Trotz deutlicher Wahlniederlage will die LSAP-Führung sich erneut an einer Regierung mit DP und Déi Gréng beteiligen. Auch parteiinterne Kritiker zeigen sich im Prinzip offen für diese Option. Gleichzeitig pochen sie auf eine inhaltliche und personelle Erneuerung.

Es könnte die Stunde der parteiinternen Dissidenten sein. Denn neben der CSV ist die LSAP der große Verlierer der Parlamentswahlen. Die Sozialisten bleiben zwar zweitstärkste Partei, verlieren aber 2,7 Prozent der Stimmen und drei Sitze im Parlament. Damit setzt die Partei einen langfristigen Negativtrend fort: Seit sie 2004 in die Regierung eintrat, hat die LSAP bei jeder Parlamentswahl Stimmen verloren.

Für die Parteiführung ist das jedoch kein Grund, den Gang in die Opposition anzutreten. „Ich habe ein einstimmiges Mandat erhalten, um Koalitionsverhandlungen aufzunehmen“, so Spitzenkandidat Etienne Schneider am Montag nach einer Sitzung der Parteileitung.

In der Partei gibt es aber auch Kritik an dieser Entscheidung. Doch selbst bekannte parteiinterne Kritiker halten sich verhältnismäßig noch zurück. „Ich persönlich würde es bevorzugen, wenn die Partei sich in der Opposition erneuern würde“, sagt Nico Wennmacher im Gespräch mit REPORTER. Er lehnt eine erneute Regierungsbeteiligung aber nicht kategorisch ab: „Auch in der Regierung ist eine Neuaufstellung nicht unmöglich.“

Programmatische Kritik von Links

Der frühere Präsident der Eisenbahnergewerkschaft Landesverband wird dem linken Flügel der LSAP zugerechnet. In den vergangenen Jahren übte er immer wieder Kritik an der politischen Linie der Parteiführung. Gemeinsam mit anderen gewerkschaftsnahen Parteimitgliedern meldete Wennmacher sich wiederholt in kritischen offenen Briefen zu Wort. Zuletzt war das im Januar dieses Jahres der Fall, als 54 Unterzeichner der Parteispitze vorwarfen, sie würde der „Designierung des Spitzenkandidaten“ mehr Aufmerksamkeit schenken als der inhaltlichen Ausrichtung des Wahlprogramms.

Für mich ist klar, dass es keine Verschlechterungen bei der Gesundheits- und Pflegeversicherung geben darf, der Mindestlohn muss erhöht werden, und die Unternehmenssteuer soll nicht allgemein gesenkt werden. »Nico Wennmacher, LSAP

Diese gewerkschaftsnahe Gruppe will auch während den bevorstehenden Koalitionsverhandlungen Druck auf ihre Parteiführung ausüben. „Wir wollen vor allem programmatische Akzente setzen“, so Wennmacher: „Wenn die LSAP sich erneut an der Koalition beteiligen soll, muss das Regierungsprogramm im Einklang mit sozialistischen Grundwerten sein.“

Woran man diese „sozialistische Grundwerte“ festmachen will, soll in den nächsten Tagen festgelegt werden. „Wir werden uns nächste Woche treffen, um zu besprechen, was genau wir in den Vordergrund stellen wollen“, so Wennmacher: „Für mich ist klar, dass es keine Verschlechterungen bei der Gesundheits- und Pflegeversicherung geben darf, der Mindestlohn muss erhöht werden, und die Unternehmenssteuer soll nicht allgemein gesenkt werden.“

Gerade bei letztem Punkt dürfte die Parteiführung aber Kompromisse eingehen. Denn die DP fordert in ihrem Wahlprogramm eine weitreichende sukzessive Senkung der Besteuerung von Betrieben.

Jungsozialisten fordern personelle Erneuerung

Während der linke Flügel um Nico Wennmacher programmatische Schwerpunkte setzten will, fordern die Jungsozialisten nach der Wahlniederlage vor allem eine personelle Erneuerung. „Arbeitsminister Nicolas Schmit sagte schon vor zwei Jahren, er wolle Platz für neue Talente machen. Dieser Meinung bin ich auch.“, sagt der Jungsozialist Patrick Weymerskirch (24). „Auch im Südbezirk gibt es mit Jean Asselborn, Mars Di Bartolomeo und Alex Bodry mehrere Mandatsträger, die nicht mehr die jüngsten sind.“

In der Regierung muss Platz für neue Gesichter gemacht werden. Es gibt da durchaus Anwärter. »Patrick Weymerskirch, LSAP

Der frühere Präsident des Jugendparlaments begrüßt grundsätzlich, dass seine Partei sich erneut an einer Dreierkoalition beteiligen will. „Das bedeutet aber nicht, dass wir Jungsozialisten die Regierungsbeteiligung einfach durchwinken werden“, so Weymerskirch. „In der Regierung muss Platz für neue Gesichter gemacht werden. Es gibt da durchaus Anwärter: Taina Bofferding bekam mehr Stimmen als Gesundheitsministerin Lydia Mutsch. Dan Biancalana wurde besser gewählt als Fraktionschef Alex Bodry.“

In einer am Dienstag veröffentlichten « Mitteilung an die Parteileitung » fordern die Jungsozialisten eine « klare Erneuerung der Partei, sowohl bei den Abgeordneten als auch bei den Ministern ». Die Jugendsektion verzichtet in ihrer offiziellen Stellungnahme darauf, Mandatsträger namentlich zu erwähnen.

Die Frauensektion der LSAP will sich dagegen noch nicht zum Wahlresultat und einer eventuellen Regierungsbeteiligung äußern. „Wir haben unsere Position noch nicht festgelegt. Es ist jetzt an der Parteispitze, sich zu äußern“, so die Präsidentin der „Femmes Socialistes“, Sylvie Jansa. Fest steht, dass die LSAP ein Geschlechterproblem hat: Unter den zehn Sozialisten, die am Sonntag direkt ins Parlament gewählt wurden, befindet sich keine einzige Frau.

Der Eintritt in eine neue Dreierkoalition wird für die LSAP bei diesem Wahlergebnis jedenfalls « kein Selbstläufer », wie es Fraktionschef Alex Bodry bereits im Interview mit « Radio 100,7 » ausdrückte. Zudem muss in jedem Fall ein Parteitag der Entscheidung einer Regierungsbeteiligung zustimmen. Das sehen die Statuten der Partei vor.