Die App „e-Bichelchen“ ist ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung des Bildungssystems. Bei der Auftragsvergabe kam es jedoch zu einem Interessenkonflikt. Das Ministerium von Claude Meisch reagierte erst, als die Entwicklung abgeschlossen war.

Die Idee ist simpel: Eine Software soll die Kommunikation zwischen Schülern, Eltern, Lehrern und Erziehern der „Maison relais“ vereinfachen. Das Lehrpersonal kann die Hausaufgaben für jeden ersichtlich in das digitale Hausaufgabenheft eintragen und Probleme bei Aufgaben können von Eltern oder Pädagogen per App an die Lehrer gemeldet werden. Die App soll also zu einer Verbesserung des Schulbetriebs beitragen.

Seit September wird das „e-Bichelchen“ in den Grundschulen in einer Pilotphase genutzt. Die Software sei vom „Centre de gestion informatique de l’éducation“ (CGIE) entwickelt worden, antwortete Bildungsminister Claude Meisch (DP) noch im vergangenen Oktober auf eine parlamentarische Anfrage. Allerdings handelt es sich beim „e-Bichelchen“ nicht um ein Produkt der informatischen Fähigkeiten des CGIE. Vielmehr wirft die Entwicklung der Software trotz ihres unbestreitbaren Fortschritts Fragen auf. Das zeigen Recherchen von Reporter.lu.

Denn hinter dem „e-Bichelchen“ steckt das Zwei-Personen-Start-Up „Apporix“. Geführt wird das Unternehmen von Loris und Nadine Wilwert. Dabei handelt es sich um den Sohn und die Frau des Vizedirektors des CGIE. Also genau um die Behörde, die die App angeblich selbst entwickelt haben soll. Tatsächlich hat sie den Auftrag jedoch an den Sohn des stellvertretenden Direktors vergeben, wie das Bildungsministerium auf Nachfrage von Reporter.lu bestätigt. Die Zusammenarbeit begann im April 2022, von dem Interessenkonflikt will das Kabinett von Claude Meisch aber erst im September 2022 erfahren haben.

Vom Hobby- zum Staatsprogrammierer

Apporix wurde vor vier Jahren vom damals 18-jährigen Schüler Loris Wilwert und seiner Mutter Nadine Wilwert-Ruscitti gegründet. Der junge Unternehmer hatte in den Jahren zuvor bereits mehrere Apps in seiner Freizeit entwickelt. Dazu zählt etwa die App „Snack Track“, welche die Standorte von Foodtrucks aufzeigt, oder die „Fräibéier“-App, die über Events für Abiturienten informierte, bei denen kostenlos Bier ausgeschenkt wurde.

Aus einem Hobby machte Loris Wilwert seinen Beruf. Neben dem Informatikstudium in Deutschland begann er erste Apps für ein breiteres Publikum zu programmieren. Mit „Scazor“ entwickelte er während der Covid-Pandemie etwa eine App für Restaurants, die auf Basis eines QR-Codes das Menü anzeigt. Diese Apps wurden alle auf eigene Initiative entwickelt. Die ersten lukrativen Angebote erhielt Loris Wilwert allerdings erst vom Bildungsministerium. Oder genauer gesagt von der Abteilung, der sein Vater als stellvertretender Direktor mit vorsteht. Die Firma Apporix ist auch an der Adresse des privaten Einfamilienhauses der Wilwerts gemeldet …