Trotz verhältnismäßig günstiger Mietpreise findet die Stadt Luxemburg nur schwer Geschäftsleute, die für ihre Pop-up-Stores in Frage kommen. Das liegt aber nicht nur an der Eignung der Kandidaten, sondern letztlich auch an einem ambivalenten Auswahlprozess der Politik.
Die Stadt Luxemburg vermietet bereits seit Jahren eigene Gewerbeflächen zu günstigen Preisen. Seit einem halben Jahr stehen auch sogenannte Pop-up-Flächen zur Verfügung. Die « Boutiques éphémères » können für maximal sechs Monate vermietet werden. Sie sollen es Unternehmern ermöglichen, schnell und möglichst günstig eine neue Geschäftsidee zu testen, bevor sie den großen Schritt der Eröffnung eines eigenen Geschäfts wagen. Angekündigt wurde das Konzept bereits im Sommer letzten Jahres, erstmals vermietet wurden die Flächen im November 2019.
Die Idee klingt innovativ und vielversprechend. „Wir wollen Jungunternehmern die Möglichkeit bieten, neue Businessmodelle auszuprobieren und damit den Start ins Geschäftsleben erleichtern », sagt Serge Wilmes (CSV). Als Erster Schöffe der Stadt Luxemburg ist er für den Handel zuständig und entscheidet im Schöffenrat, wer den Zuschlag für die Geschäftslokale erhält. Die Mietpreise befinden sich meist unter dem Marktpreis.
Allerdings zeigt die bisherige Bilanz, dass die politisch Verantwortlichen ihrem eigenen Anspruch nicht immer gerecht werden. Laut Recherchen von REPORTER werden junge und unerfahrene Unternehmer nämlich bei der Vergabe nicht unbedingt bevorzugt. Der Zuschlag eines Pop-up-Stores in der Rue Philippe II ging jüngst etwa an den etablierten Sportartikel-Händler « Asport » – und das obwohl mehrere Bewerbungen vorlagen, welche die Voraussetzungen eines klassischen Pop-up-Geschäfts durchaus erfüllten.
Mehr oder weniger « Pop-up »
Es ist nur ein Beispiel, das darauf hindeutet, dass die von der Stadt Luxemburg angekündigte Strategie nur schwer aufgehen kann. Diese verfolgt nämlich mehrere Ziele gleichzeitig, die sich zum Teil widersprechen.
Der Begriff der « Pop-up-Stores » besagt zunächst, dass Geschäfte plötzlich auftauchen, also nur für eine kurze Dauer und zu einem ganz bestimmten Zweck. Noch vor einem Jahr erwog Serge Wilmes im REPORTER-Interview aber auch, die Pop-up-Flächen an finanziell angeschlagene Geschäftsleute zu vermieten, « die gegenwärtig wegen der Baustelle am Bahnhof Schwierigkeiten haben. » Von dieser Idee wurde mittlerweile abgesehen.
Zudem sollen die Pop-up-Stores das Angebotsspektrum in der Hauptstadt erweitern, ohne dadurch die Konkurrenz zwischen den Geschäftsleuten zu verschärfen. Eine Herangehensweise, die nicht nur dem Prinzip des freien Wettbewerbs widerspricht, sondern die Auswahl der Kandidaten einschränkt. Und zu guter Letzt betont Serge Wilmes jetzt: « Die überragende Idee dahinter ist, die Stadt zu beleben. »
Ich denke nicht, dass sich die Eröffnung eines Pop-up-Stores in der Covid-19-Krise für jedermann lohnt. »Marc Haentges, Geschäftsführer der Asport-Kette
In diesem Sinne lässt sich die Wahl von Asport als Pop-up-Geschäft durchaus begründen. Zwar geht es offensichtlich nicht um die Unterstützung von Jungunternehmern. Neben vier Asport-Filialen, zwei weiteren Sportgeschäften und einem Schuhgeschäft betreibt Asport-Geschäftsführer Marc Haentges auch eine Werbeagentur. Doch steht für ihn selbst die « Komplementarität » seines Angebots im Vordergrund, wie auch der Schöffe Serge Wilmes unterstreicht: « Der Unternehmer bietet eine Marke, die noch nicht in der Hauptstadt vertreten ist.“
Natürlich habe es auch Bewerbungen von noch nicht etablierten Geschäftsleuten gegeben. Doch habe sich das vermeintlich originelle Geschäftsmodell als nicht durchdacht und damit nicht umsetzbar entpuppt, so Serge Wilmes.
Mehr oder weniger attraktiv
Die Entscheidung der Stadt Luxemburg kann angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Branchen nachvollzogen werden. Wenn bereits etablierte Geschäftsleute neben den zahlreichen Baustellen im Zentrum nun auch an der Covid-19-Krise leiden, stellt die Eröffnung eines neuen Geschäftes junge Unternehmer möglicherweise vor eine noch größere Herausforderung. Andererseits würde ihnen gerade das Konzept eines Pop-up-Stores eine einmalige Gelegenheit bieten, vielleicht gerade in der aktuellen Krise.

Generell sei die Eröffnung eines Pop-up-Geschäfts trotz der niedrigeren Miete jedoch nicht allzu attraktiv, meint der Asport-Inhaber Marc Haentges. Er selbst rechnet aus, dass man pro Tag zwischen 1.400 und 1.500 Euro Umsatz machen muss, um mitsamt Miet- und Personalkosten einen Gewinn von 30 Prozent zu erzielen. « Ich denke nicht, dass sich die Eröffnung eines Pop-up-Stores in der Covid-19-Krise für jedermann lohnt », so sein Fazit.
