäsche-Maßnahmen seien ungenügend und die Strafverfolgungsbehörden nicht gut genug aufgestellt, so der damalige „Mutual Evaluation Report“. Im Vergleich mit der Bedeutung des Finanzplatzes sei die spezialisierte « Cellule de Renseignement Financier » (CRF) – mit damals nur sechs Personen – massiv unterbesetzt.

Mit dem parlamentarischen Kraftakt vom Oktober 2010 wurden die meisten Kritikpunkte behoben. Vier Jahre später erkannte die FATF den Reformwillen an und erklärte Luxemburg größtenteils für konform mit den 40 Empfehlungen, auf denen die Organisation fußt. Das Aufatmen am Finanzplatz war groß.

Anhaltende Risiken, maximale Vertraulichkeit

Seit vergangener Woche und noch bis zum 18. November weilt nun wieder eine Delegation der FATF im Großherzogtum. Wegen der Corona-Pandemie wurde das Datum mehrmals verschoben. Und auch wenn die Nervosität im Finanzsektor und in politischen Kreisen nicht mehr so greifbar ist wie damals, ist der Besuch natürlich keine Formalität. Trotz wesentlicher politischer Anstrengungen geriet der Finanzplatz in den vergangenen zwölf Jahren immer wieder negativ in die Schlagzeilen – etwa wegen der internationalen Recherchen « Luxleaks » (2014) oder zuletzt « Openlux » (2021).

Die Skandale verdeutlichen: Luxemburgs Finanzsektor hat sich angepasst, bleibt aber anfällig für Geschäfte mit hohem Geldwäscherisiko. Ist Luxemburg diesmal zumindest besser vorbereitet als vor zwölf Jahren? In der parlamentarischen Debatte im Oktober 2010 warf ein gewisser DP-Abgeordneter Xavier Bettel der damaligen CSV-LSAP-Koalition vor: Die « graue Wolke », die sich über Luxemburg zusammenbraute, sei auch darauf zurückzuführen, dass das Land sich der FATF-Kontrolle völlig ahnungslos ausgesetzt habe.

According to the Luxembourg authorities, it is only in ‘significant cases’ that the predicate offender would be charged with laundering. »FATF-Bericht des Jahres 2010

Weder das Finanz- noch das Justizministerium wollten sich auf Nachfrage von Reporter.lu zur aktuellen FATF-Mission äußern. Auf Fragen zur Vorbereitung der Visite wurde lediglich auf eine Pressemitteilung verwiesen, die vergangene Woche an die Redaktionen verschickt wurde. Als Erklärung für die Verschwiegenheit gaben beide Ministerien das Regelwerk der FATF an: « Während des Auswertungsprozesses sind die Länder nicht berechtigt, über die Auswertung zu kommunizieren. » Die Vertraulichkeitsanforderung gelte sowohl « für das Auswertungsteam, das Sekretariat der FATF als auch für das weltweite Netzwerk der FATF-Länder ».

Bessere Praxis und neue Achillesfersen

Mehrere Insider des Finanzsektors, die unter der Bedingung der Anonymität mit Reporter.lu sprachen, sind sich einig: Luxemburg habe die FATF-Empfehlungen sowie viele andere europäische Richtlinien und Verordnungen haargenau umgesetzt. Politik und Finanzakteure hätten dieses Mal ihre Hausaufgaben gemacht. Zweifel bleiben bei bestimmten Finanzdienstleistungen aber bestehen. Würden die Banken inzwischen vorschriftsgemäß handeln und Verdachtsfälle prompt an die Behörden weiterleiten, so wären die Vermögensverwalter womöglich dennoch eine der Achillesfersen. Außerdem könnte sich die FATF-Delegation verstärkt für Berufssparten wie Immobilienhändler oder Juweliere interessieren, die zwar einem Geldwäscherisiko ausgesetzt sind, aber nicht unter die Kontrolle der Finanzaufsicht CSSF fallen.

« Financial Action Task Force »

Die FATF entstand 1989 bei einem G7-Gipfel in Frankreich. Die bedeutendsten Industrienationen der westlichen Welt wollten damals ein Zeichen gegen die Auswüchse der Geldwäsche setzen. Die Organisation hat ihren Sitz bis heute in Paris. Ging es bei der Gründung noch vor allem darum, dem Drogenhandel und den dadurch versteckten Geldern Einhalt zu gebieten, so weitete sich das Spektrum mit den Jahren aus. Nach den Attentaten vom 11. September 2001 kamen neue Empfehlungen zustande, welche die Finanzierung von Terrorismus verhindern sollten. Luxemburg ist seit 1990 Mitglied der FATF.

Eine weitere wichtige Frage ist jene der wirtschaftlichen Substanz von Briefkastenfirmen. Wie es aus der Finanzbranche heißt, sei es eher unwahrscheinlich, dass die FATF sich in diese Debatte einmischen werde. Anders sieht es beim Thema « Luxemburg High Security Hub », auch « Freeport » genannt, aus. Überhaupt könnten die begrenzten Möglichkeiten der Justiz, internationale Finanzskandale mit Verbindungen nach Luxemburg aufzuarbeiten, dem Großherzogtum weiterhin Kritik einbringen.

