In Luxemburg sind gegenwärtig 677 Flüchtlinge arbeitslos. Die Suche nach einer festen Anstellung gestaltet sich für viele schwierig. Doch es gibt auch Erfolgsgeschichten.
Mahmoud kann sein Glück immer noch nicht ganz fassen. Der 26-jährige Syrer und diplomierte Architekt hat seit einem Jahr einen befristeten Vertrag in einem Architektenbüro. Dort arbeitet er in Vollzeit. Seine Motivation ist kaum zu bremsen. „Arbeiten zu können, bedeutet so viel für mich“, sagt Mahmoud. Arbeiten ist für ihn mehr als nur ein Job. „Meine Arbeit ist nicht nur ein Grund, jeden Morgen aufzustehen. Es gibt mir Selbstvertrauen und Wertschätzung.“
So zögerte er bei seiner Ankunft in Luxemburg im Sommer 2015 auch nicht lange, um sich selbst über die Situation auf dem Arbeitsmarkt zu erkundigen. Und ihm wurde schnell klar: „In einem Land wie Luxemburg wächst der Wettbewerb zwischen den Arbeitnehmern jeden Tag.“
Der berufliche Erfolg war für Mahmoud keineswegs vorprogrammiert. „Französisch hat mich lange abgeschreckt“, erinnert er sich. Die Sprachen- und Joberfahrungsansprüche erschienen ihm manchmal als unüberwindbare Hürden. Die Frage, ob er je verzweifelt gewesen sei, verneint er zwar. Doch die Situation sei „schwierig“ gewesen.
Nach dem Erhalt meines Flüchtlingsstatuts wurde ich gleich auf fünf Vorstellungsgespräche eingeladen. »
Doch er habe nie aufgegeben, betont Mahmoud. Die Tatsache, dass er nun seit einem Jahr eine feste Arbeit hat, ist auf seine persönliche Motivation und sein Engagement zurückzuführen. So wartete der 26-Jährige mit abgeschlossenem Hochschulstudium nicht auf das von Luxemburg gewährte Flüchtlingsstatut, um nach Arbeit zu suchen. Ohne die Anerkennung des Flüchtlingsstatuts ist eine Arbeit jedoch nur mit einer vorübergehenden Arbeitserlaubnis möglich. Und bis dahin kann man sich auch nicht beim Arbeitsamt einschreiben.
Das Resultat seiner Mühen war ein viermonatiges Praktikum. Bei der Suche half ihm Frédérique Buck, eine Luxemburgerin, die sich ehrenamtlich für die Integration der Flüchtlinge engagiert. „Während dieses Praktikums hat sich mein Französisch sehr verbessert“, berichtet Mahmoud. Nach dem Praktikum ging alles recht schnell. Das Außenministerium gewährte ihm in Luxemburg Bleiberecht und somit grünes Licht zur Suche nach einer regulären Arbeit.
Herausforderung: Französisch
„Nach dem Erhalt meines Flüchtlingsstatuts wurde ich gleich auf fünf Vorstellungsgespräche eingeladen », erinnert er sich. Der junge Mann hatte sich erkundigt, wie die Arbeitssuche in Luxemburg oft läuft und hatte den Dreh schnell heraus. „Alle Interviews waren auf meine persönliche Suche und auf jene Kontakte zurückzuführen, die ich seit meiner Ankunft geknüpft hatte“, sagt er. Eins der fünf Gespräche hatte Mahmoud beim Architektenbüro Moreno, seinem heutigen Arbeitgeber.
Die Sprachenanforderungen sind für Mahmoud eigenen Angaben zufolge längst kein Problem mehr. „Die Unterstützung meiner Kollegen war und ist mir immer noch sehr wertvoll, um mir beim Verbessern meiner Sprachenkenntnisse zu helfen.“ Sein sehr gutes Englischniveau hilft ihm in der Arbeitswelt nämlich kaum. „Englisch wird in Luxemburg einfach nicht soviel gesprochen wie Französisch und ist auch in der Beziehung mit den Kollegen und den Kunden nicht sehr praktisch“, weiß er.
„Ich bin sehr froh“, gesteht er. „Ich bin finanziell nicht mehr vom Sozialamt abhängig. Die finanzielle Stabilität gibt mir Kraft und Energie noch härter zu arbeiten und mich stets anzustrengen.“
Teilzeitarbeit und weitere Abhängigkeit
Auch Farid hat das Glück, arbeiten zu können. Er ist 25, kommt aus Afghanistan und arbeitet seit August letzten Jahres halbtags in der Auskunftsstelle der Piratepartei Lëtzebuerg. „Ich habe den Job über mein soziales Netzwerk gefunden“, berichtet er. Und ferner: „Auf der Arbeit sind alle sehr nett zu mir.“ Da er lediglich 20 Stunden die Woche arbeitet, erhält er weiterhin einen kleinen Zuschuss des Sozialamtes, um so auf das Niveau des garantierten Mindesteinkommens (RMG) zu kommen.
Generell sind befragte Arbeitgeber mit der Arbeit der Flüchtlinge sehr zufrieden. „Flüchtlinge sind in der Regel sehr motiviert und haben viele Kenntnisse“, so Frédérique Buck. Sie ist Mitgründerin und eine der vier luxemburgischen Inhaber von Chadis Falaffel Pop-up-Restaurant « Chiche ». Eigenen Angaben zufolge handelt es sich bei « Chiche » um den größten Arbeitgeber für Flüchtlinge im Land. „Uns geht es vor allem darum, soziale Inklusion zu schaffen und jenen Menschen Arbeitsverträge zu geben, die auf dem hiesigen Arbeitsmarkt praktisch keine Chance haben“, erklärt Frédérique Buck.

