Die Justiz ermittelt gegen den Bürgermeister von Wiltz, Fränk Arndt. Unter Verdacht stehen dabei auch Immobilientransaktionen im Gemeinderat. Recherchen von Reporter.lu belegen die enge Beziehung zwischen dem LSAP-Politiker und einer Immobilienfirma aus Wiltz.

Seit Anfang des Jahres kreisen dunkle Wolken über dem Gemeindehaus in Wiltz. Denn seit dem 12. Februar steht Bürgermeister Fränk Arndt (LSAP) ganz offiziell unter Verdacht. An diesem Tag verschickte die Staatsanwaltschaft des Gerichtsbezirks Diekirch eine Pressemitteilung, die es in sich hatte. Gegen den Wiltzer Bürgermeister wurden gleich zwei neue Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Raum stehen mögliche Bestechung, unlautere Einflussnahme und Vorteilsannahme im Amt.

Das erste Verfahren betrifft ein Ferienchalet, an dem mutmaßlich illegale Umbauarbeiten durchgeführt worden sein sollen. Ein Vorwurf, über den das « Luxemburger Wort » im vergangenen November erstmals berichtet hatte. Reporter.lu thematisierte den Fall Ende Februar im Zusammenhang mit einem anderen Ferienhaus, dessen Miteigentümer der heutige Minister Claude Haagen (LSAP) ist.

Noch brisanter sind hingegen die Korruptionsvorwürfe im zweiten Verfahren, das gegen Fränk Arndt eröffnet wurde. In ihrem Schreiben betont die Justiz, dass im Zuge der Ermittlungen am 9. Februar mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt worden seien – unter anderem bei einer Immobilienfirma, einer Privatperson sowie bei der Gemeindeverwaltung in Wiltz. Konkret gehe es um « (…) des faits relatifs à des transactions immobilières et la relation du bourgmestre avec certaines entreprises et personnes privées », so die Staatsanwaltschaft.

Die Immobiliendeals des Bürgermeisters

Mehr Details drangen bisher nicht an die Öffentlichkeit. Auch Fränk Arndt selbst wollte sich nicht öffentlich zu den Vorwürfen äußern. Quellen, die mehr wissen und über den Verdacht sprechen wollten, taten dies nur unter der Wahrung der Anonymität. Kurz: Es liegt ein Mantel des Schweigens über der Wiltzer Affäre. Dennoch gelang es Reporter.lu, nachzuvollziehen, worum es bei den schweren Vorwürfen gehen soll und wieso sich auch der Gemeinderat bisher so bedeckt hält.

Am 30. März 2018 werden der damalige « Deputé-Maire » Fränk Arndt und seine Frau Wohnungsbesitzer und das gleich zweimal. Doch während bei anderen der Weg dafür wohl zu einer Bank führen würde, gelangt das Ehepaar auf eher ungewöhnlichem Weg zu seinem neuen Immobilieneigentum. Denn dem Deal liegt ein Tauschgeschäft zugrunde. Dies belegen notarielle Urkunden, die Reporter.lu exklusiv vorliegen. Hintergrund sind zwei Apartmenthäuser, die in der Rue des Sports in Wiltz gebaut werden sollten.

Fränk Arndt, Jahrgang 1959, ist seit 2009 Bürgermeister der Stadt Wiltz. Von 2013 bis 2018 war der LSAP-Politiker zudem Abgeordneter im Parlament. (Foto: Chambre des députés)

Besitzer der dafür nötigen Grundstücke ist das Ehepaar Arndt. Eines davon haben Fränk Arndt und seine Frau 2015 selbst erworben, das andere, auf dem sich noch ein Wohnhaus befindet, hat der Bürgermeister 2014 von seiner Mutter geerbt. Im März 2018 überschreibt das Ehepaar die Grundstücke schließlich der Firma « Licon » im Rahmen eines Tauschgeschäfts. Die Firma verpflichtet sich im Gegenzug, auf den besagten Grundstücken jeweils ein Mehrfamilienhaus zu errichten und die Eheleute als Teilhaber in das Projekt einzubinden. Fränk Arndt und seiner Frau wird daraufhin eine Beteiligung in Höhe von insgesamt 1.105.650 Euro notariell zugesichert.

Dafür erhalten die Eheleute jeweils eine Eigentumswohnung in den Wohnkomplexen « An der Geîtz I » und « An der Geîtz II ». Allein die Wohnung in dem zweiten Immobilienprojekt hat dabei eine Fläche von 189 Quadratmetern und verfügt zusätzlich über eine Terrasse von rund 60 Quadratmetern.

Eine politisch abgesegnete Transaktion

Nun ist allein dies nicht anrüchig, denn auch ein Bürgermeister muss irgendwo wohnen. Wirklich problematisch wird die Beteiligung an dem Bauprojekt denn auch erst rund zwei Monate später. Am 14. Mai 2018 stehen zwei Transaktionen auf der Tagesordnung der Sitzung des Wiltzer Gemeinderats. Beide stehen in Verbindung mit dem Immobilienprojekt in der Rue des Sports.

Zunächst beschließt die Gemeinde den Kauf einer Wohnung im Wert von 415.837,80 Euro bei der Firma « Licon » und schließt dafür einen Vorvertrag ab. Die Immobilie ist Teil jenes Mehrfamilienhauses in der Rue des Sport, für das die Familie Arndt Grundstücke getauscht hat. Dies geht aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung hervor.

