Das Problem der sozialen Ungleichheit hat sich weiter verstärkt. Die Regierung reagierte nur punktuell und unzureichend. Reformen wie die des Revis verfehlten ihre Ziele. Andere Vorhaben wie die Regulierung der Plattformarbeit wurden aufgeschoben. Eine Bilanz.
„Die Regierung wird große Anstrengungen auf sich nehmen, um eine ehrgeizige Sozialpolitik umzusetzen, die als Ziel hat, den wachsenden Lohnabstand zu reduzieren, den Kampf gegen die Armut und den gesellschaftlichen Ausschluss zu verstärken, mit einem Fokus auf die Lohnstruktur und eine gerechte Steuerpolitik“, versprach Blau-Rot-Grün 2018 in ihrem Koalitionsprogramm.
Seitdem hat sich die Lage jedoch teilweise verschlechtert. Die Zahlen des Statistikamts „Statec“ belegen, dass Armut und Armutsrisiko in Luxemburg immer stärker präsent sind. Am meisten betroffen sind Großfamilien und Alleinerziehende mit Kindern. Mehr als ein Haushalt von fünf gab bei der Datenerhebung an, sich in finanziellen Schwierigkeiten zu befinden. Das zeigt auch der sogenannte Gini-Koeffizient, der das Ausmaß der sozialen Ungleichheit misst und der seit 2013 konstant blieb – mit Höchstständen in den Pandemiejahren 2020 und 2021.
Auch das „Panorama social“ der „Chambre des salariés“ (CSL) zeichnete im April dieses Jahres ein düsteres Bild eines Landes, in dem sich Ungleichheiten dauerhaft installieren. Die Arbeitnehmerkammer macht dies unter anderem daran fest, dass die „Epiceries sociales“, in denen günstig eingekauft werden kann, wenn man die „Allocation de vie chère“ bezieht, seit 2014 mehr als doppelt so viel Zulauf haben als zuvor. Machten vor knapp zehn Jahren noch 4.100 Menschen von den Sozialläden Gebrauch, sind es in der Zwischenzeit mehr als 10.000 Personen.
Warum die Armutsrisiken steigen
Am meisten Schlagzeilen machte aber die Ankündigung der EU-Kommission, dass Luxemburg europaweit Spitzenreiter bei den sogenannten „Working Poor“ ist. Also Menschen, die einer regulären Arbeit nachgehen, aber trotzdem auf Unterstützung durch soziale Maßnahmen angewiesen sind. Der sogenannte „In-Work-Poverty“-Index stieg in den vergangenen Jahren in Luxemburg drastisch an. Von 10,3 Prozent anno 2012 auf 13,5 Prozent im Jahr 2021. Erfolgreiche Armutsbekämpfung sieht anders aus.
Beunruhigend an dieser Entwicklung ist vor allem der europäische Vergleich. Lagen 2012 noch fünf andere Länder vor Luxemburg, so ist es aktuell nur noch eins – Rumänien. Und auch dort ist der Trend rückläufig, und wurde in derselben Zeitspanne um mehr als drei Prozentpunkte reduziert. Das heißt auch, dass Luxemburg das einzige EU-Land ist, in dem die Zahl an „Working Poor“ zunimmt, anstatt kleiner zu werden.
Eine der Ursachen liegt am Mindestlohn, der in Luxemburg nicht ausreicht, um ein menschenwürdiges Leben zu führen. Auch nicht, wenn die Haushalte im Rahmen des „Revenu d’inclusion sociale“ (Revis) eine Unterstützung erhalten …
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