Nach drei Monaten „Large Scale Testing“ hat die Regierung eine neue Strategie für die großflächigen Covid-19-Tests vorgestellt. Die zweite Phase des Projekts fällt deutlich kleiner aus als die erste. Und auch vor allzu großen Ankündigungen und Erwartungen hütet sich die Politik mittlerweile.

Die Idee klang einleuchtend: Bis zu 20.000 Tests pro Tag sollten einen besseren Blick über das Infektionsgeschehen im Land ermöglichen. Letztlich kam es dann doch anders. Die angestrebte Testkapazität hat man nie erreicht und nur weniger als die Hälfte der ausgewählten Bürger nahm die Einladung zum Test an. Dennoch bezeichneten das Ministerium und das federführende „Luxembourg Institute of Health“ die Strategie als vollen Erfolg.

Während dreieineinhalb Monaten übernahm das Forschungsinstitut die Leitung des ersten „Large Scale Testing“. Nun liegt die Verantwortung für das Projekt unmittelbar beim Gesundheitsministerium. In der ersten Phase habe es noch « eher einen experimentellen Charakter » gehabt, sagte Paulette Lenert (LSAP) bei einer Pressekonferenz über die zweite Phase des Testprogramms am vergangenen Donnerstag. « Es ist jetzt ein wichtiger Baustein unserer Strategie, deshalb wird das Projekt nun auch vom Ministerium übernommen. » Ein Baustein mit einem Kostenpunkt von 34,5 Millionen Euro.

Vom Experiment zur Strategie

Apropos « experimentell »: Die Regierung hat das Forschungsprojekt schon während der ersten Laufzeit mehrmals angepasst. Die steigenden Infektionszahlen im Kanton Esch bewogen das Team um Ulf Nehrbass etwa dazu, die Testpopulation neu zu definieren. Der Süden des Landes sollte dementsprechend prioritär getestet werden und dort jeder Haushalt eine Einladung erhalten. Nachdem Deutschland Luxemburg im Sommer als Risikogebiet eingestuft hatte, musste die Regierung das Konzept erneut überarbeiten, um Tests für Reisende und Rückkehrende zu ermöglichen.

Nun bleibt das Konzept in seinen Grundzügen gleich. „Die Strategie ist nicht wirklich neu, sie ist eine Weiterverführung der ersten Phase mit Anpassungen“, sagte die Gesundheitsministerin vergangene Woche. Tatsächlich begannen diese Überarbeitungen bereits vor dem Start der neuen Phase. Das Ministerium zog die öffentliche Ausschreibung Ende Juli eine Woche nach der Veröffentlichung zurück. Die Ausschreibung wurde laut der Neufassung aufgrund von politischen Entscheidungen geändert. Das Hauptanliegen: Die Kapazitäten weiter zu reduzieren.

Das Gesundheitsministerium scheint somit aus den Erfahrungen der ersten Phase gelernt zu haben. „Wir gehen davon aus, dass man die Polizei nicht mehr in einer hohen Frequenz testen muss“, sagte der Forscher Paul Wilmes während einer Pressekonferenz vor zwei Wochen.

Ursprünglich sah der Text vor, pro Woche 10.000 Menschen, die zur sogenannten „kritischen Bevölkerung“ gehören, zu testen. Menschen, für die das Virus ein besonderes Risiko darstellt oder die durch ihren Beruf mit vielen Personen in Kontakt sind, sollten über diese Kapazitäten getestet werden. Jetzt ist nur noch die Rede von 5.000 Tests pro 14 Tage – sprich ein Viertel der geplanten Tests.

Deutlich weniger Testkapazitäten

Zusätzlich sollen 35.000 Tests pro Woche für das Überprüfen des Infektionsgeschehens vorgenommen werden. Weitere 5.000 Tests sind für sogenannte Cluster vorgesehen und 3.000 für Reiserückkehrer. Die wöchentliche Testkapazität blieb dennoch in beiden Ausschreibungen unverändert bei 53.000 Tests. Demnach behält das Ministerium einen Puffer von 7.500 Tests, die je nach Infektionsgeschehen einsetzbar sind.

Allerdings sind das bei Weitem weniger, als noch in der ersten Phase vorgesehen wurden. Nachdem sich anfängliche Probleme abzeichneten, änderte die Regierung die Konvention mit dem „LIH“ ab und reduzierte die maximale Kapazität pro Woche von 140.000 auf 110.000. Da die Infektionen aber nicht schlagartig anstiegen, wurden auch diese reduzierten Kapazitäten nie benötigt. Letztlich wurde die Schwelle von 75.000 Tests jedoch nie überschritten.

Das Gesundheitsministerium hat am 15. September die Führung des « Large Scale Testing » übernommen. (Foto: Ministère de la Santé)

Allerdings wurden nicht nur die Testkapazitäten reduziert. Da weniger getestet wird, wurden auch einige Testzentren abgebaut. Von den ursprünglichen 17 Teststationen sind lediglich noch acht im Einsatz. Ein umfunktionierter Reisebus soll zusätzlich als mobiles Testzentrum verwendet werden. „Damit hätten wir die Möglichkeit, in Altersheimen zu testen oder Menschen ohne Wohnsitz leichter zu erreichen. Das gibt uns eine größere Flexibilität“, sagte Paulette Lenert vor der Presse.

