Die politischen Verantwortlichen des SIGI haben aus den Recherchen von Reporter.lu Konsequenzen gezogen. Gleich drei Audits sollen über die Missstände im Gemeindesyndikat aufklären. Der Beschluss ist auch ein klares Zeichen für den Vertrauensverlust in den Vorstand.

Bereits vor der Comité-Sitzung am Dienstag war die Stimmung beim „Syndicat Intercommunal de Gestion Informatique“ (SIGI) aufgeheizt. Vertreter von 29 Gemeinden hatten per Brief eine transparente und unabhängige Aufklärung gefordert. Sie bezogen sich auf die rezenten Recherchen von Reporter.lu über Mobbingvorwürfe, schlechtes Personalmanagement und eine fragwürdige Finanzführung. Um alle im Raum stehenden Unregelmäßigkeiten zu klären, beschloss der erweiterte Vorstand nun, insgesamt drei Audits durchzuführen.

Dieser Beschluss wurde von allen anwesenden Gemeindevertretern mitgetragen. Auch SIGI-Präsident Yves Wengler (CSV) zeigte sich zum Teil einsichtig, ging teilweise auf Kritikpunkte ein und kündigte zudem an, im kommenden Jahr nicht erneut als Vorsitzender des Syndikats zu kandidieren.

Schwindendes Vertrauen in SIGI-Führung

„Ich bin überrascht, dass auf einmal alles schlecht ist, was das SIGI bisher geleistet hat“, sagte Yves Wengler zu Beginn der Sitzung. Dabei unterstrich er, dass die Presseartikel auch für das Personal unangenehm seien. „Für die Betroffenen fühlte es sich an wie eine Hexenjagd“, so der Bürgermeister von Echternach. Zudem hätten 57 Mitarbeiter einen Brief unterschrieben, in denen die guten Arbeitsbedingungen beschrieben wurden. Der Text wurde zuvor von einer eigens hierfür erstellten anonymen E-Mail-Adresse an die Mitarbeiter verschickt. Die Namen der Unterzeichner sind unbekannt.

Zudem versuchte Yves Wengler die Mobbingvorwürfe herunterzuspielen. Die Personaldelegierten hätten dem Vorstand gesagt, bei ihnen habe sich niemand über Mobbingvorfälle beschwert, so der Präsident des SIGI. „Das stimmt so nicht“, unterbrach Josiane Pelzer den Vorsitzenden. Die Personaldelegierte saß mit ihren Kollegen in der hinteren Reihe des Sitzungssaales. Es war das erste Mal, dass sie das Wort ergriff, denn im Comité haben eigentlich nur Gemeindevertreter ein Mitspracherecht.

Der Kommunalpolitiker Yves Wengler leitet seit rund 20 Jahren den Vorstand des SIGI und will nun auf eine erneute Kandidatur verzichten. (Foto: Mike Zenari)

Yves Wengler wollte die Delegierte nicht ausreden lassen und zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen. Erst durch die Intervention eines Gemeindevertreters wurde ihr erlaubt weiterzureden. „Es gibt durchaus Fälle, aber sie wollen nicht reden, weil sie unterdrückt werden und ihr Arbeitsplatz auf dem Spiel steht“, sagte die Personaldelegierte in direktem Widerspruch zur SIGI-Leitung. Yves Wengler blieb jedoch bei seiner Version: „Es gibt keinen konkreten Fall. So.“

Zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass ein wesentlicher Teil der Comité-Mitglieder das Vertrauen in den Präsidenten verloren hat. Doch auch innerhalb des „Bureau“, dem geschäftsführenden Vorstand des SIGI, wurde Kritik an Präsident Yves Wengler offensichtlich. „Ich bin etwas überrascht, dass es möglich war, 57 Mitarbeiter zu finden, die hier alles super finden“, sagte Josiane Di Bartolomeo (LSAP). Die zweite stellvertretende Vorsitzende erklärte, dass die Personaldelegation den Vorstand durchaus auf mehrere Probleme hingewiesen habe, ohne jedoch Namen zu nennen.

Gemeindepolitiker bringen sich ein

Die Entscheidung, mehrere Audits durchzuführen, konnte anschließend in großem Einvernehmen getroffen werden. Es stand schnell fest, eine externe Untersuchung zu beschließen, wie sie einzelne Gemeindevertreter infolge der Recherchen von Reporter.lu gefordert hatten. Das Comité musste nur noch darüber befinden, wer die Untersuchungen durchführen soll, wie sie begleitet und welche Bereiche abgedeckt werden sollen.

