270.000 Atemschutzmasken musste die « Santé » zurückrufen, weil sie Produkte mangelhafter Qualität gekauft hatte. Diese gefährlichen Missstände im Kampf gegen Corona wären vermeidbar, wenn die Regierung transparenter kommunizieren und die Bürger einbinden würde. Ein Kommentar.

Masken, Schutzkleidung, Beatmungsgeräte: Es fehlte an allem und auf dem Weltmarkt war alles knapp. Der Krisenstab der Regierung verfiel im März in einen Kaufrausch. Bereits Ende April hatte sie mehr als 50 Millionen Euro im Kampf gegen das Virus ausgegeben.

Das war im damaligen Kontext durchaus verständlich. Teils überboten sich die Länder noch auf den Landebahnen chinesischer Flughäfen. Die nächsten Entscheidungen der Regierung sind allerdings weniger nachvollziehbar.

Welche Masken an die Bevölkerung, an Ärzte, Krankenhäuser und andere Einrichtungen verteilt wurden und welche Qualitätskriterien sie erfüllten, bleibt das Geheimnis der « Cellule logistique » der « Santé ». Die Behörden informieren genauso wenig über mangelhafte Produkte, die im Handel entdeckt werden.

Es ist klar, dass in einer Pandemie nicht alles glatt läuft. Umso wichtiger ist es dann aber, Informationen zur Verfügung zu stellen und transparent zu sein. Denn wer will ein Desinfektionsmittel, das gegen das Virus nutzlos ist? Wer will FFP2-Masken, die nicht schützen?

Beamte auf sich alleine gestellt

Im Juni verteilte die « Santé » unter anderem 270.000 Atemschutzmasken von mangelhafter Qualität an Zahnärzte. Mitten in der zweiten Welle arbeiteten also Menschen mit unzuverlässigen Masken, auch wenn die « Santé » betont, dass viele noch nicht benutzt wurden. Ungeachtet des damit verbundenen Risikos ging dabei eine halbe Million Euro flöten.

Welche Aufträge an welche Firmen zu welchem Preis gingen, veröffentlicht der Staat auf der EU-Plattform « Ted ». Was der Staat aber genau kaufte, ist größtenteils nicht klar.

Wären die Details zu staatlichen Aufträgen vollkommen öffentlich, wie etwa in Litauen, wäre das Problem schon früher unabhängigen Experten oder Journalisten aufgefallen. So müssen überlastete Beamte Informationen zu mangelhaften Masken allein mit dem Lagerbestand abgleichen.

Dabei passieren vermeidbare Fehler. Die Niederlande hatten bereits Ende März vor einem Teil der nun zurückgerufenen Masken gewarnt. Doch wer sich nicht in die Karten schauen lässt, dem ist nicht zu helfen.

Verbraucher werden im Dunkeln gelassen

An Transparenz fehlt es aber nicht nur bei den Aufträgen, sondern auch bei den Regeln. Anfang April beschloss die Regierung Ausnahmeregelungen zum Import und Verkauf. Ab diesem Zeitpunkt konnten auch Masken verkauft werden, die die strengen EU-Standards nicht einhielten.

Nur sagten Wirtschaftsminister Franz Fayot und das Gesundheitsministerium das niemandem. Die Händler wussten nicht, welche Regeln daraufhin galten. Die Verbraucher bekamen Ware angedreht, die nicht dem entsprach, was sie zu kaufen glaubten.

Recherchen von REPORTER ergaben, dass viele Angebote von FFP2-Masken zweifelhafter Qualität sind. Sechs von zehn Desinfektionsmitteln seien in Luxemburg nicht richtig etikettiert und möglicherweise wirkungslos, berichtete das Magazin « Delano ».

Trotzdem machten Behörden sich nicht die Mühe, die Bürger aufzuklären, auf was sie beim Kauf achten sollten. Selbst Warnungen vor gefährlichen Produkten veröffentlichte die zuständige Behörde Ilnas lediglich auf dem EU-Portal « Safety Gate ».

Die Menschen sind durch das Virus verunsichert. Sie haben den Anspruch, dass der Staat alles unternimmt, um sie zu schützen. Und sie haben das Recht auf Informationen, um zu helfen, Gefahren abzuwenden. Sechs Monate nach Beginn der Pandemie in Luxemburg, ist es höchste Zeit für mehr Transparenz.


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