Die Gemeindewahlen in der Hauptstadt könnten zur Richtungsentscheidung werden. Die Mehrheitsparteien DP und CSV setzen auf Kontinuität. Doch die zentralen politischen Probleme haben sich in den vergangenen Jahren dramatisch zugespitzt.

« Mir setzen eis op nationalem Plang fir d’Schaafe vun enger Gemengepolice an. » Die Worte des hauptstädtischen Schöffenrats sind eindeutig. Doch sie stammen weder vom ersten Schöffen Serge Wilmes noch von der aktuellen Bürgermeisterin Lydie Polfer. Der Satz stammt aus der « Schöffenratserklärung » nach den Gemeindewahlen 2011 und war somit so etwas wie eine Regierungserklärung des damaligen Bürgermeisters Xavier Bettel (DP) und seinen grünen Koalitionspartnern.

Das Beispiel zeigt: Was die Politik in der Hauptstadt bewegt, verändert sich nur marginal. So hat die hauptstädtische CSV-Fraktion ihr Wahlprogramm zwar noch nicht veröffentlicht. Doch eine Forderung wusste Spitzenkandidat Serge Wilmes bereits zu platzieren. Genau jene nach einer Gemeindepolizei. Es ist eine Forderung, die auch Bürgermeisterin Lydie Polfer immer wieder öffentlich vertritt. Schon 2015 anlässlich der öffentlichen Debatte um Bettelei in der Hauptstadt betonte die DP-Politikerin, die von 1982 bis 1999 und jetzt seit 2013 wieder Bürgermeisterin ist, dass sie bereits seit 30 Jahren eine Gemeindepolizei fordere.

Die Themen, die den Wahlkampf in der Hauptstadt bestimmen dürften, sind demnach keinesfalls neu. In der zitierten Schöffenratserklärung von 2011 finden sich noch weitere Forderungen, die den Wahlsiegern vom kommenden 11. Juni durchaus als Vorlage dienen könnten: bezahlbarer Wohnraum, sanftere Mobilität und Sorgen um das Sicherheitsgefühl. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass diese Themen auch den diesjährigen Wahlkampf bestimmen dürften.

Oberflächlich scheint demnach alles wie immer in der Hauptstadt. Dennoch dürften die Unterschiede zwischen den Parteien in diesem Wahlkampf deutlicher werden. Das liegt vor allem an einer veränderten Ausgangslage. Denn seit den letzten Gemeindewahlen 2017 haben die einzelnen Themenfelder an Dringlichkeit gewonnen und sich zugespitzt.

Die allgegenwärtige Wohnungskrise

Das Wahlkampfthema schlechthin dürfte dabei die Wohnungskrise sein. Ein Thema, das sich von einer Frage der sozialen Gerechtigkeit zu einer existenziellen Krise für das Land im Allgemeinen und die Stadt Luxemburg im Besonderen entwickelt hat. Die Preise sind zwar landesweit gestiegen, doch nirgends sind sie höher als in der Hauptstadt. Deutlich über 10.000 Euro pro Quadratmeter kostet Wohneigentum mittlerweile durchschnittlich in der Hauptstadt. Damit ist sie europaweit eine der teuersten Städte.

Es ist eine Entwicklung, die die Stadtverantwortlichen bis vor Kurzem noch gerne ausschließlich auf die Attraktivität der Hauptstadt zurückführten. So ließen sich die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt lange indirekt in einen Erfolg umdeuten. Der vor allem liberale Tenor: Weil die Gemeinde so erfolgreich ist, will auch jeder hier wohnen. Die Preise seien sozusagen ein notwendiges Übel.

Doch nun droht die Situation zu entgleiten und die Attraktivität der Stadt steht auf dem Spiel. Denn der fehlende Wohnraum macht es nicht nur schwieriger, junge Fachkräfte für den Finanzstandort zu gewinnen. Auch die Probleme bei der Mobilität stehen in direktem Zusammenhang mit den Immobilienpreisen. Wer sich die Stadt nicht leisten kann, muss zu seiner Arbeit pendeln …