In Luxemburg gibt es schätzungsweise 100 Markthändler. Rund die Hälfte davon ist Mitglied im nationalen „Maarteverband“. Präsident Niki Kirsch über eine Branche im Wandel, den Überlebenskampf kleiner Märkte und die Bequemlichkeit junger Konsumenten.
Interview: Michèle Zahlen
Herr Kirsch, seit fünf Generationen führt Ihre Familie den Betrieb « Lëtzebuerger Geméis ». Zweimal pro Woche verkaufen Sie ihre Ware auch auf dem Wochenmarkt. Wie hat sich die Branche in all den Jahren verändert?
Früher hatte jede große Ortschaft einen Markt. Zumindest so lange, bis die Supermärkte in den 1950er Jahren Einzug hielten. Ab dem Moment gab es für die Konsumenten alles unter einem Dach und der Einkauf wurde schneller. Mit diesem Trend verschwanden die Märkte aus den Dörfern. Heute geht man im Supermarkt durch die Gänge, packt alles in den Einkaufswagen, um dann schnell wieder raus zu sein. Die Ketten und der Onlinehandel sind heute unsere größte Konkurrenz. Die jungen Leute sind eben bequem geworden und bestellen lieber alles im Internet.
Ist der Markt dann nur noch für die älteren Generationen interessant?
Nein, das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Eine ganz neue Kundschaft kommt jetzt zu uns. Meist sind es junge Familien mit Kindern. Sie wollen lokale Produkte und sie interessieren sich dafür, wo diese Produkte herkommen, wie sie diese aufbewahren und wie sie diese zubereiten können. Genau das ist es auch, was einen Markt von einem Supermarkt unterscheidet: Bei uns gibt es ein Gespräch, eine Beratung, einen Service. Der Markt hat ein besonderes Flair und bietet den Menschen die Möglichkeit, sich über die Ware zu informieren und sie zu vergleichen.
Es muss etwas zu Essen und zu Trinken geben. Das kommt bei den Luxemburgern immer gut an. »
Wenn der Kunde vergleicht, entscheidet er sich für den einen und gegen den anderen Händler. Wie groß ist der Konkurrenzkampf, wenn man den „Rivalen“ praktisch direkt vor der Nase sitzen hat?
Genau das ist gesund! Man muss sich selbst immer wieder in Frage stellen und sich weiterentwickeln, um mithalten zu können. Als Händler und Produzent muss man herausfinden, wie man besser wird als der Nachbar. Ein wenig Konkurrenz muss man als Geschäftsmann schon aushalten. Sonst ist man am Markt fehl am Platz.
Parallel zu der wachsenden Anzahl an Supermärkten und Kaufhäusern gibt es heute auch wieder viele kleine Märkte quer durch das Land verteilt. Früher haben die einen die anderen verdrängt – wie sieht es heute aus?
Heute ist der Supermarkt, was früher der Markt war. Die Menschen sind es gewohnt, dort einzukaufen. Ein Markt bringt zwar ein gewisses Flair in eine Ortschaft und ist etwas Besonderes für die Einwohner, er ist aber eigentlich nur eine Belastung für die Gemeinden, die ihn organisieren. Er bringt Zusatzkosten und zusätzliche Arbeit. Sie muss sich um einen Platz kümmern, um die Organisation, um öffentliche Toiletten für die Kunden und um die Sicherheit. Das kostet alles Geld.
Das hört sich ziemlich pessimistisch an. Dennoch gibt es in Luxemburg eine ganze Reihe an Märkten und immer noch viele Standbetreiber…
Das ist natürlich gut so. Die Frage ist aber, ob vor allem kleine Märkte auf Dauer bestehen können. Ein Markt braucht mindestens sechs bis sieben Stände mit unterschiedlichen Produkten, damit ein ausreichendes Angebot besteht. Je mehr Stände da sind, desto mehr Leben entsteht wieder auf einem Platz. Es muss etwas zu Essen und zu Trinken geben. Das kommt bei den Luxemburgern immer gut an. Die Märkte, die heute gut funktionieren, binden außerdem lokale Vereine mit ein. Dann kommen auch Familie und Freunde vorbei, die den Weg bis dahin vielleicht noch nicht bis auf den Markt gefunden haben.