Seit über 30 Jahren führt die gleiche Firma die Aktion « SuperDrecksKëscht » für den Staat aus. Beide Seiten profitieren von der Partnerschaft. Die immer mächtigere Marktposition von « Oeko-Service Luxemburg » wurde dabei von Regierungen unterschiedlicher Couleur politisch geduldet.

Fragt man Hans-Peter Walter nach der Entstehung der « Aktion SuperDrecksKëscht », zeichnet der Unternehmer eine Erfolgsgeschichte nach, an der nicht zuletzt seine eigene Firma « Oeko-Service Luxembourg » (OSL) großen Anteil hat: « Die OSL hat in den mehr als 30 Jahren, in denen sie als Chargé de Mission für die staatliche Aktion beauftragt ist, wesentlich dazu beigetragen, eine nachhaltige und effiziente Abfallwirtschaft in Luxemburg einzuführen und weiterzuentwickeln », so die Darstellung des saarländischen Geschäftsmannes, der in der Branche als « Mr. Superdreckskëscht » bekannt ist.

Und in der Tat: Am Anfang stand mit der professionellen und möglichst umweltverträglichen Entsorgung von Problemabfall ein hehres Ziel. Erst über die Jahrzehnte entwickelte sich das « System SuperDrecksKëscht », von dem letztlich immer die gleiche Firma profitiert. Im Grunde sind es vor allem zwei Männer, die diese « Erfolgsgeschichte » schrieben: Der Unternehmer Hans-Peter Walter und der Direktor der Umweltverwaltung, Robert Schmit, die beide ihre parallel zur Geschäftsbeziehung gewachsene « Männerfreundschaft » auch nicht abstreiten (Reporter.lu berichtete).

Dringender Handlungsbedarf

Alles begann dabei mit einer Initiative des früheren Umweltministers Robert Krieps (LSAP) Mitte der 1980er- Jahre. Der Staat wollte sicherstellen, dass Problemabfälle wie Batterien, Öle oder Chemikalien bei Privathaushalten abgeholt werden. Der Name und das Logo der Aktion gehen dabei auf einen Mal- und Ideenwettbewerb des zuständigen Ministeriums zurück, wie das « Land » berichtete.

Die Anfänge der « Aktion SuperDrecksKëscht » fallen ohne Zweifel in eine Zeit wachsenden Umweltbewusstseins. In Deutschland und Luxemburg betraten damals grüne Parteien die politische Bühne und prägten mit ihren Kernthemen zunehmend den Diskurs. Auf der Agenda standen: Atomkraft, das drohende Waldsterben und der Klimawandel.

Der Staat musste damals aktiv werden, weil sich in der privaten Abfallwirtschaft nicht viel bewegte. So ist die Zusammenarbeit mit Herrn Walter entstanden. »Alex Bodry, früherer Umweltminister

Etwa zur gleichen Zeit, 1987, wurde das sogenannte Montreal-Protokoll verabschiedet, das den Schutz der Ozonschicht zur nationalen Pflicht für die Unterzeichnerstaaten macht. Die Reduzierung von umweltschädlichen Halogenkohlenwasserstoffen und Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) wurde auch für Luxemburg zu einer dringenden umweltpolitischen Aufgabe. Beide Gase kamen unter anderem in Kühlgeräten und Sprühdosen zur Anwendung. Die SuperDrecksKëscht gewann an Wichtigkeit und eine eigene « Superfreonkëscht » für FCKW-Abfälle wurde ins Leben gerufen.

Der damalige Umweltminister und Nachfolger von Robert Krieps, Alex Bodry (LSAP), erinnert sich: « Der Staat musste damals aktiv werden, weil sich in der privaten Abfallwirtschaft nicht viel bewegte. So ist die Zusammenarbeit mit Herrn Walter entstanden. »

Der Aufstieg des Robert Schmit

Was Alex Bodry nicht erwähnt: Die Entscheidung, die Firma Oeko-Service Luxemburg mit der Ausführung der « Aktioun SuperDrecksKëscht » zu beauftragen, fällt mit einer öffentlichen Auseinandersetzung zwischen dem Minister und der Umweltverwaltung zusammen.

Der damalige beigeordnete Direktor der Umweltverwaltung, Norry Kirsch, war bei dem Minister in Ungnade gefallen, weil er unter anderem Medien und Einwohner des Pfaffenthals auf bedenkliche Resultate von Bodenproben hingewiesen hatte. Diese waren eine Folge von Sandstrahlarbeiten an der « Roud Bréck ». Gegenüber dem Radiosender RTL behauptete Minister Alex Bodry damals, die Veröffentlichung sei nicht mit ihm abgesprochen gewesen. Kirsch begründete sein Handeln seinerseits mit dem Amtseid und seiner Pflicht, Bürger über Umweltprobleme in Kenntnis zu setzen.

