Luxemburg zeigt wieder einmal seine hässliche Seite. Undurchsichtige Strukturen, in denen Millionenwerte verschwinden, will die Regierung vor der Öffentlichkeit verstecken. Doch sie treibt es so weit, dass es absurd, ja gefährlich für Journalisten und NGOs wird. Ein Kommentar.

Drei Kugeln töteten den slowakischen Journalisten Ján Kuciak und seine Verlobte Martina im Februar 2018. Laut Anklage war es ein Doppelmord im Auftrag des Geschäftsmanns Márian Kočner. Nach mehreren Artikeln weitete Kuciak seine Recherche über den einflussreichen Strippenzieher aus und fragte bei Behörden Akten an. Das reichte offenbar für sein Todesurteil, denn korrupte Beamte verrieten ihn.

In Luxemburg braucht es dafür keine Bestechlichkeit. Nein, der Verrat ist per Gesetz vorgeschrieben. Es ist ein unscheinbarer Satz in einem rezenten Entwurf des Finanzministers, der ein Register von Trusts und anderen undurchsichtigen Strukturen schafft. Wer Einsicht in dieses Register haben möchte, muss eine absurde Zahl an Bedingungen erfüllen. Doch besonders perfide: Der Nutznießer eines Trusts oder einer Stiftung wird vom „Enregistrement“ informiert, wenn sich jemand für seine Vermögensverhältnisse interessiert.

Warnung für Kriminelle

Der Grund: So sollen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gewahrt bleiben. Und sie sollen die Möglichkeit haben, gegen die Einsicht in den sie betreffenden Registereintrag Einspruch zu erheben.

Das klingt plausibel, ist es aber nicht. Denn bevor Journalisten oder NGOs überhaupt Einsicht bekommen, müssen sie ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen: Sprich, dass sie die Informationen anfragen, weil sie im Kampf gegen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung aktiv sind.

Kein investigativer Journalist geht das Risiko ein, dass Kriminelle, über die er recherchiert, zu früh und zu genau über seinen Wissensstand informiert sind. »

Es geht also nicht um die reiche Großtante, die ihre Villa an der Côte d’Azur vor raffgierigen Erben versteckt. Ein Journalist muss glaubhaft machen, dass ein Trust zu Steuerhinterziehung oder Finanzbetrug dient, damit er vom „Enregistrement“ die Informationen überhaupt erhält. Doch gleichzeitig soll die Steuerbehörde genau diese Hintermänner warnen, dass ihr Geldversteck aufgeflogen ist.

Perfekte Abschreckung

In Deutschland ist das genaue Gegenteil geplant: Mit gutem Grund sieht der Entwurf der Bundesregierung vor, dass die Behörden nicht über eine Anfrage informieren dürfen. Im Luxemburger Text bleibt offen, ob die Behörde auch den Namen des Journalisten preisgeben würde, wie es etwa in Belgien vorgesehen ist. Aber lichtscheue und finanzkräftige Gesellen scheuen oft keine Mühen, um herauszufinden, wer an ihren Machenschaften interessiert ist.

Im besten Fall lassen sie Beweise verschwinden und transferieren das Geld nach Singapur oder Dubai, wo es sicher vor Behörden und neugierigen Blicken ist. Im schlimmsten Szenario ergeht es den Journalisten wie Ján Kuciak – die Geheimnisse sind mehr wert als ihr Leben.

Ein toter Journalist bedeutet zu Beginn einer Recherche allzu oft eine verhinderte Enthüllung. Das ist der Zeitpunkt, an dem er oder sie noch niemandem von ihrem Verdacht erzählt haben. Und sie noch nicht auf den Schutz der Öffentlichkeit zählen können, den eine veröffentlichte Story bringt.

Kein investigativer Journalist geht das Risiko ein, dass Kriminelle, über die er recherchiert, zu früh und zu genau über seinen Wissensstand informiert sind. Journalisten werden also die Finger vom Luxemburger „Transparenzregister“ lassen.

Doch man wird den Eindruck nicht los, dass diese Folge der Intransparenz die blau-rot-grüne Regierung wenig stören wird.