Bei dieser Rechnung lässt er aber außer Acht, dass die Mietpreise entsprechend der Business-Erfahrung der Geschäftsleute berechnet werden, und er selbst demnach mehr Miete zahlen muss als ein Jungunternehmer. Die Miete für die rund 50-Quadratmeter großen Lokale wird dementsprechend zwischen 650 Euro und 2.250 Euro pro Monat festgelegt.
Manche Kandidaten springen ab
Unabhängig davon gestaltet sich die Suche nach Anwärtern für ein Lokal auf kurze Dauer generell schwierig. Der Stadt Luxemburg springen regelmäßig auch Bewerber ab – und das obwohl die Gewerbeflächen heiß begehrt sind. Für die Vermietung der beiden Pop-up-Stores mit der Anschrift 38 und 40 rue Philippe II gingen 39 Kandidaturen ein. Einer der ausgewählten Kandidaten zog seine Bewerbung allerdings kurzerhand zurück, so dass eines der Lokale heute leer steht.
Auch im ehemaligen Lokal von « A La Soupe » in der Rue Chimay sollte REPORTER-Informationen zufolge kurzfristig ein weiterer Pop-up-Laden entstehen. Ein ausgewählter Kandidat, der anfangs nicht für die Geschäftsfläche in der Rue Philippe II zurückbehalten worden war, wollte die ihm gebotene Chance in der Rue Chimay schließlich doch nicht wahrnehmen. Das bestätigt Serge Wilmes. Man habe mit dem Geschäftsmann keine Übereinkunft für die Öffnungstage des Ladens finden können.

Doch selbst eigentlich aussichtsreiche Kandidaten haben aus einem anderen Grund geringere Chancen. Wie Serge Wilmes im Gespräch mit REPORTER erklärt, sei es der Stadt Luxemburg nämlich wichtig gewesen, einen Mieter zu finden, der die Räumlichkeiten gleich für mehrere Monate bezieht. In den Ausschreibungen für die Pop-up-Flächen ist allerdings ausdrücklich von Geschäftsprojekten zwischen einem und sechs Monaten die Rede.
„Wir suchen jemanden, der bis in den Winter hinein an diesem Standort bleibt,“ betont Serge Wilmes. Auf diese Weise könne der Unternehmer noch an dem Saisonausverkauf teilnehmen und bei Interesse Weihnachtsaktionen gestalten, um seine Produkte unter die Leute zu bringen. Kriterien also, die nicht transparent aus den Ausschreibungsregeln hervorgehen.
Hype, aber nicht zu viel Konkurrenz
Ausschlaggebend für die Auswahl der Pop-up-Stores scheint zuletzt jener Faktor, der im politisch korrekten Sprachgebrauch als « originelle Geschäftsidee » bezeichnet wird und darin besteht, existierenden Geschäftsleuten keine Kunden abzuwerben. Ihnen machten die beiden ehemaligen Pop-up-Lokale in der Rue Philippe II sichtlich wenig Konkurrenz. Zwischen November und Juli wurde ein Lokal an Botari vermietet, ein Geschäft für japanische und koreanische Vintage-Kleider, Zeichnungen und Kunstwerke. Die Marke konzentrierte sich zuvor ausschließlich auf den Online-Verkauf. Das zweite Lokal wurde von der Franchise „Bricksforkidz“ genutzt, das Lego-Freizeitaktivitäten für Kinder anbot.
Wenn man einzelnen Geschäftsleuten die Chance geben will, durch einen Pop-up-Laden einen neuen Standort zu testen, sollte ein subventioniertes Geschäft keine Konkurrenz für bereits bestehende Geschäfte darstellen. »Claude Bizjak, CLC
Dass diese Herangehensweise manche Geschäftsleute bevorzugt oder vor Konkurrenz schützt, scheint die Branchenvertreter wenig zu stören. « Wenn man einzelnen Geschäftsleuten die Chance geben will, durch einen Pop-up-Laden einen neuen Standort zu testen, sollte ein subventioniertes Geschäft keine Konkurrenz für bereits bestehende Geschäfte darstellen », verteidigt etwa Claude Bizjak, stellvertretender Direktor der « Confédération Luxembourgeoise du Commerce » (CLC) die Strategie der Stadt Luxemburg.
Und trotzdem weiß auch er, dass Konkurrenz nicht immer schadet. « Eine kurzzeitige Konkurrenz ist gerechtfertigt, wenn man mit einem Pop-up-Store das Ziel verfolgt, einen vorübergehenden Hype zu generieren und eine Magnetwirkung zu erzielen », so Claude Bizjak.
Unterdessen geht die Suche nach « originellen Geschäftsideen » weiter. Im « Lëtzebuerg City Museum » ist ein Lokal an eine Gaststätte zu vermieten. Der Ausschreibung zufolge eignet sich das ehemalige Lokal des « A La Soupe » derweil auch für ein Geschäft. Die Ausschreibungen laufen noch wenige Wochen. Doch auch hier sind die Auswahlkriterien ziemlich vage formuliert und demnach nicht nur politisch interpretationsfähig.
