Claude Haagen legte im Alleingang den Tarif für die Erstattung der Psychotherapie fest – und setzte sich bewusst über Gesetze hinweg. Das Parlament soll diesen Missstand nun beheben. Dennoch wurde damit ein Präzedenzfall geschaffen. Ein Kommentar.

„Dem Minister fehlt es an Respekt vor dem Rechtsstaat in einer Demokratie“: Die Ärztevereinigung AMMD fand klare Worte für das Vorgehen von Claude Haagen (LSAP). Der Minister für soziale Sicherheit boxte einen Tarif für die Erstattung der Psychotherapie durch, indem er die für alle Berufsklassen notwendige „Lettre-clé“ selbst festlegte. Damit löste der Minister zwar einen jahrelangen Konflikt auf. Doch er setzte sich auch bewusst über Gesetze hinweg.

Tatsächlich war der Staatsrat unmissverständlich, als er Claude Haagens Pläne begutachten sollte: Die Vorgehensweise des Ministers überschreite den gesetzlichen Rahmen und verstoße zudem gegen das grundlegendste aller Gesetze: die Verfassung.

Konkret missachtete Claude Haagen den „Code de la sécurité sociale“. Dieser sieht vor, dass jegliche Tarife zur Kostenerstattung im Einvernehmen zwischen der „Caisse nationale de santé“ (CNS) und dem betroffenen Berufsverband nach Anhörung in der „Commission de nomenclature“ festgelegt werden. Dort gab es allerdings für keinen Tarifvorschlag eine Stimmenmehrheit. Eine Konfliktauflösung war gesetzlich bisher nicht vorgesehen. Die Vollmacht, die sich der Minister selbst erteilte, ist also ein Präzedenzfall.

Der Minister verzichtete darauf, die offensichtliche Gesetzeslücke zu beheben, die das sechsjährige Wirrwarr mit dem Dachverband der Psychotherapeuten (Fapsylux) überhaupt ermöglichte. Er schuf per großherzogliche Verordnung selbst Fakten und entschied, das Gesetz erst im Anschluss anzupassen. Die Behandlung beim Psychotherapeuten wird so bereits seit dem 1. Februar von der Gesundheitskasse erstattet – die notwendige Gesetzesänderung soll allerdings erst an diesem Mittwoch im Parlament gutgeheißen werden.

Das späte Eingeständnis

Die Gesetzesanpassung ist Claude Haagens Eingeständnis, dass die Warnungen des Staatsrates ernst zu nehmen waren. „Es ist ein Machtmissbrauch, wie er im Buche steht …