Alex Bodry forcierte daraufhin im Kabinett ein Disziplinarverfahren gegen den hohen Beamten, samt öffentlicher Anhörung. Ein bis dato einmaliges Vorgehen. In der Folge des Verfahrens wurde Norry Kirsch seines Postens bei der Umweltverwaltung enthoben und degradiert. Seine Nachfolge in der Umweltverwaltung übernahm ein junger Beamter, der seitdem bei der Gestaltung der Luxemburger Abfallwirtschaft federführend sein sollte: der heutige Direktor der « Administration de l’environnement », Robert Schmit.

Umzug von Steinsel nach Colmar-Berg

Ihr Lager hatte die Aktion SuperDrecksKëscht zunächst in Steinsel. Der Umzug der Aktion nach Colmar-Berg kam überraschend und stieß bei den damaligen Verantwortlichen nicht unbedingt auf Gegenliebe. « Plötzlich hieß es, die SuperDrecksKëscht kommt nach Colmar-Berg. Unter der Hand wurde gemunkelt, dass es in Steinsel zu Problemen bei der Lagerung gekommen war. Viele Bürger waren deshalb nicht begeistert von den Plänen », schildert der langjährige Bürgermeister von Colmar-Berg, Fernand Diederich, die Situation Anfang der 1990er Jahre im Gespräch mit Reporter.lu.

Es gab nie Probleme mit der Aktion SuperDrecksKëscht. Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde war immer transparent. »Fernand Diederich, Ex-Bürgermeister von Colmar-Berg

In einem Artikel im « Kéisecker », der Zeitschrift der Umweltorganisation « Mouvement Ecologique », findet sich unter dem Titel « Geheimes Superdreckskëscht-Lager in Colmar-Berg? » ein Verweis auf die Episode: « In Steinsel tauchten bekanntlich, wegen der ungenügenden Deponietechnik, Probleme bei der Lagerung auf. In der Tat hatte die Umweltverwaltung eine Belastung des Alzette-Wassers festgestellt, die Resultate von Bodenanalysen welche vor Monaten durchgeführt worden sind, wurden der Öffentlichkeit immer noch nicht vorgestellt. »

Mit dem Umzug nach Colmar-Berg beginnt auch die direkte Zusammenarbeit zwischen der Umweltverwaltung und Hans-Peter Walter. Die Fehler aus Steinsel sollten sich nicht wiederholen. Anwohner und Gemeindevertreter aus Colmar-Berg werden Teil eines Begleitausschusses der SuperDrecksKëscht, der Bedenken dauerhaft aus dem Weg räumen soll.

Politik interessiert sich weniger für Details

Spricht man politische Verantwortliche auf die Beziehung zwischen OSL, der Firma hinter der SuperDrecksKëscht, und dem Staat an, bekommt man fast immer die gleiche Antwort. « Es gab nie Probleme mit der Aktion SuperDrecksKëscht. » « Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde war immer transparent », beschreibt auch Fernand Diederich die Beziehung über die Jahre. Auch sein Nachfolger Gast Jacobs, der seit Anfang der 1990er-Jahre und bis 2018 Mitglied im Begleitausschuss der SDK war, bewertet die Zusammenarbeit als durchweg positiv: « Was die technischen Abläufe betrifft, war die Gemeinde immer über alles informiert. »

Auch auf der obersten politischen Ebene herrschte Zufriedenheit über das entstandene Modell. Lucien Lux (LSAP) war als Umweltminister für das bis heute gültige SDK-Gesetz aus dem Jahr 2005 zuständig. Der Erinnerung des Ex-Ministers zufolge wurde das Gesetz damals ohne große Diskussionen vom Parlament verabschiedet. In der öffentlichen wie der politischen Meinung sei die « Aktioun SuperDrecksKëscht » immer als « Success Story » wahrgenommen worden, unterstreichen gleich mehrere Gesprächspartner. Ähnlich beschreibt auch der ehemalige Nachhaltigkeitsminister Claude Wiseler (CSV) die Zusammenarbeit: « Mir waren nie Probleme bei der Aktion Superdreckskëscht bekannt. »

So gibt es nach all den Jahren auch wenig Zweifel an der Qualität der Dienstleistung, die die Firma OSL im Auftrag des Staates ausführt. Allerdings fällt in den Gesprächen auf: Auf die Finanzierung der Aktion angesprochen, schweigen sich die Befragten größtenteils aus. Dies sei allein Sache der Umweltverwaltung, so der Tenor. Für die Details, was genau mit den vielen Millionen an Steuergeldern passiert, scheinen sich nur die wenigsten Verantwortlichen oder Ex-Verantwortlichen zu interessieren.

