Claude Meisch trat vor fünf Jahren mit dem Ziel an, seine Reformen zu verewigen. In seiner zweiten Amtszeit drückte der Minister der Bildungspolitik noch mehr seinen liberalen Stempel auf. Die Ungerechtigkeiten des Schulsystems konnte er damit nur eingrenzen.
Als Claude Meisch vor zehn Jahren zum Bildungsminister ernannt wurde, überraschte das viele Beobachter. In der DP-Fraktion galt er als Finanz- und Wirtschaftsexperte, weshalb er eher als möglicher Finanzminister gehandelt wurde. Das Bildungsressort aber hatte er sich selbst ausgesucht.
In der ersten Legislatur reformierte er den Sekundarunterricht und verlieh den Schulen mehr Autonomie bei der Gestaltung ihres Schulangebots, gestaltete die Studienbeihilfen neu und schaffte den Religionsunterricht ab. Er führte in den ersten Jahren das Ministerium also, wie es von einem liberalen Finanzpolitiker zu erwarten war. Trotz der vielen Reformen wagte der Minister sich jedoch nicht an eine grundlegende Umgestaltung des Bildungssystems. Vielmehr legte er zwischen 2013 und 2018 den Grundstein für sein Vermächtnis. In Differdingen öffnete die erste öffentliche Europaschule ihre Türen – und ebnete damit den Weg für den Ausbau eines parallelen Schulsystems, der in den vergangenen fünf Jahren seinen Lauf nahm.
In seiner Zeit als Bildungsminister eröffnete Claude Meisch insgesamt sechs öffentliche Europaschulen und schuf vier zusätzliche Sektionen im klassischen Unterricht. Somit versuchte er, seinem persönlichen Motto „Ënnerschiddlech Schoule fir ënnerschiddlech Schüler“ gerecht zu werden. Den Teil der Bevölkerung, der am meisten auf Unterstützung angewiesen wäre, konnte der Minister damit allerdings kaum erreichen.
Der Schulerfolg ist vorbestimmt
In keinem anderen EU-Land hat der sozioökonomische Hintergrund einen größeren Einfluss auf die Schulergebnisse von Kindern als in Luxemburg. Das war eines der Haupterkenntnisse der letzten PISA-Studie von 2018, an der das Großherzogtum teilnahm. Claude Meisch beschwichtigte, man könne die spezielle Situation hierzulande nicht mit dem Ausland vergleichen. Deshalb nimmt Luxemburg seit 2019 nur noch an jeder zweiten PISA-Erhebung teil. Parallel dazu sollte eine weitere Studie gemeinsam mit Ostbelgien und Südtirol durchgeführt werden, deren sprachliche Spezifitäten eher mit Luxemburg zu vergleichen seien. Diese Untersuchung liegt aber noch nicht vor.
Dafür hat das „Luxembourg Centre for Educational Testing“ (Lucet) in den vergangenen Jahren ausreichend eigene Studien vorgelegt. Die Forscher erheben jährlich Daten zu den schulischen Leistungen von Kindern. Die Ergebnisse verdeutlichen jedes Jahr dieselbe Erkenntnis, die bereits in der PISA-Studie offensichtlich wurde. Der sozioökonomische Hintergrund ist in Luxemburg ausschlaggebend für die schulische Leistung …
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