Dazu bahnte sich im Vorfeld der Comité-Sitzung eine neue Kontroverse an. Eigentlich wollte Yves Wengler den Gemeindevertretern nämlich ein fertiges Angebot der Consultingfirma „EY“ vorlegen, die ein Audit zu den Arbeitsbedingungen und den Finanzen des Syndikats durchführen sollte. Doch der Vorschlag geriet bereits vor der Sitzung in Kritik, da der Anschein eines „Audit de courtoisie“ entstanden war. „Das Angebot von EY ist vom Tisch“, sagte Yves Wengler gleich am Anfang der Sitzung vom Dienstag. Damit kam es in dieser Frage zumindest nicht zum Eklat.

Das Comité des SIGI versammelt 47 Vertreter aus den Mitgliedsgemeinden. Am Dienstag gab es etwas mehr Diskussionsbedarf als bei üblichen Sitzungen. (Foto: Mike Zenari)

Auf Vorschlag vom Vertreter der Gemeinde Walferdingen, Alex Donnersbach (CSV), sollte deshalb eine Arbeitsgruppe beauftragt werden, eine oder mehrere Auditfirmen ausfindig zu machen. Sie besteht nun aus fünf Vertretern des Comité und drei Mitgliedern des Bureau. Ihr Ziel ist es nicht nur eine, sondern drei Untersuchungen in Auftrag zu geben. Demnach soll zusätzlich zu den Arbeitsbedingungen, der Ausgabenpolitik und der Gouvernance auch eine Untersuchung zu den informatischen Bedürfnissen und den Problemen der Mitgliedsgemeinden durchgeführt werden.

Für die ersten beiden Audits hat der erweiterte Vorstand ein Budget von jeweils 60.000 Euro beschlossen. Die Umfrage bei den Gemeinden soll nicht mehr als 120.000 Euro kosten. Somit wollen die Mitglieder des Comité ihrer politischen Verantwortung wieder gerecht werden, hieß es am Dienstag.

Direktor Carlo Gambucci schweigt

Der Vorschlag wurde auch von Präsident Yves Wengler explizit begrüßt. Er wolle für größtmögliche Transparenz sorgen. Carlo Gambucci hielt es hingegen nicht für nötig, auf die Vorwürfe und Verbesserungsvorschläge zu reagieren. Der Direktor des Syndikats, dessen Führungsstil auch im Fokus der Recherchen stand, verbrachte die Sitzung damit, auf sein Handy zu schauen. Er ergriff erst bei einem der letzten Punkte der Tagesordnung das Wort. Dabei sollte über eine stärkere Kooperation mit einem belgischen Informatiksyndikat entschieden werden. Mehr als zwei Drittel der Gemeindevertreter forderten hingegen, diesen Tagesordnungspunkt zu verschieben. Es war ein weiterer Beweis für den Vertrauensverlust in die aktuelle Führung des Syndikats.

Über diesen Punkt sowie über die Schaffung einer SIGI-Stiftung soll nun erst in einer Sitzung am 25. Oktober entschieden werden. Zu dem Zeitpunkt sollen auch die Audits abgeschlossen sein. Der sehr enge Zeitplan soll ermöglichen, noch vor der Verabschiedung des neuen Budgets Aufklärung zu erhalten. Eine erste Sitzung der Arbeitsgruppe wurde allerdings noch nicht festgelegt. Da zwei Vorstandsmitglieder nicht an der Sitzung teilnehmen konnten, steht zudem noch nicht fest, wer aus dem Bureau an der Arbeitsgruppe mitwirken wird.

Eines ist jedoch bereits sicher: Yves Wengler wird die Audits nicht begleiten. Da er selbst in der Kritik stehe, wolle er nicht an der Arbeitsgruppe teilnehmen. Auch wolle er nach 20 Jahren an der Spitze des Syndikats nach den Kommunalwahlen im Juni 2023 nicht erneut antreten. Diese Entscheidung, die für manche Beobachter überraschend kam, habe er schon lange getroffen. „Das hat nichts hiermit zu tun“, so der Bürgermeister von Echternach.


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