Wer sorgt dafür, dass in Luxemburg nur Masken verkauft werden, die die Qualitätsstandards erfüllen? Die Antwort auf diese Frage ist alles andere als eindeutig. Behörden und Händler schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Dabei bleibt der Markt angespannt.

Die Zahl der Covid-19-Infektionen steigt weiter an. Und damit wächst das Risiko für alle, die besonders viel Kontakt mit anderen haben – etwa Verkäufer und Busfahrer. Aber auch für Personen, die sich etwa aufgrund einer schweren Krankheit besonders vor dem Virus schützen müssen. Für sie ist es durchaus ratsam, eine sogenannte FFP2-Maske zu tragen. Sie schützt nicht nur ihr Gegenüber, sondern auch sie selbst.

Das Problem: Nicht überall wo FFP2 draufsteht, entsprechen die Masken auch dem Schutz, den sie versprechen. REPORTER deckte auf, dass die Mitarbeiter der Covid-Testzentren bis Anfang Juli mangelhafte Masken trugen. Eine Tochterfirma der « Hôpitaux Robert Schuman » (HRS) hatte sie geliefert und hat sie in den Testzentren inzwischen auch ersetzt. In einem weiteren Fall rief die für Produktsicherheit zuständige Behörde Ilnas gefälschte FFP2-Masken zurück. Unter anderem Apotheken hatten das Produkt verkauft.

« Santé » weist Verantwortung von sich

Wie kann man verhindern, dass unsichere Masken überhaupt verkauft werden? Spricht man mit Unternehmen, die Masken verkaufen oder an Apotheken liefern, stößt man auf große Verunsicherung. Kaum jemand will sich öffentlich äußern.

Klar ist für die Firmen eins: Sie schauen, ob die Verpackung der Masken das CE-Kennzeichen trägt. Großhändler fragen beim Importeur oder Produzent ebenfalls nach dem Zertifikat, das die Einhaltung der EU-Normen belegt. Oder besser gesagt: belegen soll. Denn eine internationale Recherche des OCCRP-Netzwerks in Zusammenarbeit mit REPORTER zeigte, dass viele angebliche « Zertifikate » gefälscht oder absichtlich irreführend sind.

« Der Staat kontrolliert. Aber es ist die Verantwortung der Importeure und Großhändler, dafür zu sorgen, dass das Produkt den Normen entspricht », betont der Direktor der « Santé », Jean-Claude Schmit auf Nachfrage von REPORTER.

Kein geeignetes Testlabor im Land

Das Problem ist allerdings, dass die Unternehmen aufgrund des Maskenmangels mit neuen Anbietern arbeiten müssen und die Lieferketten oft mehrere Zwischenhändler aufweisen. « Wir fragen immer nach dem Zertifikat. Wir haben aber nicht die Möglichkeit, im Detail zu prüfen, ob diese Dokumente glaubwürdig sind », erklärt einer der Großhändler, der nicht genannt werden will.

Ähnlich äußert sich der HRS-Verwaltungsdirektor. « Wir haben den Zertifizierungsstellen vertraut und die Qualität der Masken nicht selbst überprüft. Es gibt in Luxemburg kein Labor, das solche Tests durchführen könnte », erklärt Michel Schuetz. Erst als REPORTER nachhakte, beauftragte HRS ein belgisches Labor mit einem Test, bei dem sich die Masken als mangelhaft herausstellten.

So viel Schutzmaterial wie möglich

Die Händler fühlen sich dagegen von den Behörden allein gelassen. « Es gab null Information im Vorfeld », erklärt der Präsident des « Syndicat des Pharmaciens », Alain de Bourcy. « Das Prinzip lautete: Öffnet die Schleusen », so der Apotheker. Die EU und die Mitgliedstaaten hätten zu Beginn so viel Schutzmaterial wie möglich beschaffen wollen.

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 13. März 2020 eine Empfehlung, die die geltenden europäischen Normen unter anderem für Masken im Wesentlichen außer Kraft setzte. Luxemburgs Regierung nahm wenig später entsprechende « Arrêtés ministriels » an, die diese Ausnahmeregelung auch in Luxemburg umsetzten.

Die Idee war, Material nutzen zu können, das den Normen aus Drittländern entspricht und den gleichen Schutz bietet, erklärt der « Santé »-Direktor. « Die Bedingung ist natürlich, dass die Produkte nicht gefälscht sind », so Jean-Claude Schmit.