Neu ist zudem, dass nun auch Antikörpertests durchgeführt werden. Bei bis zu 1.000 Menschen pro Woche soll überprüft werden, ob sie bereits Antikörper gegen das Virus gebildet haben. Dies würde darauf hindeuten, dass die Person eine Infektion bereits überstanden habe. Je mehr Menschen Antikörper gebildet haben, desto weniger Möglichkeiten hat das Virus sich auszubreiten. Die Erwartungen sind allerdings nicht groß: „Wir waren bei zwei bis drei Prozent vor dem Sommer, es wird jetzt auch nicht viel höher sein“, sagt Dr. Jean-Claude Schmit bei „RTL Radio“.

Strukturiert, gezielt, flexibel

Die Idee sei nun, gezielter zu testen, so der Direktor des Gesundheitsamtes, der somit eines der drei Stichwörter der neuen Strategie übernimmt. Auf der Pressekonferenz fiel vergangene Woche allerdings vor allem ein anderes Wort: Flexibilität. Die Regierung will schnell auf neue Ereignisse reagieren können. Die Gesundheitsministerin schließt zum Beispiel nicht aus, künftig auf andere Tests zu setzen: „Wenn neues Material kommt, mit einem niedrigeren Kostenpunkt, werden wir es natürlich in Erwägung ziehen.“

Eine solche Gelegenheit könnte sich schon bald anbieten. Der Pharmakonzern „Roche“ kündigte Anfang des Monats an, ab Oktober sogenannte Antigen-Schnelltests in Deutschland zu vermarkten. Das Versprechen: In weniger als 20 Minuten könne der Test eine Immunantwort auf das Virus nachweisen. Der Preis für die Schnelltests wurde allerdings noch nicht festgelegt.

Das hat einen gewissen Preis, das Ganze. Und da muss man schauen, was noch vertretbar bleibt.“Dr. Jean-Claude Schmit, Direktor der « Santé »

Eine weitere Möglichkeit könnten Speicheltests sein. Bereits im Juli hat das Gesundheitsministerium ein solches Testverfahren von einem luxemburgischen Unternehmen für den Verkauf zugelassen, mit den Ergebnissen scheint die „Santé“ jedoch nicht zufrieden zu sein. „Sobald wir das nötige Vertrauen in die Testergebnisse haben, werden wir diese auch in Umlauf bringen“, sagte Paulette Lenert während der Pressekonferenz am Donnerstag.

Für die ersten Wochen hat das Gesundheitsministerium bereits vorgesorgt. Aus der ersten Phase des „Large Scale Testing“ blieben 175.000 Tests übrig, die nun aufgebraucht werden sollen. Das Konsortium um „Laboratoires Réunis“, das den Zuschlag erhalten hat, muss danach selbst für ausreichende Kapazitäten sorgen. In gemeinsamer Absprache mit dem Ministerium könnte der Testtyp auch geändert werden.

Die Grenzen des Budgets

Zudem musste die Regierung sich die Frage stellen, wie viel man noch für das Projekt auszugeben bereit ist. Der Abbau von Testzentren sei demnach auch aus budgetären Gründen unausweichlich gewesen. „Das hat einen gewissen Preis, das Ganze. Und da muss man schauen, was noch vertretbar bleibt“, sagte der Direktor der „Santé“, Jean-Claude Schmit, bei „RTL Radio“.

Die Kosten sind jedoch geringer ausgefallen als ursprünglich angenommen. Das Forschungsministerium sollte dem „LIH“ ursprünglich 39,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Nachdem die Teststrategie mehrmals angepasst und verlängert wurde, einigte man sich auf einen Betrag von 34,5 Millionen Euro. Davon wurden für die erste Phase bis Ende Juli nur 21,5 Millionen Euro benötigt, geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Frage des Abgeordneten Claude Wiseler (CSV) hervor. Weitere 13 Millionen Euro (alle Beträge ohne Mehrwertsteuer) fielen für die Übergangsphase bis zum 15. September an. Ausgenommen sind allerdings die Kosten für den Kauf von 486.000 Testkits, die das Ministerium dem „LIH“ gespendet hat.

Für die zweite Phase, die nun bis März 2021 laufen soll, hat das Ministerium 60,7 Millionen Euro vorgesehen. Insgesamt sollen in dem Zeitraum mehr als 1,5 Millionen Tests durchgeführt werden. Zum Vergleich: Bis Mitte September wurden über das „Large Scale Testing“ 560.000 Tests abgewickelt.

Für die zweite Phase ist das Ministerium also mit beiden Beinen auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt. Die Strategie wurde angepasst, um dem zu entsprechen, was tatsächlich möglich ist. Von der ursprünglichen Ankündigung, die Bevölkerung innerhalb eines Monats testen zu können, ist nicht mehr viel übrig geblieben. Dieses Mal wollte man sich nicht klar festlegen, wie weit die Kapazitäten bei Bedarf hochgefahren werden könnten. Man muss wohl auch in dieser Frage flexibel bleiben.


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