Der Differdinger Bürgermeister Roberto Traversini gibt zu, in Teilen falsch gehandelt zu haben. Die Vorwürfe gegen ihn wurden jedoch immer noch nicht aus der Welt geschafft – allen voran die Kernfrage des Interessenkonflikts. Der politische Schaden ist dennoch bereits groß. Ein Kommentar.
Für Schöffenräte und Verwaltungen gibt es wohl kein größeres Ärgernis als Bürger, die sich nicht um Genehmigungen scheren. Ein Zaun hier, ein Gartenhäuschen da, Hecken verschwinden einfach so. Und dann kommt die immer gleiche Ausrede: Ach, ich wusste nicht, dass es dafür einen Wisch braucht.
Dumm nur, wenn dieser Jemand der Bürgermeister der drittgrößten Gemeinde des Landes ist. An dieser Stelle beginnt der problematische Teil. Denn entweder ging Roberto Traversini sehr fahrlässig mit der Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften um oder er verstieß bewusst dagegen. Doch allein der Anschein, dass Politiker sich nicht an Regeln halten (müssen), ist in einer Demokratie inakzeptabel und gefährlich.
Sich an Regeln zu halten, darf keine Machtfrage sein
Roberto Traversini hat inzwischen gegenüber dem „Lëtzebuerger Land“ zugegeben, dass er sein Gartenhaus erst ohne Genehmigung renoviert hat. Auch Planierarbeiten sowie das Entfernen von Bäumen und Hecken ließ er unrechtmäßig durchführen.
Wer als Bürgermeister und Abgeordneter im Rampenlicht steht, muss sich nicht nur an den Buchstaben des Gesetzes halten, sondern auch jeglichen Anschein eines Fehlverhaltens vermeiden. »
Das mag als Lappalie durchgehen, aber es sind genau diese Regeln, die die Mehrheit der Bürger von sich aus beachten – ohne wie Traversini vom Förster darauf aufmerksam gemacht zu werden. Denn die meisten haben eben nicht die Gewissheit, dass man sich schon arrangieren wird, falls sich die Verwaltung meldet. Nur wer um seine eigene Macht weiß, muss sich keine Gedanken über die Konsequenzen machen.
Eine wie von Zauberhand erschaffene Wertsteigerung
Aktuell stehen die fehlenden Genehmigungen im Mittelpunkt der Kontroverse, doch Traversinis Haus im Grünen steht auch im Zentrum eines handfesten Interessenkonflikts. Denn aus einem Grundstück, das heute nur eingeschränkt nutzbar ist, wird mit dem neuen allgemeinen Bebauungsplan der Gemeinde voraussichtlich ein Wohnhaus mit Garten am Waldrand, mit großartiger Aussicht und potenziell lukrativem Wert.
Egal wie man es dreht und wendet: Roberto Traversini ließ und lässt jegliches politische Gespür vermissen. »
Es erfordert einen naiven Glauben an Zufälle, um zwischen dem Amt des Besitzers und der wundersamen Wertsteigerung keinen Zusammenhang zu sehen. Das gilt umso mehr, als der grüne „député-maire“ diese Woche im Gespräch mit dem « Land » klagte, welch hohe Erbschaftssteuer er für das Haus zahlen musste. Die Steuer und das investierte Geld müssten jetzt zumindest teilweise wieder reinkommen, so Traversini.
Wie die böse Karikatur eines Politikers
Egal wie man es dreht und wendet: Roberto Traversini ließ und lässt jegliches politische Gespür vermissen. Was sieht nach Interessenkonflikt und Vorteilnahme aus? Wie transparent sollte man sein, um einen falschen Eindruck von vorn herein zu verhindern? Wer als Bürgermeister und Abgeordneter im Rampenlicht steht, muss sich nicht nur an den Buchstaben des Gesetzes halten, sondern auch jeglichen Anschein eines Fehlverhaltens vermeiden.
Fehlende Antworten auf die Fragen von Déi Lénk, der Rückgriff auf nicht-öffentliche Gemeinderatssitzungen und mehrere widersprüchliche Aussagen säen dagegen Misstrauen. Das aktuelle Bild zeigt einen Politiker, der auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, sich aber ungern rechtfertigt. Allein deshalb ist die « Affäre Traversini » auch noch nicht ausgestanden.
Der Fall Traversini sollte eine Lehre für alle Politiker sein. Die Anforderungen und Erwartungen an sie sind höher als an den Durchschnittsbürger. Das ist hierzulande aber noch längst nicht bei allen Mandatsträger angekommen, die allzu oft die kleinen Vergünstigungen schätzen und nutzen. Dabei kann das einen sehr hohen politischen Preis haben – selbst in Luxemburg.
Lesen Sie mehr zum Thema