Wie sich Fälschungen erkennen lassen

Doch die Luxemburger Händler tun sich schwer damit, Fälschungen zu erkennen. Das zeigt neben den genannten Fällen das Beispiel einer Firma, die seit Jahren Schutzausrüstung verkauft und sich mit FFP2-Masken nicht erst seit dem Ausbruch der Pandemie beschäftigt. Trotzdem fiel der Firma nicht auf, dass das chinesische Labor « OCT Technology Testing » ein « Zertifikat » ausstellte, das die Konformität mit EU-Standards bezeugen soll. Der Haken: Nur europäische Labors, die als unabhängige Prüfstelle von der EU anerkannt sind, dürfen solche Dokumente ausstellen.

Der belgische Verband der Hersteller und Händler von Sicherheitsausrüstung Febelsafe warnt unter anderen vor den « Zertifikaten » von OTC. Auf dieses Problem von REPORTER aufmerksam gemacht, hieß es von der betroffenen Firma lediglich, dass sie beim belgischen Lieferanten nachfragen werde. Immerhin verschwand das Angebot dann von der Webseite.

Die Kennzahl der Prüfstelle („notified body“) für Schutzausrüstung kann in einer EU-Datenbank überprüft werden. (Grafik: Edin Pasovic, OCCRP)

Dabei gibt es eigentlich ein recht einfaches Mittel, um gefälschte Masken zu entdecken. Konforme FFP2-Masken tragen das CE-Zeichen und direkt daneben eine vierstellige Kennnummer der Prüfstelle, die die Einhaltung der Standards bestätigt. Diese Nummer kann in einer EU-Datenbank der sogenannten « benannten Stelle » (« notified body ») überprüft werden. Bei jedem anerkannten Labor steht dann, welche Produkte es prüfen darf. Im Falle von FFP2-Masken geht es um persönliche Schutzausrüstung (« Personal protective equipment »).

Steht das CE-Zeichen auf Produkten, die diese Bedingungen nicht erfüllen, dann handelt es sich offenbar um eine Fälschung.

Überforderte Kontrollinstanzen

Als zuständige Behörde führte die Ilnas zwar zahlreiche Kontrollen durch – vor allem beim Import am Flughafen Findel. Doch kaufen Luxemburger Firmen die Masken bei Zwischenhändlern in der EU, dann wird die Kontrolle der Masken deutlich schwieriger. Das zeigen die zahlreichen Beispiele nicht-konformer Produkte, auf die REPORTER bei Recherchen stieß.

« Die Ilnas führt weiter Kontrollen durch und arbeitet eng mit dem Zoll und anderen Mitgliedstaaten zusammen », heißt es vom Wirtschaftsministerium. Allerdings müssten Masken von Fall zu Fall überprüft werden, weil es unterschiedliche Kategorien gebe, die jeweils unterschiedliche Kriterien erfüllen müssten. Es sei demnach nicht möglich zu sagen, wie viele nicht-konforme Masken in Luxemburg auf dem Markt seien, so die schriftliche Antwort der Beamten von Wirtschaftsminister Franz Fayot (LSAP).

In der zuständigen Abteilung des Ilnas arbeiten 15 Personen. Allerdings reicht deren Zuständigkeit von Schutzausrüstung über Elektrogeräte bis Spielwaren. Noch schlechter sieht es in der « Division de la pharmacie et des médicaments » aus, in der lediglich drei Beamte die Konformität von medizinischen Geräten und chirurgischen Masken kontrollieren.

Markt bleibt europaweit unter Druck

Der Grund, warum überhaupt Fälschungen in die EU gelangen, ist die enorme Nachfrage. Der Markt der FFP2-Masken ist weiterhin extrem angespannt, bestätigen mehrere Händler. Doch ab jetzt dürfen nur noch EU-konforme Masken importiert und verkauft werden – seien es FFP2-Masken oder chirurgische Masken.

« Die Ausnahmeregelung gilt nicht mehr », betont Jean-Claude Schmit im Gespräch mit REPORTER. Es gebe dafür aktuell keinen Bedarf, da die Krankenhäuser wieder in der Lage seien, EU-konforme FFP2-Masken zu beschaffen, so der Direktor der « Santé ». Das für FFP2-Masken zuständige Wirtschaftsministerium verwies lediglich an das Gesundheitsministerium.

Allerdings gehen mehrere Großhändler davon aus, dass die Lage mindestens bis Ende des Jahres angespannt bleiben wird. Die Angst vor einer dauerhaften zweiten Infektionswelle ließ die Bestellungen vergangene Woche wieder in die Höhe schnellen.


Lesen Sie mehr zum Thema