Die Grünen setzen im Wahlkampf voll auf Klimapolitik. Laut Spitzenkandidatin Sam Tanson gibt es nach den Wahlen jedoch keine Koalitionspräferenz. Ein Gespräch über grüne Verantwortung, sanften gesellschaftlichen Wandel und den kindlichen Charme des Premiers.

Interview: Christoph Bumb

Frau Tanson, warum wollen Sie eigentlich die erste Premierministerin Luxemburgs werden?

Ich will jetzt vor allem meine Partei in die Wahlen führen. Die nächste Legislaturperiode wird eine extrem wichtige, besonders, was die Klimapolitik betrifft. Wir haben uns sehr ambitionierte Ziele gesetzt, die es einzuhalten gilt. Die nächste Etappe ist 2030. Bis dahin wollen wir unsere CO2-Emissionen um 55 Prozent reduzieren. Um das zu erreichen, werden die kommenden fünf Jahre entscheidend sein. Und deshalb ist es meiner Meinung nach wichtig, dass Déi Gréng weiterhin eine substanzielle Rolle in der Regierungspolitik spielen. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich mich als Spitzenkandidatin engagiere.

Als Spitzenkandidatin Ihrer Partei dürfen die Wähler ja aber erwarten, dass Sie am liebsten auch den Spitzenposten in einer Regierung übernehmen würden. Oder nicht?

Ja, ich verstehe das aber erst einmal als eine Rolle, in der man die eigene Partei in die Wahlen führt und in gewisser Weise das Gesicht der ganzen Kampagne ist. Wir sind ein Team und nur mit diesem Team können wir erfolgreich sein. Ich persönlich will dann die Verantwortung übernehmen, die sich aus dem Wahlresultat ergibt.

Sie sagten, die nächsten Jahre seien entscheidend, um einen ambitionierten Klimaschutz durchzusetzen. Liegt das nicht vielleicht auch daran, dass in den vergangenen zehn Jahren trotz grüner Regierungsbeteiligung nicht genug in diesem Bereich passiert ist?

Nein, denn wir sind „on track“. Unsere Politik, die man etwa im neusten Energie- und Klimaplan nachlesen kann, geht absolut in die richtige Richtung. Das heißt aber nicht, dass wir uns jetzt zurücklehnen können. Im Gegenteil: Jetzt zählt es umso mehr. Darum geht es mir.

Innerhalb der Regierung gab es in den letzten Jahren immer wieder größere Diskussionen um das Tempo in der Klimapolitik, etwa bei der CO2-Steuer. Gibt es eigentlich eine Maßnahme, bei der sich Déi Gréng auch gegen Widerstand innerhalb der Koalition durchsetzen konnten?

Das sind keine Kategorien, in denen ich denke oder Politik mache. Es ist wichtig, dass die Koalition an einem Strang zieht. Natürlich gibt es immer Konflikte oder Diskussionen, die wir aber nicht in der Öffentlichkeit ausleben. In der Klimapolitik zeigt allein das ja, wie wichtig das Thema für alle drei Parteien ist. Soweit ich das mitbekomme, steht jeder Koalitionspartner hinter der Klimapolitik der Regierung.

Wir wussten, dass wir Entscheidungen treffen wollen, auch solche, die nicht jedem gefallen werden. »

Es ist ja aber nicht so, dass sich alle drei Parteien bei der Ambition einig wären. Sonst bräuchte man eine grüne Partei ja eigentlich nicht mehr …

Das sage ich ja nicht. Natürlich hat jede Partei ihr Programm und ihre Prioritäten. Am Ende kommt es aber darauf an, dass wir Ergebnisse vorweisen können, die für alle Partner tragbar sind. Ich bin allerdings auch der Meinung, dass die Klima- und Umweltpolitik nicht so ambitioniert wäre, wenn es nicht den grünen Motor in der Regierung gäbe.

Ihre Partei polarisiert mehr als andere Parteien. Ihre Gegner werfen Ihnen vor, dass Sie eine radikale Verbotspolitik betreiben. Ihre glühendsten Anhänger sind vom Gegenteil überzeugt und würden sich wohl genau so eine Politik wünschen, für die Sie von Ihren Gegnern kritisiert werden. Wer hat recht?

Weder das eine noch das andere ist richtig. „Verbotspartei“ ist ja so ein Slogan, der gut klingt und sich in den politischen Diskurs eingeschlichen hat. Doch er ist durch nichts zu belegen. Wenn ich schaue, wer in letzter Zeit auf Verbote setzt, dann sind das nicht die Grünen. Ich denke etwa an das Bettlerverbot in der Hauptstadt. Für die Grünen ist sogar das Gegenteil richtig. Wir als Grüne sind froh, dass wir in einer freien Gesellschaft leben, in der jeder die gleichen Rechte hat …