Dabei unterstreicht Buck, dass das Gaststättengewerbe eine einmalige Möglichkeit bietet, da auch unerfahrene Flüchtlinge innerhalb weniger Wochen eine Expertise aufbauen könnten. „Die Idee ist, dass die von uns geschulten Mitarbeiter später in der Branche eine feste Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber finden, damit wir neue benachteiligte Menschen einstellen können und diese wiederum ausbilden und fit für den Arbeitsmarkt machen können.“
13 der 23 Mitarbeiter sind Flüchtlinge
Von den insgesamt 23 Mitarbeitern von « Chiche » sind heute neben Chef Chadi zwölf weitere anerkannte Flüchtlinge. Zudem arbeiten dort ein Asylsuchender, der vorübergehend mit einer vom Immigrationsministerium gewährten Arbeitserlaubnis „autorisation d’occupation temporaire“ (AOT) eingestellt wurde sowie ein abgelehnter Flüchtling, der bis zur Rückkehr in sein Heimatland über eine AOT vorübergehend weiter in Luxemburg arbeiten darf. Bei « Chiche » arbeiten indes auch Nicht-Flüchtlinge, wie zum Beispiel Studenten.
Frédérique Buck unterstreicht: „Eine AOT-Anfrage ist für den Arbeitgeber sehr aufwendig.“ Kein Wunder: Die AOT wird lediglich für einen bestimmten Arbeitgeber und einen bestimmten Asylbewerber ausgestellt und ist auf eine Dauer von sechs Monaten beschränkt. Danach muss die Anfrage jeweils erneuert werden.
Frédérique Buck, die auch neben ihrer Arbeit im „Chiche“ weiter ehrenamtlich mit Flüchtlingen zusammenarbeitet, weiß: „Es ist für diese Menschen erniedrigend, ja entwürdigend, wenn sie zwei bis drei Jahre auf die Anerkennung ihres Flüchtlingsstatuts warten müssen und während dieser Zeit nicht arbeiten können. Diese Menschen kommen mit einer solchen Energie und Motivation nach Luxemburg, doch bei der langen Wartezeit droht ihnen die Luft auszugehen. »
677 Flüchtlinge auf Arbeitssuche
Wie frustrierend die lange Wartezeit ist und wie sehr eine mangelnde Beschäftigung die Ungewissheit um das eigene Bleiberecht verschärfen kann, weiß auch Marc Piron der „Association de Soutien aux Travailleurs Immigrés“ (ASTI). Er leitet das Projekt « Connections », das seit 2016 80 Flüchtlingen für unbezahlte Praktika vermitteln konnte. Etwa 20 von ihnen wurde im Anschluss an ihr Praktikum ein Arbeitsvertrag angeboten, unter anderem in der Finanzbranche und dem Gaststättengewerbe. Die Mehrheit von ihnen sind anerkannte Flüchtlinge. « Für Asylbewerber ist es quasi unmöglich auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen », so Marc Piron.
Ban, eine irakische Mutter findet trotz ihren guten Englischkenntnissen keine Arbeit. Die ehemalige Englischlehrerin blickt auf eine fast fünfzehnjährige Erfahrung zurück und würde am liebsten weiter als Lehrerin arbeiten. Doch sie ist auch für eine professionelle Neuorientierung offen. So absolvierte sie ein Praktikum bei einem Finanzdienstleister. Ban weiß, dass ihre beschränkten Französischkenntnisse ihre größte Schwäche darstellen. „Ich belege weiterhin Französischkurse, um mein Sprachniveau und meine Einstellungschancen zu verbessern. Ich muss mindestens das B1-Sprachniveau erreichen, bevor ich mich intensiv mit der Arbeitssuche beschäftigen kann.“

Ban weiß, wie schwer dieser Weg sein wird. „Ich habe viele Freunde, die nach einer Arbeit suchen. Es handelt sich dabei um Menschen mit einem Hochschuldiplom, die dieses aber hier nicht benutzen können“, berichtet sie. Diese, wie viele andere Flüchtlinge, wenden sich an die ASTI und hoffen über das Programm „Connections“ ein Praktikum und Arbeitserfahrung in Luxemburg zu sammeln. Das vom luxemburgischen Arbeitgeber übergebene Attest, sowie ein möglicher Empfehlungsbrief können sich bei der späteren Arbeitsuche als sehr wertvoll erweisen.
Dabei hilft vor allem die ADEM. Die vom Arbeitsamt vor einem Jahr gegründete Abteilung „Cellule BPI“ für „bénéficiaires de protecion internationale“ kümmert sich spezifisch um die berufliche Eingliederung von anerkannten Flüchtlingen. Sinnvoll ist eine separate Abteilung, weil bei diesen Arbeitssuchenden immer wieder ähnliche Probleme und Herausforderungen aufkommen. Meistens stellen sich die Fragen der Sprachkenntnisse, der professionellen Umorientierung, der Anerkennung der Diplome oder des Kompetenzniveaus.
113 Flüchtlinge konnten so im vergangenen Jahr über die ADEM vermittelt werden – ein Anstieg von fast 60 Prozent im Vergleich zu 2016. Auf der Warteliste der ADEM stehen gegenwärtig 677 Menschen, wovon über 300 schon über ein Jahr beim Arbeitsamt eingeschrieben sind.