Das Projekt erhält einen breiten Zuspruch im LSAP-CSV-geführten Gemeinderat. Das Sitzungsprotokoll hält fest, dass sich nur die Oppositionsräte Jean Jacquemart und Guy Herbin (beide DP) bei der Abstimmung enthalten, ebenso wie die CSV-Rätin Carole Weigel. Der sozialistische Bürgermeister hingegen stimmt mit ab und gibt dem Projekt seine Zustimmung.

In der gleichen Sitzung stimmt der Gemeinderat dann einem Tauschhandel zu. Die gerade eben erworbene Immobilie in der Rue des Sports wird gegen eine Grundstücksparzelle in Eschweiler getauscht, die damit in den Besitz der Gemeinde übergeht. Die Parzelle in der Duerfstrooss liegt im Ortskern von Eschweiler und hat eine Fläche von 31,99 Ar.

Eine problematische Gemeinderatssitzung

Damit wäre die Gemeinde vergleichsweise günstig an Bauland gekommen. Nimmt man beispielsweise einen relativ günstigen Vergleichswert von 25.000 Euro pro Ar als Berechnungsgrundlage, wäre ein Verkaufspreis von 800.000 Euro für das Grundstück realistisch. Die Gemeinde hätte demnach nur rund die Hälfte davon bezahlt. Das Abstimmungsverhalten der Gemeinderäte ist dabei identisch wie beim Immobilienkauf. Wieder stimmt Fränk Arndt laut Sitzungsprotokoll mit ab.

Im Zuge der Untersuchung über eine mutmaßlich illegale Bauschuttdeponie in Wiltz erweiterte die Justiz ihre Ermittlungen auf eine mögliche Korruptionsaffäre in der Ardennenstadt. (Foto: Mike Zenari)

Allerdings bestehen berechtigte Zweifel daran, dass Fränk Arndt dem Gemeinderat seine Beteiligung an den Immobilienprojekten in der Rue des Sports vor der Sitzung offengelegt hat. Und genau dieser Punkt ist nicht nur politisch, sondern auch strafrechtlich relevant. Das Sitzungsprotokoll schweigt sich dazu aus. Eine mit dem Dossier vertraute Quelle, die anonym bleiben möchte, betont im Gespräch mit Reporter.lu, dass der Bürgermeister seine Beteiligung damals verschwiegen habe. Artikel 245 des Strafgesetzbuchs sieht die illegale Vorteilsannahme im Amt dabei nur dann als nicht gegeben an, wenn « (…) celui qui ne pouvait, en raison des circonstances, favoriser par sa position ses intérêts privés et qui aura agi ouvertement. »

Demnach wäre eine Enthaltung bei der Abstimmung sowie eine Offenlegung des Eigeninteresses von Fränk Arndt zwingend erforderlich gewesen. Die Enthaltungs- und Offenlegungspflicht ist dabei nicht nur strafrechtlich relevant, auch das Gemeindegesetz verpflichtet Amtsträger dazu, Eigeninteressen klar zu benennen. Zudem ist die Teilnahme an der Abstimmung dann ausdrücklich verboten.

Die Verbindung zur illegalen Bauschuttdeponie

Die enge persönliche Beziehung zwischen Fränk Arndt und einigen Immobilienfirmen ist in Wiltz ein offenes Geheimnis. Im Fall der Transaktion um die Immobilien in der Rue des Sports fällt indes die Verbindung zwischen Fränk Arndt und einem Bauunternehmer ins Auge. Hinter der Firma « Licon » verbirgt sich laut Firmenregister einerseits der belgische Bauunternehmer Horst C., der 60 Prozent der Anteile hält. Die restlichen 40 Prozent hält der gebürtige Wiltzer Aldin C.

Letzterer Name taucht im Zusammenhang mit einer anderen Affäre auf. Bereits 2021 leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen einer mutmaßlich illegalen Bauschuttdeponie in Wiltz ein. Wie mehrere Bürger in einer Reportage von « RTL » bereits andeuteten, soll eine Baufirma aus Wiltz für die Nutzung verantwortlich sein. Wie aus Katasterauszügen hervorgeht, die Reporter.lu einsehen konnte, gehört das Gelände, das als Deponie genutzt wurde, Fahir C. Neben dem Grundstück hält der gebürtige Bosnier zehn Prozent der Anteile an der Baufirma « ANM Constructions SA ». Die restlichen 90 Prozent der Anteile an dieser Firma mit Sitz in Wiltz gehören einem gewissen Aldin C.

Bürgermeister Fränk Arndt ließ Fragen von Reporter.lu zu der Immobilientransaktion im Gemeinderat am 14. Mai 2018 und seiner Beziehung zur Baufirma « Licon » unbeantwortet. Auch andere Mitglieder des Gemeinderats wollten zur Angelegenheit keinen Kommentar abgeben. Die Justiz ihrerseits wollte sich, mit Berufung auf das Instruktionsgeheimnis, nicht zu den laufenden Ermittlungen äußern.

Fest steht: Neben dem Bürgermeister wird auch gegen weitere Privatpersonen und Unternehmen ermittelt. Um welche Personen und Gesellschaften es sich handelt und wann die Ermittlungen abgeschlossen sein werden, wollte die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage von Reporter.lu nicht kommentieren. Bis es zum Prozess und einer möglichen Verurteilung kommt, gelte in jedem Fall die Unschuldsvermutung, so ein Justizsprecher.


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