Klage an formellen Kriterien gescheitert

Die Auftragsvergabe zur SuperDrecksKëscht wird indes erst seit 2007 über eine EU-weite Ausschreibung geregelt. Davor gab es lediglich nationale Ausschreibungsverfahren. Infrage gestellt wurde die immer dominantere Marktposition der Firma Oeko-Service Luxemburg vornehmlich von Mitbewerbern. So wie 2001, als die Firma Lamesch gegen das Wirtschaftsministerium klagte.

Das Abfallunternehmen hatte gegen die Entscheidung des Ministeriums, eine Beschwerde wegen unlauteren Wettbewerbsvorteils für die Firma OSL im Zusammenhang mit der SuperDrecksKëscht zu verwerfen, geklagt. Das Verwaltungsgericht hatte die Klage in letzter Instanz abgewiesen. Dies jedoch nicht, weil kein Wettbewerbsvorteil bestanden hätte, sondern aus formalen Gründen.

Wer mit wem befreundet ist, ist nichts, was eine Ministerin in diesem Fall zu beurteilen hat. Sollte es jedoch Unregelmäßigkeiten oder ungeklärte Fragen geben, gilt es diese aufzuklären. »Carole Dieschbourg, Umweltministerin

Konkret geht es um die Entscheidung der Vertragsvergabe an Oeko-Service. Diese sei nicht im Wirtschaftsministerium gefallen, sondern im Ministerrat auf Vorschlag der Umweltverwaltung beschlossen worden, so das Urteil. Allein das Wirtschaftsministerium hierfür juristisch haftbar zu machen, sei laut den Richtern des Verwaltungsgerichts nicht zulässig. Die Marktposition, die Oeko-Service einnehme, sei demnach auf eine Entscheidung der Regierung zurückzuführen. Eine Bewertung, ob eine Monopolstellung oder ein Wettbewerbsvorteil bestehe, wurde damals nicht getätigt.

Wie profitabel diese Entscheidung bereits Anfang der 1990er-Jahre war, zeigt ein Blick in die damaligen Bilanzen der Firma. Betrug der Gewinn von OSL für das Jahr 1990 lediglich 5 Millionen Franken, belief sich der Gewinn drei Jahre später bereits auf über 43 Millionen Franken.

Die Frage nach dem politischen Erbe

2019 machte Oeko-Service einen Gewinn von 2,6 Millionen Euro und schüttete Dividenden in Höhe von 1,5 Millionen Euro aus. Ein Jahr zuvor unterzeichnete das von Hans-Peter Walter und dessen Zwillingsbruder Hermann Walter geleitete Unternehmen einen neuen Vertrag mit dem Staat – mit einem Volumen von knapp 100 Millionen Euro über elf Jahre.

In den Bilanzen finden sich neben den reinen Geschäftszahlen jedoch auch einige Auffälligkeiten, wie etwa Forderungen in Höhe von rund 3,7 Millionen Euro. Neben der Firma in Luxemburg betreibt Hans-Peter Walter mittlerweile zahlreiche Oeko-Service-Ableger im Ausland. Über die genauen Ausmaße des Geschäftsgebarens weiß offenbar auch die Umweltverwaltung nicht in allen Details Bescheid, wie Nachfragen von Reporter.lu im Rahmen der Recherche zum « System SuperDrecksKëscht » zeigten.

Auch die Beziehung zwischen dem Anfang der 1990er-Jahren noch jungen Beamten Robert Schmit und Hans-Peter Walter hat sich offensichtlich verändert. Heute bezeichnen sich beide gegenüber Reporter.lu als Freunde, die ein vertrauensvolles Verhältnis haben.

Das politische Erbe der SuperDrecksKëscht ist auf viele Schultern und Politiker unterschiedlicher Couleur verteilt. Heute trägt allerdings Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) die Verantwortung. Im Interview mit « RTL », stellte die Ministerin in Aussicht, am kommenden Dienstag vor dem parlamentarischen Umweltausschuss Rede und Antwort zu stehen.

Besonders in einem Punkt dürfte dabei noch Klärungsbedarf bestehen: Auf das enge persönliche Verhältnis zwischen dem Beamten Robert Schmit und dem Unternehmer Hans-Peter Walter angesprochen, versuchte Carole Dieschbourg zunächst zu beschwichtigen: « Wer mit wem befreundet ist, ist nichts, was eine Ministerin in diesem Fall zu beurteilen hat. » Allerdings betonte die Ministerin zum Schluss dann doch: « Sollte es jedoch Unregelmäßigkeiten oder ungeklärte Fragen geben, gilt es diese aufzuklären. »


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