Das langsame Ende der Blauäugigkeit

Einig sind sich die Akteure des Finanzplatzes jedenfalls bei der Bedeutung der FATF-Mission. Seit 2010 haben sich die Regierungen verstärkt für einen besseren Ruf des Finanzplatzes eingesetzt. Dieser Einsatz, um nicht wieder in Gefahr zu geraten, auf eine « graue Liste » gesetzt zu werden, sei auch kein Selbstzweck, heißt es. Im Rahmen der EU-Initiative gegen Briefkastenfirmen (auch « Unshell »-Richtlinie genannt) müssen internationale Investoren bereits ihre Geschäftsmodelle anpassen. In dieser Phase sollte sich Luxemburg keinen weiteren Reputationsschaden leisten.

Wie schon bei vergangenen Enthüllungen wie « Luxleaks » schwankt die politische Klasse aber auch zwischen Vorsicht und latentem Verfolgungswahn. Das Urteil der FATF sei nicht legitim, da es sich dabei um ein informelles Bündnis handele, das zudem von finanzkräftigen Großmächten wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien oder den USA dominiert werde, hieß es etwa bei der besagten Parlamentsdebatte im Oktober 2010. Der damalige ADR-Abgeordnete Jacques-Yves Henckes ging sogar so weit, von « Erpressung » zu sprechen und sich bei der Abstimmung aus Protest zu enthalten.

« Was die FATF natürlich interessiert, ist das Verhältnis zwischen der Größe des Landes und dem Gewicht des Finanzsektors », sagt dagegen ein Kenner der FATF-Mission, der anonym bleiben möchte. Natürlich würden andere Länder wie etwa Frankreich sehr genau beobachten, was in Luxemburg passiert. Das sei jedoch Realpolitik, auf die die politische Klasse in der Vergangenheit vielleicht nicht gut genug vorbereitet und generell zu blauäugig gewesen sei.

Regelmäßige Kritik an den Kritikern

Die FATF ist aber nicht vor sachlicher Kritik gefeit. So wunderte sich etwa der britische Finanzjournalist Oliver Bullough in seinem Buch « Butler to the World », wie es sein konnte, dass Großbritannien in seiner letzten Auswertung 2018 Spitzennoten von der FATF erhielt – und das, obwohl das Land als Hochburg des Geldwäscherisikos gilt. Für Bullough gibt es dafür nur eine Erklärung: Die Briten hätten so viele Kontrollinstanzen geschaffen, insgesamt 26 an der Zahl, dass es auf dem Papier nach einem System aussehe, das an sich nicht versagen kann. Zum Vergleich: Der Luxemburger Finanzplatz hat neun Kontrollinstanzen.

Wir müssen uns in Zukunft besser verkaufen können. »François Biltgen, CSV-Justizminister im Jahre 2010

Auch die Methoden der zwischenstaatlichen Organisation werden regelmäßig infrage gestellt. In einem 2020 veröffentlichten Essay geht der australische Geldwäscheexperte Ronald F. Pol auf die Mechanismen der weltweiten Anti-Geldwäscheregelungen ein. Die FATF kommt dabei nicht gut weg: Die 40 Empfehlungen seien nicht zeitgemäß. Zudem sei die FATF nicht auf Innovation aus, sondern halte stur an den teils veralteten Vorstellungen fest – sie wolle ihre Ideen nur mit noch mehr Härte durchsetzen, anstatt sich neuen Lösungswegen zu öffnen.

Der Experte rechnet vor, dass in der EU 144 Milliarden Euro pro Jahr von den Finanzinstituten ausgegeben werden, um Geldwäsche zu bekämpfen. Konfisziert würden aber nur 1,2 Milliarden von den geschätzten 110 Milliarden, die in der EU jedes Jahr gewaschen werden. In einem solchen System würden die Bürger an sich doppelt bestraft: Erstens durch die fehlenden Steuereinnahmen, die durch Geldwäsche und andere Formen der Finanzkriminalität entstehen, und zweitens wegen der Kosten für Anti-Geldwäsche-Regelungen, welche die Banken an ihre Kunden weiterleiten können.

Daraus lässt sich auch schlussfolgern: Die Mittel, mit denen ein Staat gegen die global organisierte Geldwäsche vorgehen kann, sind in jedem Fall begrenzt. Wahrscheinlich liegt der Schlüssel, wie Luxemburg schlechte Noten dauerhaft vermeiden kann, auch in der zwölf Jahre alten Debatte im Parlament. Bei seiner Abschlussrede ging es dem damaligen Justizminister François Biltgen (CSV) nämlich nicht nur um den verstärkten Kampf gegen Geldwäsche, sondern auch um etwas, was die Nachfolgeregierungen absolut beherzigten: « Wir müssen uns in Zukunft besser verkaufen können. »


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